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Pressestimmen von Dienstag, 9. November 2004

Zusammengestellt von Martin Muno8. November 2004

Gedenken an den Mauerfall // Angriff auf Falludscha // Proteste gegen Castor-Transport

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Der Jahrestag des Mauerfalls, die Lage im Irak und die Proteste gegen den Castor-Transport beschäftigen an diesem Dienstag die Kommentatoren.

Zuerst zum 9. November - wir lesen im Düsseldorfer HANDELSBLATT:

"Fünfzehn Jahre nach dem Fall der Mauer lebt das wiedervereinigte Deutschland immer noch in zwei sehr unterschiedlichen Erinnerungswelten: Im Osten flüchten sich mehr und mehr Menschen in plumpe Ostalgie oder politischen Extremismus. Im Westen werden am heutigen 9. November vermutlich mehr Menschen der 'Reichspogromnacht' vor 66 Jahren gedenken, als sich über die deutsche Einheit zu freuen."

Der Berliner TAGESSPIEGEL meint:

"Fünfzehn Jahre. Eine lange Zeit in einem Leben, lange her - aber so lebendig. Fast jeder weiß eine, weiß seine Geschichte von diesem Tag zu erzählen. Es sind mal banale, mal kuriose Erinnerungen, doch allen ist dieses Besondere inne: Geschichte erlebt zu haben, Zeuge eines historischen Moments gewesen zu sein, in dem alles offen, in dem alles möglich erschien, so schön, so erstaunlich, unglaublich. Da brach sich etwas Bahn, von dem niemand ahnte, geschweige denn wusste, wohin es sollte, wollte. Der wahre Tag des deutschen Feierns ist der 9. November."

Ähnliches empfindet der Leitartikler der WELT:

"Es ist nicht verschwunden, das Glücksgefühl jener sagenumwobenen Nacht des 9. 11., als die Mauer fiel und der Kalte Krieg verschwand. Aber dieser historische Moment kann nicht andauernd vergegenwärtigt werden, es würde Kitsch. Das Gefühl geht neue Wege, was der Streit um den 3. Oktober als Nationalfeiertag der Deutschen zeigt."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER befasst sich mit der Offensive der US-Truppen auf Falludscha und schreibt:

"Es war hohe Zeit zum Handeln. Der Widerstand, der offenbar inzwischen von Abu Mussak al Sarkawi, bin Ladens Mann im Irak, weitgehend zentral gesteuert wird, hat ständig an Schlagkraft gewonnen. Er bedroht alle Aufbaupläne und stellt den Termin der Parlamentswahl Ende Januar ernsthaft in Frage. Ob es freilich gelingen kann, die Guerilla allein mit diesem Militäreinsatz zu beenden, bleibt zweifelhaft."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG mahnt:

"Reines Wunschdenken ist angesichts der aktuellen Lage die Durchführung von demokratischen Wahlen im kommenden Januar. Ausgeschlossen ist dagegen nicht einmal eine Teilung Iraks. In diesem Fall würden die Kurden im Norden einen eigenen Staat ausrufen. Das hätte eine Intervention der Türkei zur Folge. Die USA, aber auch die über den Irak-Krieg immer noch gespaltenen Europäer werden sich mit dem Gedanken befassen müssen, dass unter den politischen, ethnischen und religiösen Konstellationen die Etablierung eines gemäßigten islamischen Regimes noch die beste von den vielen schlechten Optionen für den Irak ist."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt zum umstrittenen Castor-Transport:

"In welcher Form darf und soll man protestieren gegen die Pläne der Energieversorger, Atommüll im Gorlebener Salzstock zu verbuddeln? Anders als von außen wahrgenommen, ist die Bürgerinitiative Umwelt- Schutz kein monolithischer Block. Die BI hat bislang versucht, alle Aktivisten mitzunehmen - von den kirchlichen Gruppen bis zu den Schienenblockierern. (...). Spätestens seit diesem Sonntag sollte sie sich expressis verbis von den Blockierern distanzieren. Die Trennlinie ist einfach zu ziehen: Der Protest bleibt so bunt, wie er seit mehr als einem Vierteljahrhundert ist, aber er hält sich von Bahnlinie und Straßenstrecke fern. Die Kröte, damit etwas zu befolgen, was 'Atomstaat' und Gerichte seit Jahren verlangen, sollte die Bürgerinitiative Umweltschutz schlucken. Ein Toter ist nämlich ein Toter zu viel.'

Und die FRANKFURTER RUNDSCHAU kritisiert:

"Mit einhundert Sachen sei der Castor-Zug auf die Demonstranten zugerollt, heißt es. Nicht einsehbar sei das Risiko gewesen auf der kurvigen Strecken. Was wäre passiert, wenn ein schwerer Baumstamm auf den Gleisen gelegen hätte? Was, wenn es nicht friedliche Demonstranten gewesen wären, die sich dem Transport entgegenstellten, sondern terroristische Gewalttäter? Auf diese Fragen werden die Verantwortlichen nur schwerlich eine Antwort finden können, die nicht Angst und Bange macht."