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Pressestimmen von Dienstag, 24. Mai 2005

zusammengestellt von Eleonore Uhlich 23. Mai 2005

Neuwahlen / Angela Merkel soll Kanzlerkandidatin werden

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Die Zeitungskommentare befassen sich an diesem Dienstag mit der für den Herbst angepeilten Neuwahl in Deutschland. Im Blickpunkt stehen dabei die Motive der Hauptakteure in den Parteien, die sich alle mit dem Vorhaben einverstanden zeigen.

Der in Bayreuth erscheinende NORDBAYERISCHE KURIER merkt an:

"Vorgezogene Neuwahlen ersparen nicht nur dem Land eine eineinhalbjährige Hängepartie, sondern auch der SPD die große Zerreißprobe zwischen Reformern und Linken, die sie auf viele Jahre regierungsunfähig machen könnte. Vielleicht das stärkste Motiv von Müntefering und Schröder. Wenn die SPD schon auf die Oppositionsbänke absteigen muss - und davon ist derzeit auszugehen -, dann wenigstens geordneter Rückzug. Mit Option auf ein baldiges Comeback."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf mutmaßt:

"Vielleicht meinten Schröder und Müntefering mit den «klaren Verhältnissen» aber auch etwas ganz anderes. Sonnenklar wären die Verhältnisse jedenfalls dann, wenn die Union mit CDU-Chefin Merkel an der Spitze die Bundestagswahl gewinnt, so wie jetzt zu erwarten ist. Die SPD könnte sich dann in der Opposition regenerieren und in Ruhe Kurs und Köpfe suchen. Was aber wäre von einer solchen Volkspartei zu halten, die in Wahrheit gar nicht mehr regieren will?"

Die LANDSHUTER ZEITUNG stellt fest:

"Bei den Wahlverlierern klingt es auch zwei Tage später noch so, als hätten die Wähler einfach nicht die Genialität der rot-grünen Reformversucher erkannt. Das nennt man wohl Realitätsverweigerung und sollte sowohl Jürgen Rüttgers als auch Angela Merkel, vor allem aber Edmund Stoiber, als Mahnung dienen, nichts anderes als eine klar erkennbare Alternative zu präsentieren. Eine weich gespülte Agenda 2010, wenn auch unter dem Banner des hohen C, führte geradewegs auf Schröders Verliererstraße. Denn der Wähler weiß Sprücheklopferei von Engagement zu unterscheiden", konstatiert die LANDSHUTER ZEITUNG.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG räsoniert über einen Machtwechsel in Berlin:

"Programmatisch ist die Union nicht so gut aufgestellt, wie sie selbst behauptet. Man muss nicht den fatalen Gesundheitskompromiss bemühen, sondern braucht nur an die vielen Vorschläge denken, deren Finanzierung oft unrealistisch war. Jene Flügelkämpfe, an denen die SPD auch zu zerbrechen droht, werden bei CDU und CSU gegenwärtig zu Gunsten der wahltaktischen Geschlossenheit ignoriert. Ja, Schwarz- Gelb ist eine Alternative, die einzige, die es derzeit realistisch gibt. Wer den Wechsel um jeden Preis will, wird sie wählen. Das Risiko aber ist mindestens so groß wie 1998 beim Machtwechsel zu Rot-Grün", glaubt die SÜDDEUTSCHE.

Mit Angela Merkel als zu erwartender Kanzlerkandidatin von CDU und CSU befasst sich das MINDENER TAGEBLATT und schreibt:

"Klar dürfte ... die Kanzlerkandidaten-Frage bei der Union sein, auch wenn natürlich noch die innerparteiliche Form gewahrt werden muss. Aber niemand zweifelt ernsthaft daran, dass - ausgerechnet - die CDU mit Angela Merkel die erste Kandidatin für das Regierungsamt aufbieten und für Edmund Stoiber eine angemessen hervorgehobene Herausforderung gefunden werden wird."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG verweist auf einen anderen Aspekt und meint:

"Das größte Risiko für die Union ist, gerade nach dem Triumph am Sonntag, ein Zuviel an Siegesgewissheit. ... Und Stoiber wird es auch nicht versäumen, Frau Merkel und Westerwelle bei Gelegenheit daran zu erinnern, dass Schröder und Fischer als Wahlkämpfer nicht auf die leichte Schulter zu nehmen sind."

Die LÜBECKER NACHRICHTEN gehen von einem Sieg Merkels aus und analysieren:

"Es wird eine unglaublich hohe Erwartung auf Angela Merkel lasten, wenn sie das vorgezogene Endspiel ihres politischen Pokers gewinnen sollte. ... Selbst der vorhersehbare Verweis auf die rot-grüne Erblast würde den Druck nicht mildern, die Erwartungen sind turmhoch, unangemessen hoch, wenn man berücksichtigt, dass Politik keinen einzigen Arbeitsplatz selbst schaffen kann. Und an dieser Jobquote muss sich ja auch die nächste Regierung messen lassen, weil aus ihr alles folgt: die soziale Sicherheit, die Staatsfinanzen, die Zufriedenheit der Menschen in diesem Land."

Abschließend ein Blick in die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt. Der Kommentator notiert:

"Angela Merkel ist kaum noch aufzuhalten. Ein Geheimnis ihres Erfolgs dürfte sogar in ihrer DDR-geprägten Herkunft liegen. Wer von Kind auf gelernt hat, zu Hause etwas anderes zu sagen als in der Schule, beherrscht ganz andere Überlebenstechniken als die eitle Männerkonkurrenz aus dem Westen... Wenn sie nur halb so effizient als Kanzlerin ist, darf man noch einiges von ihr erwarten", prophezeit die THÜRINGER ALLGEMEINE, mit der wir diese Presseschau beenden.