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Pressestimmen von Donnerstag, 21. Oktober 2004

zusammengestellt von Gerhard M Friese20. Oktober 2004

Streik-Ende bei Opel/ Klagen der EU-Kommisson gegen Deutschland

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Das Streikende bei Opel und die Ankündigung der Europäischen Kommission, in Sachen Post und Dosenpfand Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen, beschäftigen an diesem Donnerstag die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen.

Den zurückliegenden Arbeitskampf bei Opel kommentiert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG:

"Ihr wilder Streik war eine großartige Leistung am Standort Deutschland. Endlich wurde Opel wieder einmal mit Produkt- Verbundenheit zusammengebracht. Es wehrt sich eine Familie gegen die Stiefmutter von drüben und gegen den Eindruck hierzulande, als hätte der Dreiklang aus Krise, Reform und Kürzung nie etwas mit konkreten Schicksalen, sondern immer nur mit abstrakten Kathederweisheiten zu tun... Wer so für sein Werk kämpft, der zeigt auch die größtmögliche Bereitschaft zur Einsicht."

Die Würzburger TAGESPOST meint:

"Die Opel-Arbeiter sind nicht auf die Straße gegangen, um den Umsturz zu proben, sie wollen ernst genommen werden. Und das erreicht eine Konzernspitze nicht dadurch, dass sie par ordre du mufti verkünden lässt, welche Standorte stillgelegt werden sollen und welche nicht... Kluge Unternehmer jedenfalls kennen den Wert einer loyalen Belegschaft. Wenn sie in wirtschaftlich schlechten Zeiten bereit ist, Opfer zu leisten, ist das verlässlicher als eine Bankbürgschaft und belastbarer als jeder Kredit."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU lobt die Opel-Arbeiter:

"Diesen Streik nun abzubrechen, bedeutet keinesfalls eine Niederlage, sondern zeugt von Vernunft... Aber die Spitze des US-Konzerns sollte sich nicht zu früh freuen. Sollte sie versuchen, die Arbeitnehmer bei den laufenden Verhandlungen über den Tisch zu ziehen, werden sich die Beschäftigten erneut und dann wahrscheinlich noch erbitterter zur Wehr setzen."

Die SCHWERINER VOLKSZEITUNG dagegen warnt:

"Illusionen darf sich niemand machen: Von den Beschäftigten werden Opferverlangt werden und dennoch wird sich ein massiver Personalabbau kaum abwenden lassen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hat die Latte gestern selbst hoch gelegt: Keine betriebsbedingten Kündigungen nannte er als Ziel, unterstützt von der IG Metall. Wenn dies gelänge, wäre sehr viel gewonnen."

Und die in Bremerhaven erscheinende NORDSEE-ZEITUNG gibt die Tagesordnung für die anstehenden Verhandlungen vor:

"Die Vertreter der Arbeitnehmer wären jetzt gut beraten, eine ungeschönte Bestandsaufnahme vorzunehmen, in der sie die Vor- und Nachteile der deutschen Opel-Standorte gegenüber den ausländischen Standorten auflisten. Sie werden wahrscheinlich feststellen, dass es zu viele Nachteile gibt. Dann gilt es, für sich selbst die unangenehme Frage zu beantworten, wie diese ausgeglichen werden können. Denn es führt kein Weg an der Tatsache vorbei, dass nur wettbewerbsfähige Arbeitsplätze auf Dauer existenzsicher sind."

Die HEILBRONNER STIMME befasst sich mit EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein, der angekündigt hat Deutschland wegen des Dosenpfands zu verklagen:

"Nur noch wenige Tage, dann kann die Bundesregierung aufatmen. Am 31. Oktober scheidet die EU-Kommission aus ihrem Amt und mit ihr der unbequeme Frits Bolkestein. Unermüdlich kämpft der niederländische Kommissar seit Jahren für einen freien Binnenmarkt. Das ist seine Aufgabe. Und die ist wichtig. Doch schießt der Aufpasser mit missionarischem Eifer oft zweifach über das Ziel hinaus. Zum einen fällt auf, dass Bolkestein Deutschland besonders häufig ins Visier nimmt. Zum anderen verliert sich der Binnenmarkt-Kommissar im Feldzug gegen die Bürokratie selbst im Kleinklein der Details, die er anprangert. Auch das trägt dazu bei, dass die EU bei vielen Bürgern das Image eines bürokratischen Monstrums hat."

Das Düsseldorfer HANDELSBLATT nimmt Wettbewerbskommissar Mario Monti in Schutz, der mehr Freiheit auf dem deutschen Postmarkt durchsetzen will:

"Die EU-Kommission und allen voran Wettbewerbskommissar Mario Monti haben in den vergangenen Jahren viel bewirkt. Auch die neuen Vorstöße sollten jetzt dafür sorgen, dass innerhalb der deutschen Volkswirtschaft überall dort mehr Wettbewerb einzieht, wo Unternehmen und die Politik dies bislang verhindert haben. Deutschland benötigt auch künftig einen Kontrolleur in Brüssel, der über die Einhaltung der Wettbewerbsregeln wacht. Denn das Beharrungsvermögen in Deutschland ist groß. Montis Nachfolger ist."