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Pressestimmen von Donnerstag, 27.Dezember 2001

27. Dezember 2001

Indisch-pakistanischer Konflikt / Neue Hoffnung für Nahost / Sicherheit auf Flughäfen

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Der neu aufgeflammte Konflikt zwischen Indien und Pakistan um die umstrittene Region Kaschmir ist das Hauptthema der Kommentatoren der deutschen Tagespresse an diesem Donnerstag.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU warnt:

'Die erneute Verschärfung der Lage entlang der indisch- pakistanischen Grenze birgt die Gefahr der Eskalation in einen konventionellen Krieg mit anschliessendem Atomschlag durch den Verlierer. Aber die Niederlage der Taliban bietet durchaus auch politische Chancen. Wenn Pervez Musharraf unter internationalem Druck Pakistans Unterstützung für die Gotteskrieger wirklich kappt und Indien die Existenz eines über den Terrorismus hinausgehenden 'Kachmir-Problems' zugibt, wären dies erste Schritte zum friedlichen Umgang mit einem auf absehbare Zeit unlösbaren Interessenkonflikts.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sieht es so:

'Nun lässt Delhi der Diplomatie keinen Raum mehr. In dem den Kaschmir-Terroristen zugeschriebenen Anschlag auf das indische Parlament scheinen Vajpayee und die Scharfmachter in seinem Kabinett eine günstige Gelegenheit zu erkennen für ihre Variante eines Anti-Terror-Krieges. Die indische Offensive trifft Pakistan im denkbar ungünstigsten Moment. Nach dem schnellen Abrücken von den Taliban bleibt Präsident Musharraf in Kaschmir wenig Spielraum. Seine Bevölkerung verlangt Entschlossenheit. In Kaschmir könnte deshalb der Preis zu zahlen sein für den schnellen Sieg gegen die Taliban und Al-Kaida.'

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt:

'Von einem Krieg hätte Pakistan nichts zu gewinnen. Eine Niederlage - der wahrscheinliche Ausgang - würde zusätzlich zur Entlegitimierung der Regierung beitragen. Anders stellt sich auf den ersten Blick die Situation für Indien dar. Die Streitkräfte des Landes wären stark genug, um den Nachbarn zu besiegen. Aber was hätte Indien dann gewonnen? Wäre durch einen noch so glanzvollen militärischen Erfolg der Terrorismus in Kaschmir zu bezwingen? Das kann ernsthaft keiner von denen glauben, die in der Wahl ihrer Worte jetzt in Delhi mit dem Säbel rasseln.'

Der MANNHEIMER MORGEN analysiert:

'Seit dem 11. September ist das bis dahin geächtete Pakistan als Anrainer von Afghanistan ein unverzichtbarer Partner der USA. Das privilegierte Indien hingegen fühlt sich zurückgesetzt, nicht mehr zur Kenntnis genommen. Was also hindert die Strategen in Neu Delhi, dem amerikanischen Beispiel zu folgen und die islamistischen Terroristen in ihren Schlupflöchern zu bekämpfen, also im pakistanischen Teil Kaschmirs? Diese Logik wäre nur schwer zu widerlegen. Pakistans Militärmachthaber Musharraf seinerseits hat mit dem Anti-Terror-Pakt schon mehr getan, als er sich eigentlich leisten kann. Jetzt auch noch die Islamisten im eigenen Land ausräuchern zu sollen, käme seinem politischen Selbstmord gleich.'

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle beschäftigt die Lage im Nahen Osten:

'Genau zwei Wochen ist es her, dass Israel offiziell beschied: Jasser Arafat ist ein 'Nobody', mit dem man nicht redet. Seitdem hat Premier Ariel Scharon allerdings eine Menge getan, um seinem Erzfeind zu neuer Bedeutung zu verhelfen. Den größten 'Gefallen' erwies Scharon dem PLO-Chef mit dem Verbot, zur Weihnachtsmesse nach Bethlehem zu reisen. Doch jenseits des weihnachtlichen Schaukampfs wittern gewitzte Diplomaten wie Israels Außenminister Schimon Peres und der palästinensische Parlamentspräsident Ahmed Kurei eine neue Chance. Vielleicht führt das ja zu neuen Verhandlungen.'

Der vereitelte Sprengstoffanschlag auf eine Maschine der American Airlines hat die Diskussion um die Sicherheitsstandards neu entfacht. Dazu ein Blick in die KÖLNISCHE RUNDSCHAU:

'Die Findigkeit von Terroristen scheint keine Grenzen zu kennen im Bemühen, die Schwachstellen des Systems auszunutzen. Besonders tragisch dabei ist, dass diese Schwachstellen seit langem bekannt sind. Doch statt diese Problematik zügig anzugehen, behelligen die Verantwortlichen die Reisenden an den Flughäfen mit hektischem Aktionismus, der mit Blick auf das weiter vorhandene Gefahrenpotenzial lediglich kosmetischen Charakter hat. Was nutzt es, Reisende durch mehrfache Handgepäck-Kontrollen zu schikanieren, wenn gleichzeitig den Fluglinien aus Kostengründen zugestanden wird, weitere dringend benötigte hochsensible Geräte zur Erkennung von Sprengstoff erst über die nächsten Jahre in Betrieb zu nehmen?'

Soweit die Presseschau - ausgewählt von Ulrike Quast.