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Pressestimmen von Donnerstag, 17. März 2005

zusammengestellt von Michael Wehling16. März 2005

Job-Gipfel beim Kanzler / Italienischer Abzug aus Irak / EU gegen Gespräche mit Kroatien

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Ein zentrales Thema in den Kommentar-Spalten der Tageszeitungen ist das Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder mit den Spitzen von CDU und CSU, bei dem es an diesem Donnerstag um Wege zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geht. Beachtung findet außerdem die Ankündigung Italiens, seine Truppen aus dem Irak abzuziehen, sowie der Beschluss der EU-Außenminister, bis auf weiteres keine Beitrittsgespräche mit Kroatien aufzunehmen.

Zunächst zum so genannten Jobgipfel. Der TAGESSPIEGEL aus Berlin schreibt:

'Gerade weil die Deutschen von dem Jobgipfel heute Nachmittag im Kanzleramt nichts erwarten, darf am Ende des Treffens eines auf keinen Fall stehen: ein Scheitern. Vermutlich haben Angela Merkel und Edmund Stoiber nicht geahnt, wie sie mit ihrer Initiative nicht nur den Kanzler, sondern auch sich selbst unter Druck setzen würden.'

Skeptisch zeigt sich die Zeitung DIE WELT:

'Der Bürger weiß ja aus Erfahrung, dass der Staat Arbeitsplätze nicht schaffen, sondern bestenfalls vermitteln kann. Und oft genug nicht einmal das. Was die Regierung kann, erheblich besser kann als alle anderen, das ist die Arbeitsplatzvernichtung. Seit Jahren stellt sie in dieser traurigen Disziplin immer neue Rekorde auf. Tag für Tag dürften an die 1.200 Arbeitsplätze verloren gehen, und nur ein Bruchteil davon wird ersetzt.'

Nachdrücklich warnt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG vor einem Scheitern des Treffens, denn dies - so das Blatt - wäre

'...eine politische Kapitulationserklärung an die Millionen, die sich verzweifelt um einen vernünftigen Arbeitsplatz bemühen. Und gleichzeitig ein verheerendes Signal an die Wirtschaftsbosse, die den Standort Deutschland noch schätzen, ihn aber von bürokratischen Fesseln und drückenden Steuerlasten befreien wollen.'

Damit zum nächsten Thema. In Rom hat Ministerpräsident Silvio Berlusconi den Rückzug der italienischen Soldaten aus dem Irak angekündigt. Das HAMBURGER ABENDBLATT analysiert:

'Berlusconi weiß genau, dass rund drei Viertel der Italiener den Irak-Einsatz an der Seite der USA nicht gutheißen. Der Bush-Freund dürfte einst aus politischer Überzeugung die Truppen nach Mesopotamien geschickt haben; aus Opportunismus holt er sie nun vor den Regionalwahlen heim. Für die Italiener verheißt dies Gutes, denn ihre Soldaten bleiben so am Leben. Für die Iraker wird die Lage noch schwieriger, denn die Extremisten werden die Ankündigung Berlusconis als Erfolg ihrer mörderischen Terror-Taktik werten und diese ausweiten.'

In der PFORZHEIMER ZEITUNG heißt es:

'Berlusconi reagiert, weil die öffentliche Meinung nach den Todesschüssen auf den Geheimdienstmann Nicola Calipari nahezu hundertprozentig gegen die Mission im Irak ist. Und als Medien-Mogul weiß Berlusconi, dass er seine Pläne, im kommenden Jahr wieder Regierungschef zu werden, beerdigen kann, sollte er Volkes Stimme weiterhin ignorieren.'

Die ABENDZEITUNG aus München bemerkt:

'Dass der italienische Premier den Rückzug der Soldaten aus dem Irak ankündigte, ist ein Nackenschlag für die USA. Auch Polen und Ukrainer sind auf dem Absprung aus einem Land, das vielleicht eine demokratische Regierung bekommt, das ganz sicher aber unkontrollierbar bleibt. Aus der 'Koalition der Willigen' wird eine Fluchtbewegung.'

Zur Entscheidung der EU, mit Kroatien wegen mangelnder Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal vorerst keine Beitrittsgespräche zu beginnen, schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.

'Hart und prinzipientreu müsse man bleiben, sagen die gestrengen EU-Mitglieder ... Wo komme man denn hin, in späteren Verhandlungen mit Bosnien-Herzegovina, Serbien und auch der Türkei, wenn man schon Kroatien einen Kriegsverbrecher durchgehen lasse? Das gemäßigte Kabinett Sanader setzte von Anfang an Kurs auf die EU und sorgte unter anderem dafür, dass acht mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Kroatien und Bosnien vor dem Tribunal stehen. Die EU aber will alles vom Fall Gotovina abhängig machen ...'

Verständnis für die EU formuliert hingegen die STUTTGARTER ZEITUNG:

'Endlich hat die Europäische Union einmal die Notbremse gezogen. Es hat Kroatien getroffen. Dort steht man Kopf. ... Das angestrebte Ziel war es, zusammen mit Rumänien und Bulgarien im Jahre 2007 den Beitritt zu schaffen. Danach sieht es jetzt nicht mehr aus. ... Die EU hat mit dem Beschluss, die Gespräche mit Kroatien auszusetzen, in Wahrheit eine Abkehr vom bisherigen Kurs vollzogen, Beitrittskandidaten automatisch in die EU zu verhelfen.