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Pressestimmen von Donnerstag, 17. Juni 2004

16. Juni 2004

Ausbildungspakt zwischen Bundesregierung und Wirtschaft/Tote bei Anschlag in Kundus/Fussball-EM in Portugal

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Der Ausbildungspakt zwischen der deutschen Wirtschaft und der Bundesregierung steht im Mittelpunkt dieses Blickes auf die Kommentarseiten der Donnerstagsausgaben der deutschen Tageszeitungen. Zunächst eine Einschätzung vom Düsseldorfer HANDELSBLATT:

"Dieser Pakt ist für Münteferings Lehrstellenabgabe ein Begräbnis erster Klasse. Dass er ihn dennoch akzeptiert, zeigt erstens seine Not, nach der Wahlschlappe öffentlichkeitswirksam Erfolge zu verbuchen. Es zeigt zweitens, dass Teile der SPD zumindest in diesem Fall begriffen haben: Sie können nicht gegen die Wirtschaft handeln, sondern nur mit ihr. Wer sich jetzt in den Verbänden auf die Schenkel klopft, weil man die Regierung mal wieder ausgetrickst habe, schadet sich allerdings selbst. So unverbindlich der Pakt politisch-rechtlich auch ist - er kann zur Nagelprobe für die Glaubwürdigkeit der Wirtschaft werden."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER begrüßt den Pakt:

"Das Prinzip Freiwilligkeit bei der jetzt gefundenen Ausbildungslösung ist vor allem ein Sieg der Vernunft: Es geht eben auch ohne eine Mega-Bürokratie, die wie in obrigkeitstaatlichen Visionen die Relation zwischen Beschäftigten und Auszubildenden kontrolliert, Ausgleichsberechnungen zwischen wirtschaftlich stärkeren und schwächeren Bundesländern anstellt oder gar zur Kasse bittet. Alle Wirtschaftswissenschaftler haben dem Projekt, dem Rot-Grün in kollektiver Realitätsverdrängung im Bundestag erst kürzlich zugestimmt hatte, eine vernichtende Absage erteilt."

Die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG aus Essen warnt davor, zur Tagesordnung zurückzukehren:

"Von 'Ende gut, alles gut' kann keine Rede sein. Den Pakt gilt es nun mit Leben zu füllen, was viel Überzeugungsarbeit erfordert. Vermutlich behalten die Skeptiker Recht, die auch in diesem Jahr 'unversorgte' Jugendliche befürchten. Umso wichtiger wäre eine tiefergehende Debatte, die unbequeme Fragen nicht ausspart. Etwa die, welche Grundtugenden junge Leute für die Ausbildung brauchen und wo diese vermittelt werden müssten. Im Betrieb ist es dafür etwas spät."

Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN haben Zweifel, ob alle Lehrstellen- Suchenden versorgt werden können:

"Diese Politik per Nötigung ('Entweder ihr schafft Lehrstellen, oder die Umlage kommt') zeigte Wirkung. Ob das ausreicht, um alle Jugendlichen zu versorgen? Das kann kein Arbeitgeberverband garantieren: Lehrstellen bieten einzelne Firmen an. Sie richten sich dabei vor allem nach dem eigenen Bedarf. Und der sinkt derzeit bei vielen Unternehmen."

Im nordafghanischen Kundus sind vier Afghanen bei einem Anschlag auf ein Fahrzeug des deutschen Wiederaufbauteams getötet worden. Anlass für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München, sich Gedanken über die Gefahrenlage zu machen:

"Vom Süden des Landes her, wo die Taliban sich reorganisiert haben, ist die Instabilität gen Norden gewuchert. Auch die Urheber des Anschlags von Kundus sind viel eher in den Kreisen der Taliban zu suchen als in örtlichen Banden - schließlich hatte sich die Bundeswehr freundlicherweise aus den regionalen Händeln der Warlords und Drogenbarone herausgehalten. Die Taliban verfolgen mittlerweile überall im Land ihr Konzept. Afghanistan unregierbar zu machen. Wenn die für die Stabilisierung verantwortliche Nato das vermeiden will, muss sie massiv mit Männern und Material dagegenhalten. Und auch in Berlin müssten sie merken, dass es wenig bringt, Truppen nur in relativ sicheren Landesteilen zu stationieren. Unsicher wird es dann auch dort von selbst."

Zum Schluss ein Kommentar zum 1:1 Unentschieden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Niederlande. Der BERLINER KURIER stellt eine Verbindung zwischen Sport und Politik her:

"Begeisternd: Fast 26 Millionen Menschen in unserem Land sahen den Fußball-Knüller Deutschland gegen Holland. Bedenklich: Nur knapp 26 Millionen Menschen in unserem Land gingen zur Europa-Wahl. Das sagt uns: Politiker sollten vom Fußball lernen. Lernen, wie man Krisen bewältigt. Mit einem mutigen Teamchef. Mit Kampfkraft. Mit Reformfähigkeit. Mit schnellem Umschalten von Abwehr auf Angriff. Gerhard Schröder sollte das wissen. Als Fußballer wurde er 'Acker' gerufen. Jetzt hält er stur an seiner Taktik fest, den Sozialstaat umzupflügen. Das riecht nach Scheitern noch in der Vorrunde zur Bundestagswahl!"

Zusammengestellt von Walter Lausch.