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Pressestimmen von Donnerstag, 23. September 2004

zusammengestellt von Gerhard M Friese.23. September 2004

Ständiger Sitz im Weltsicherheitsrat/ Auslandseinsätze der Bundeswehr/ Einheitsbericht

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Die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen befassen sich an diesem Donnerstag vor allem mit dem Bemühungen Deutschlands um einen Ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat, den Auslandseinsätzen der Bundeswehr und den von Bundesminister Manfred Stolpe vorgelegten Bericht zur Entwicklung der Deutschen Einheit.

Zum Weltsicherheitsrat schreibt das Düsseldorfer HANDELSBLATT:

"Wer ein Ziel erreichen will, sollte seine Kräfte bündeln. Für die Erweiterung des UNO-Sicherheitsrats haben dies Deutschland, Japan, Brasilien und Indien getan. Das sind die vier Kandidaten mit den besten Aussichten für einen ständigen Sitz im höchsten UNO-Gremium, was den Zusammenhalt erleichtert. Und der wird bitter nötig sein,
wenn es im kommenden Jahr bei der UNO-Reformdebatte in die «schmutzige» Endphase geht... Schon ihre nun offiziell vorgebrachte Kritik, der Sicherheitsrat spiegele nicht die Welt des 21. Jahrhunderts wider, stellt die UNO vor ein Problem. Das kann den Reformwillen der fünf Vetomächte beleben."

Die in München erscheinende TZ meint:

"Dass Japan und Deutschland als Zahlmeister mit bestimmen wollen, wo es lang geht, ist recht und billig. Dass mit Indien, Brasilien und einem afrikanischen Staat noch andere Kontinente dazu kommen, stärkt künftige Entscheidungen. Natürlich wäre Europa, das auch zusammen viel weniger Menschen repräsentiert als etwa Indien, ein größeres Schwergewicht. Doch wenn man sich daran erinnert, wie schwer es war, auch nur einen gemeinsamen EU-Kommissionspräsidenten zu finden, dann rückt dieser Wunsch in sehr weite Ferne."

Das sieht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder ganz anders:

"Für die europäische Idee bedeutet das flotte, rückwärtsgewandte Vorgehen von Schröder und Fischer ein Desaster. Da hilft auch nicht das Argument, Deutschland sei der drittgrößte Beitragszahler der Vereinten Nationen, der zweitgrößte Truppensteller bei Blauhelm-Missionen und zeige gewachsenes internationales Engagement. Diese Begründung klingt eher nach einer Entschädigungsforderung für bereits erbrachte Leistungen der Vergangenheit, nicht nach Angeboten einer Politik des 21. Jahrhunderts."

Themenwechsel: Ohne Alternative sieht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München die Friedenseinsätze der Bundeswehr:

"Dabei wird es allerdings nicht bleiben. Die deutschen Soldaten werden auf Dauer nicht nur als bewaffnete Entwicklungshelfer auftreten, sondern bei Kampfmissionen auch mit Bodentruppen mitmachen. Das entspringt der Logik eines Trends, in dessen Verlauf Deutschland international immer mehr militärische Aufgaben übernommen hat. Dieser globalen Pflichterfüllung wird sich keine Regierung entziehen können."

Die SAABRÜCKER ZEITUNG konstatiert dagegen entsetzt:

"Nach quälend langem Hin und Her schicken wir heute unsere Soldaten in die Krisenregionen dieser Welt - und stellen nun fest, dass da offenbar in großem Stil mangelhaft ausgebildete und ausgerüstete 'Feuerwehrleute' mit halbvollen Wasserpistolen zur Bekämpfung von Großbränden eingesetzt werden."

Zum Stand der Deutschen Einheit fragen die STUTTGARTER NACHRICHTEN:

"Wie es dem Osten geht, muss eigentlich niemandem erklärt werden. Herzlich schlecht. So jedenfalls zeigen es die Wirtschaftsdaten. So empfinden es die Bürger. Und so wählen sie auch. Umso erstaunlicher, dass die Bundesregierung diesmal nur Positives zu verkünden hat. Großartig. Haben wir uns vertan? Leider nein. Lob und Selbstlob sind völlig fehl am Platz."

Der BERLINER KURIER verbreitet ein wenig Hoffnung:

"Zugegeben, die blanke Sahne ist der Einheitsbericht nicht. Aber er ist auch keine Katastrophe. Es geht bergauf im Osten. Verdammt langsam zwar, aber bergauf. Vielleicht sollten wir endlich einmal sagen: Das Glas ist halb voll."

Sehr viel kritischer dagegen die Zeitung DIE WELT:

"Der wahre Skandal ist die Arbeitslosigkeit in den meisten Regionen des Ostens. Inzwischen aber schaffen immer neue Fördermilliarden keine zusätzlichen Jobs mehr, wenigstens das sollte die Bilanz des Aufbaus Ost die amtierende Regierung lehren. Für neue Jobs braucht es ein weiter gelockertes Arbeitsrecht. Darüber steht in Stolpes rosa Bilanz nichts. Wieder ist eine Chance verpasst."

Und die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt ergänzt:

"Der Osten holt erstmals wieder auf, lautet die gute Botschaft aus Berlin. Die schlechte ergänzt: Aber nur, sobald der Westen stark nachlässt. Auf diesem Weg sollte sich die Schere nicht schließen...Die Zahlenspielerei mit ein paar Zehnteln vermittelt niemandem, ob es mit dem Aufschwung voran geht. Der Maßstab dafür sind ohnehin die Arbeitsplätze. Und da heißt es: Im Osten nichts Neues."