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Pressestimmen von Donnerstag, 22. Juli 2004

Gerhard M. Friese21. Juli 2004

Diskussion um Managergehälter / UN-Entschließung zu Israel / Neuer EU-Kommissionspräsident

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Die Diskussion über eine Begrenzung der Gehälter von Top-Managern geht weiter. So kommentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Mit entsprechenden außergewöhnlichen Leistungen lassen sich die gewaltigen Einkommenszuwächse der Manager jedenfalls nicht rechtfertigen. Viele füllten sich die Taschen, während gleichzeitig die Aktienkurse in den Keller rutschten. Die jetzt erhobene Forderung, der Gesetzgeber möge die Manager-Bezüge begrenzen, ist allerdings eine Schnapsidee... Doch der Hinweis, der Markt regele die Sache, geht in die Irre. Es gibt ihn nicht."

Die OFFENBACH-POST schreibt:

"Mann und Frau am Band oder im Büro fände es nur gerecht, wenn Spitzenmanager erfolgsabhängig bezahlt würden. Das zu managen, wäre Sache des jeweiligen Aufsichtsrates, denn der kennt die Interna, die den Moralisten im Gelände fehlen. Vor allem aber sollten sich die mit großer Selbstbedienungsmentalität ausgestatteten Politiker nicht in diese Diskussion einmischen... Aus dem politischen Raum kann kein brauchbarer Vorschlag kommen. Dort wird nur über Eingriffe des Gesetzgebers in den Markt schwadroniert. Das war schon immer von Übel."

Ganz anders die Berliner Tageszeitung DIE WELT :

"Die Gerichtshöfe der Moral kennen keine Prozessordnung. Das gute Gewissen ist sich seiner immer sicher. In der Debatte um 'abzockende Manager' und die Höhe der Vorstandsbezüge triumphiert der Populismus. SPD-Kader und selbst ehemalige Wirtschaftslenker erheben die Forderung nach politischen Salärrichtlinien. Bundesjustizministerin Zypries erwägt, vielleicht, die Chefgehälter in Privatkonzernen an gesetzliche Kriterien zu binden. In Deutschland haben die Reichen keine Lobby. Die Wert schöpfende Klasse steht unter Generalverdacht. Das Gerede um Managerlöhne liefert dankbare Sündenböcke, aber es lenkt ab von einem entscheidenden Tatbestand: Die Bedeutung privatwirtschaftlicher Salärexzesse ist unerheblich, wenn man sie mit dem gewaltigen Appetit, mit der Geldvernichtungskraft des Staats vergleicht."

Israel hat erklärt, den Schutzwall im Westjordanland auch nach der Resolution der UN-Vollversammlung weiterbauen zu wollen. Dazu meint das Düsseldorfer HANDELSBLATT:

"Für Scharon ist die Forderung nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben ist, selbst wenn sie jetzt von 150 Staaten und damit der überwältigenden Mehrheit der Völkergemeinschaft erhoben wurde. Der Zaun wird nicht abgerissen, sondern weitergebaut. Basta! Und wenn die Entschließung als einseitig, das Gutachten gar als 'Perversion der Justiz' bezeichnet wird, klingt das schon deutlich nach Häme. Klar, Israels Regierung weiß sich auf der sicheren Seite... Davon, dass man den Bau der Schutzanlage auch in Washington mehrfach kritisiert hat, will man dort, wenn es zum Schwur kommt, nichts mehr wissen. Auf gute Freunde ist Verlass. Und dies wird auch gelten, sollte das Thema einmal den Sicherheitsrat beschäftigen."

Das MINDENER TAGEBLATT betont dagegen die Sicherheitsinteressen Israels:

"Die Kritiker der - zweifellos moralisch problematischen - Mauer übersehen zudem, dass seit Beginn ihrer Errichtung die Zahl der Terrorattacken massiv zurückgegangen ist, Israel deutlich weniger Tote unter der Zivilbevölkerung im eigenen Staatsgebiet zu verzeichnen hat. Nur Zufall, nur Folge einer Strategieänderung der Terrorbanden? Israel, gerade deutsche Politiker betonen dies aus gutem Grund besonders, hat legitime Sicherheitsinteressen. Und zwar nicht nur für seine abstrakte Staatlichkeit, sondern für das ganz konkrete Leben seiner Bürger. Dass es diese Sicherheitsinteressen nicht rücksichtslos auf Kosten der wehrlosen palästinensischen Bevölkerung durchsetzen darf, wäre die realistischere Forderung als die nach dem Totalabriss."

Der designierte EU-Kommissionspräsident, der Portugiese José Manuel Barroso, hat sich im Europäischen Parlament für sich geworben. Eine gelungene Vorstellung schreibt der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"Der Anfang des Neuen kann sich sehen lassen. Hut ab vor der Courage und dem Geschick, mit dem sich José Manuel Barroso gestern nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zustimmung des Europaparlaments für die Ernennung zum neuen EU- Kommissionspräsidenten sicherte. Entscheidender ist, dass er von Anfang an den Mächtigen unter den Mitgliedstaaten die Grenzen aufzeigte. Dass damit auch die von Gerhard Schröder geborene Idee von einem deutschen 'Superkommissar' platzte, ist eine besonders pikante Nebenerscheinung."