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Pressestimmen von Dienstag, 20. November 2001

20. November 2001

Der SPD-Bundesparteitag in Nürnberg.

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Die Grundsatzrede von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Auftakt des Bundesparteitages der SPD ist das Hauptthema der Kommentatoren.

Die 'MÄRKISCHE ALLGEMEINE' aus Potsdam schreibt:

"Macht macht gelassen, und so blieb Gerhard Schröder die lästige Diskussion über Erfolge und Misserfolge erspart. Allein beim Wahlergebnis zum SPD-Vorsitzenden schimmerte noch ein Stück jener alten Verstimmung zwischen dem Niedersachsen und der Basis durch:
Zwei Prozent mehr für einen Regierungschef sind von
'uneingeschränkter Solidarität' noch weit entfernt."

Die 'FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG' meint:

"Die Selbstvergewisserung über die eigene Verlässlichkeit und Geschlossenheit kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Schröder auch in den eigenen Reihen jene Zweifel spürte, welche die Mehrheit für seine Außenpolitik jederzeit einbrechen lassen könnten.
Das zeigt, wie wenig er sich selbst der 'uneingeschränkten
Solidarität' sicher ist, die er in Deutschlands Namen vertritt.
Immerhin hat Schröder die deutsche Linke, die ihre heroischen Jahre in der Zeit des Vietnam- Kriegs erlebte, dazu gebracht, Amerika jene Solidarität zurückzugeben, die Deutschland so lange einseitig genossen hat - wenigstens zum Teil."

In der 'BERLINER ZEITUNG' heisst es:

"In Nürnberg beschwor der SPD-Vorsitzende eindringlich wie lange nicht mehr das 'große politische Projekt', das allein in der Kooperation von Sozialdemokraten und Grünen zu verwirklichen sei. (...) Die Rede war aber auch Balsam für viele Sozialdemokraten, die den Prozess der vergangenen Woche ebenfalls nur mit Schmerzen ertragen haben und sich einen anderen politischen Partner als die Grünen nicht mehr vorstellen können. Damit ist ein knappes Jahr vor der Bundestagswahl der Kampf um die Macht eröffnet. Und wenn die Grünen mitziehen, wird dies ein Lagerwahlkampf, der ihnen den entscheidenden Schub zur Überwindung der Fünf-Prozent-Hürde verleiht. Wenn sie denn mitziehen."

In der 'LEIPZIGER VOLKSZEITUNG' lesen wir:

"Gerhard Schröder, Papa Sozialdemokraticus! Noch nie war er so wertvoll für die SPD wie heute. Das Ziel ist das Regieren, und zwar weiter so. Schröder behauptet, er wolle dies mit den Grünen machen.
Im Moment meint er das wohl auch so. Ob dieses Bekenntnis aber auch noch nach dem Wahltag im nächsten Jahr Bestand hat, ist fraglich. (...) Das 'war' dominiert und nicht das 'es wird sein'. Pragmatisch, sozialdemokratisch, gut. So sieht sich Schröder. Und so haben seine Genossen auch mit dem Stimmzettel geurteilt. Erstaunlich ist es
freilich, wie wenig die Delegierten und den Kanzler interessiert, was in Zukunft sein wird."

'DIE WELT' kommentiert:

"Zukunft Rot-Grün? Sätze über die Grünen waren voller Lob, wenn es um das Gestern ging. Das Morgen präsentierte Schröder nicht so furchtbar kämpferisch. Weiter mit der Koalition, ja gewiss; aber diese Nostalgie der Grünen. (...) Schröders Rede war ein Auftritt des Staatsmannes im Zwischenreich. Die SPD hat keinen anderen, sie weiß es, er weiß es."

Das Düsseldorfer 'HANDELSBLATT' beschäftigt sich mit Schröders Bilanz der Regierungsarbeit:

"Die Leistungsbilanz, die Schröder selbstzufrieden dem Parteitag präsentierte, hat neben Hochglanz stumpfe Flecken. Seine Arbeitsmarktbilanz hält nicht, was Schröder versprochen hat. Deshalb kündigte er in Nürnberg weitere Arbeitsmarktreformen an. Aber welche konkreten Maßnahmen sich hinter der angekündigten Kombination aus 'Fördern und Fordern' verbergen, ließ er ebenso im Dunkeln wie eine inhaltliche Präzisierung des Schlagwortes vom 'aktivierenden Sozialstaat', der zu einer anderen Verantwortungsteilung zwischen Staat, ziviler Bürgergesellschaft und dem einzelnen Bürger führen soll."

Zum gleichen Thema schreiben die 'NÜRNBERGER NACHRICHTEN':

"Eher beiläufig, als die allgemeine Aufmerksamkeit sich schon vom eben gewonnenen Vertrauensvotum abwandte, vollzog Schröder eine Kehrtwende. Er verabschiedete sich von dem bis dato postulierten Ziel, noch in dieser Legislaturperiode die Zahl der Arbeitslosen auf 3,5 Millionen zurückzuführen. (...) Im Antrag des Vorstands für den Parteitag ist davon die Rede, es gebe 'reale Chancen', die 3,5 Millionen zu schaffen. Dass der Parteichef dies nun für
korrekturbedürftig erklärt, gleichzeitig aber nicht erkennen lässt, was er dagegen zu unternehmen gedenkt, dürfte die Diskussionen anheizen."