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Pressestimmen von Donnerstag, 05. August 2004

Gerd Winkelmann 4. August 2004

Arbeitslosigkeit und kein Ende / Stoibers Zweifel

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Die Arbeitslosigkeit, so sagen es die Statistiker, hat den höchsten Stand aller Juli-Monate seit der Wiedervereinigung erreicht. Auch der Lehrstellenmarkt bleibt angespannt. Die Opposition wirft der Regierung trotz anspringender Konjunktur Scheitern vor. Hoffnung versprühen an diesem Donnerstag auch die Kommentare in der deutschen Tagespresse nicht. So schreibt etwa die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

'Die Hartz-Gesetze setzen die Verwaltung und neuerdings auch die Arbeitslosen unter Druck. Das ist richtig, aber nur ein Anfang: Der Arbeitsmarkt muss auch offen genug werden, um den Arbeitslosen überhaupt etwas bieten zu können. Es hat wenig Sinn, Menschen zur Aufnahme von Arbeit zu drängen, wenn es keine gibt. Noch immer aber wirken die Flächentarifverträge wie Einstellungssperren. Der Gesetzgeber täte gut daran, durch Gesetz für eine rasche Öffnung zu sorgen. Auch eine weitere Lockerung des Kündigungsschutzes würde zu Mehreinstellungen führen. (...) Denn wenn die Regierung nicht nachlegt, wird Hartz IV scheitern, das den Arbeitslosen ab 1. Januar 2005 viel zumuten wird, ihnen aber bisher keine Perspektive bietet.'

Der BERLINER KURIER notiert folgendes:

'Es ist ein großes Unbehagen im Volk, wenn man den Umfragen glauben darf. Die Hartz-Gesetze schwirren durch die Köpfe, verwirren, machen Angst. Die Bürger wissen nicht genau, was auf sie zukommt. Das erzeugt Ängste. Dazu werden sie beinahe täglich von neuen Hiobsbotschaften überrollt. Sie kommen von allen Parteien. Auf verständliche Erklärungen warten die Menschen immer noch. Chancen wurden vertan. Nun reagieren die Bürger - mit Ablehnung. Sie machen die Politiker für ihre Furcht verantwortlich und mögen die Reformen nicht. Sie erwarten von ihnen nichts Gutes mehr.'

Hier noch ein Blick in das NEUE DEUTSCHLAND:

'Es geht nicht nur darum, Bezieher von Arbeitslosengeld II bis aufs Hemd auszuziehen und aus den Arbeitsagenturen hinauszuschikanieren. Rot-Grün und erst recht Schwarz-Gelb wollen außerdem die Sozialstandards auf dem Arbeitsmarkt so richtig aufmischen. Die Zeiten tariflich geregelter, sicherer Arbeitsplätze sind gezählt. Dies gilt erst recht, wenn sich Unionspolitiker mit ihrer Forderung durchsetzen, den ohnehin gelockerten Kündigungsschutz weiter aufzulösen. Die Arbeitslosigkeit bleibt auf Rekordniveau, obwohl doch die Konjunktur allmählich anspringt. Die Wirtschaft baut nach wie vor Stellen ab und ersetzt diese unter anderem durch geringfügige Beschäftigungen, deren Boom anhält. Hartz IV gibt der Entwicklung nicht nur weiteren Auftrieb. Die Arbeitsmarktreformen verleihen ihr auch noch eine Art staatliches 'Gütesiegel'.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU widmet sich Edmund Stoiber und seinen in CSU-Parteikreisen geäußerten Zweifeln an einem erfolgreichen Regierungs-Duo von Angela Merkel und Guido Westerwelle:

'Hat jemand in diesem Land ernsthaft geglaubt, Edmund Stoiber hätte sich mit einer Kanzlerkandidatin der Union abgefunden, die Angela Merkel heißt? Sollte es Menschen geben, die auf eine solch absurde Idee gekommen sind - spätestens jetzt wurden sie eines Besseren belehrt: Stoiber sprach offensichtlich dem Duo Merkel/Westerwelle jegliche Erfolgsaussichten bei der Bundestagswahl 2006 ab. Anschließende Dementis lassen sich eher als Akte der Höflichkeit verstehen. Die Berichte aus der CSU-Sitzung in München machen vielmehr deutlich: Stoiber bleibt sich selbst treu und davon überzeugt, dass er es einfach besser kann, besser als Rot-Grün sowieso, aber auch besser als irgendwer innerhalb der Union.'

Auch die LÜBECKER NACHRICHTEN schreibt zu diesem Thema:

'Hat der Stoiber nun? Oder hat er nicht? O ja, er hat. Und zwar mit Recht. Die Debatte, ob die Opposition mit der ostdeutschen Frau Merkel und dem bekennenden Schwulen Westerwelle an der Spitze in den Bundestagswahlkampf 2006 ziehen sollte, muss - zumindest innerhalb der Union geführt - werden, das sind die Parteiführungen ihren Mitgliedern, aber auch ihrer Basis schuldig. Das Duo Merkel/ Westerwelle wäre für den konservativen, klerikal, kleinbürgerlich ausgerichteten Teil der Union auch im Jahr 2004 eine große Herausforderung, für manche sogar eine Zumutung. So schnell, wie man sich das vielleicht wünscht, ändern sich die Menschen nun mal nicht. Vorurteile und Werte sind schließlich gute Verwandte. Je eher, je ausführlicher darüber diskutiert wird, desto besser wird die Sache am Ende für die Union ausgehen.'