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Pressestimmen von Donnerstag, 08. Januar 2004

Gerhard M Friese7. Januar 2004

Steuerkonzept der CSU / Diskussion um Nachfolge Rau / EU-Wahlkampf

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Das Steuermodell der CSU ist das beherrschende Thema der Kommentatoren an diesem Donnerstag. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt taktische Überlegungen an:

"Der CSU-Vorschlag für das künftige Steuersystem ist zwar besser als der der CDU, denn er verspricht weniger und könnte daher 'mehr' halten. (...) Schwerer wiegt jedoch, dass die Union - seit sie die Perpetuierung der Reformdebatte angezettelt hat - Schröder und seiner Koalition auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist: Falls der Kanzler die Gesetzgebung in das Jahr 2005 verzögern will, um 2006 beim Souverän einen Aha-Effekt zu erreichen, werden Stoiber und Merz nicht sagen können, nun hätten sie es nicht mehr so eilig - die Bürger sollten sich bis nach dem Wahltag gedulden. Denn jeder weiß, dass sich auch eine CDU/CSU/FDP-Koalition nicht binnen Wochenfrist würde einigen können; da könnte die Entlastung für die Steuerzahler leicht auf den 1. Januar 2008 rutschen."

Die in Potsdam erscheinende MÄRKISCHE ALLGEMEINE meint:

"Der größte Unterschied zwischen den Steuerkonzepten von CDU und CSU besteht nicht in den Steuersätzen... Der Unterschied ist viel gravierender: Die CSU legt lediglich ein Steuersenkungsmodell vor, während das Merz-Konzept eine tatsächliche Reform mit durchgreifender Lichtung des Regelungsdschungels wäre."

Die BERLINER ZEITUNG teilt diese Bedenken, merkt aber an:

"Gerhard Schröder freilich dürfte an einer Steuerreform à la Stoiber durchaus Gefallen finden. Ein abermaliger Milliarden-Impuls im Jahr 2005 brächte die Wirtschaft weiter in Schwung, und aus des Kanzlers Sicht wüchsen damit die Chancen, dass die Arbeitslosenzahlen bis zu den Bundestagswahlen 2006 ein bisschen verbessert werden könnten, was eine dritte Amtszeit Schröders wieder etwas wahrscheinlicher werden ließe."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München widmet sich einmal mehr dem Thema Unionskandidat für das Amt des Bundespräsidenten:

"Angela Merkel geht mit Wolfgang Schäuble so um, wie einst Helmut Kohl mit Richard von Weizsäcker umgegangen ist: unfair. Sie hält ihn hin, sie will sich nicht erklären - und erklärt durch dieses Verhalten, dass sie ihn eigentlich nicht will. Ein Zeichen von Stärke ist das nicht.... Angela Merkel wird sich schließlich mit der Nominierung Schäubles zum Präsidentschaftskandidaten der CDU/CSU abfinden müssen, weil ihr andere - nämlich Stoiber und die CSU - die Entscheidung mit klammheimlicher Freude aus der Hand genommen haben."

Und DER TAGESSPIEGEL aus Berlin schreibt dazu:

"600 Kilometer lagen am Mittwoch zwischen Klaus Töpfer und Wolfgang Schäuble. Der Umwelt-Chef der UN war in Berlin als Gast von Johannes Rau. Der Ex-Chef der CDU war in Kreuth als Gast der CSU. Beide Gäste, gehandelt als Rau-Nachfolger, benahmen sich vorbildlich: Sie haben geschwiegen, mehr oder weniger beredt. Wo die Helden schweigen, wendet sich jedenfalls das Publikum der Begleitmusik zu... Denn eigentlich wollen sich die Spitzen von CDU und CSU ja erst im März auf einen Kandidaten einigen. Wie war das vor zwei Jahren, bei der K-Frage der Union? Da sollte es auch der März sein. Und dann stand am 11. Januar plötzlich Edmund Stoiber fest."

Die Union will der Beitritt der Türkei zur EU zum Thema des Europawahlkampfes machen. Das Düsseldorfer HANDELSBLATT warnt:

"Die Europawahl im Juni mit einer Anti-Türkei-Kampagne zu bestreiten ist außenpolitisch falsch, rechtlich fragwürdig, für die Integration der Türken in Deutschland gefährlich und parteipolitisch dumm. Der Westen braucht den Bündnispartner Türkei mehr denn je, und halbieren kann er diesen Partner nicht: Man kann nicht mit den Türken in der Nato gemeinsame Werte verteidigen, sie aber wie CDU und CSU aus der EU halten wollen, weil es angeblich keine gemeinsamen Werte gibt. Rechtlich gesehen hat die EU der Türkei längst ein Beitrittsversprechen gegeben, falls das Land die Kriterien erfüllt - das liegt nun in der Hand der Türken."

Ganz anders die NORDSEE-ZEITUNG aus Bremerhaven:

"Ein wenig heuchlerisch mutet der Versuch der SPD an, der Union das Wahlkampfthema EU-Beitritt der Türkei auszureden, sofern damit nicht Grenzen zur Fremdenfeindlichkeit überschritten werden. Denn in Sonntagsreden werden SPD-Politiker nicht müde, sich für stärkere demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger einzusetzen. Nun will sie ausgerechnet ein Thema aus dem EU-Wahlkampf heraushalten, das von geradezu elementarer Bedeutung für die Zukunft Europas ist. Das passt nicht zusammen."