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Pressestimmen von Donnerstag, 19.September 2002

Frank Gerstenberg18. September 2002

Friedensplan des Nahost-Quartetts / Skepsis gegen Saddam / Kritik an Möllemann

https://p.dw.com/p/2g9F

Der Friedensplan des sogenannten Nahost-Quartetts wird von der deutschen Presse unterschiedlich bewertet. Während einige Kommentatoren das Scheitern prognostizieren, sehen andere darin zumindest einen Hoffnungsschimmer. Skepsis besteht auch weiterhin gegenüber dem Angebot des irakischen Machthabers Saddam Hussein, die UN-Inspektoren zurück ins Land zu lassen. Eindeutig ist dagegen die Haltung zur neuesten Aktion des FDP-Vorsitzenden Jürgen Möllemann.

Zum Nahen Osten. Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus räumt dem Plan wenig Chancen ein:

"Schon wieder ein Friedensplan für den Nahen Osten. Diesmal vom Quartett - USA, Russland, EU und UNO - und daher grundsätzlich aussichtsreicher als seine Vorgänger. Doch auch dieser Plan wird scheitern. Der Verstand sagt, dass auch diesem Drei-Stufen-Plan der alles entscheidende Paragraf fehlt: Ohne Sanktionen, ohne die Androhung von Strafen für die Seite, die sich nicht ans letzte Detail des Planes hält, wird es ihm so gehen wie allen seinen Vorgängern."

Ähnlich lautet die Meinung des WESTFÄLISCHEN ANZEIGERS aus Hamm:

"Wenn zwei sich streiten, kommt im besten Fall am Ende ein Kompromiss heraus. Wenn vier oder mehr sich streiten, kommt am Ende gar nichts dabei heraus. Die frohe Botschaft von einem vorläufigen Palästinenserstaat im kommenden Jahr sowie einer angestrebten endgültigen Lösung bis 2005 klingt sicher verheißungsvoll. De facto ist sie aber nichts weiter als die Fortsetzung einer seit 1996 anhaltenden Stagnation, die bisher nur Gewalt gebracht, aber keinen konkreten Schritt zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts beigetragen hat."

Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN vertreten dagegen die Ansicht:

"Der Entwurf bringt nicht etwa einen großen Durchbruch. Die kleinen Schritte aber, die bei Geduld und gutem Willen zum Fernziel eines friedlichen Nebeneinander führen könnten, sind jetzt immerhin vorgezeichnet worden. Ein diplomatischer Ansatz also, der einen fairen Interessensausgleich anstrebt und beiden Seiten eine Perspektive bietet. Mehr nicht, aber auch nicht weniger: Dass hier erstmals Syrien und Libanon beteiligt wurden und zustimmten, überdies die USA die europäischen Vorstellungen, die auf Vorschlägen der Bundesregierung beruhen, in wesentlichen Punkten übernahmen, ist beachtlich genug."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG beleuchtet einen weiteren Aspekt:

"Es gibt auch das Szenario, dass durch den Irak-Konflikt die Palästina-Frage positiv in Bewegung kommen könnte. Denn es sieht so aus, als sei Washington sich dessen bewusst geworden, dass es, um gegen den Irak ohne größere politische Nachteile agieren zu können, die Belastung, fast unkritischer Protektor Israels zu sein, umwandeln muss in das Prestige, ernsthaft einen fairen palästinensisch-israelischen Frieden auch gegen israelisches Widerstreben zu erwirken."

Was den Irak betrifft, befinden die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe:

"Saddams Schachzug hat die US-Regierung in arge Bedrängnis gebracht. Nachdem sie mangels Beweisen das Argument fallen ließ, der Irak sei irgendwie mit dem Terror vom 11. September in Verbindung zu bringen, steht jetzt auch das zweite Argument auf wackligen Füßen. Denn nun besteht die Chance nachzuprüfen, ob der Verdacht begründet ist, dass Bagdad Massenvernichtungswaffen entwickelt. US-Präsident George W. Bush wird früher als ihm lieb war, offen legen müssen, ob es Washington wirklich "nur" um die Entwaffnung eines gefährlichen Despoten geht oder ob es auch noch andere Ziele verfolgt.

Vom Nahen Osten zum Präsidenten der Deutsch-Arabischen Gesellschaft und nordrhein-westfälischen FDP-Parteichef Jürgen Möllemann und dessen Kritik an Israel.

Die Potsdamer MÄRKISCHE ALLGEMEINE äußert sich zu dem Thema wie folgt:

"Selbst wenn es Jürgen Möllemann gelingen sollte, mit seiner Krachschlagerei kurz vor der Wahl noch ein paar Antisemiten auf die Seite der FDP zu ziehen - sein 'Projekt 18' wird er dadurch nicht retten. Die neuerliche, völlig unmotivierte Breitseite gegen Michel Friedman kostet einerseits Stimmen bei linksliberalen Wählern und macht andererseits Möllemann für die Bundespolitik untragbar."

Abschließend heißt es im Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"Der nordrhein-westfälische FDP-Chef tat mit seiner neuerlichen Kritik an Israels Politik und am Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden weder sich noch der FDP einen Gefallen. Wie sagte Otto Graf Lambsdorff zu dem Pamphlet? Er zitierte Wilhelm Busch: 'Wenn über eine dumme Sache mal endlich Gras gewachsen ist, kommt sicher ein Kamel gelaufen, das alles wieder runterfrisst'."