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Pressestimmen von Dienstag, 20. April 2004

zusammengestellt von Michael Wehling.19. April 2004

Abzug der spanischen Soldaten aus dem Irak / Steit in der SPD um Lehrstellenabgabe

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Die Ankündigung des neuen spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, die rund 1.300 Soldaten seines Landes aus dem Irak abzuziehen, ist eines der zentralen Kommentarthemen der deutschen Tageszeitungen an diesem Dienstag. Beachtung findet auch der anhaltende Streit in der SPD um eine Ausbildungsplatzabgabe.

Zunächst zum spanischen Abzug aus dem Irak. Skeptisch äußert sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.

'Zapatero begründet seine Unerschütterlichkeit damit, daß eine Regierung nicht gegen den Willen der Mehrheit ihrer Bürger handeln dürfe. Das ist das konstitutive Prinzip der Demokratie ... Gleichwohl müssen demokratisch gewählte Regierungen darauf achten, daß solche Prinzipienfestigkeit auch von den äußeren Feinden nicht als größte Schwäche dieser Staatsform verstanden wird. Spanien aber hat nun Aussichten, in den Handbüchern des transnationalen Terrorismus als Beispiel dafür zu dienen, wie man eine Regierung aus dem Amt, ihre Truppen aus einem Land und einen Staat aus einem Bündnis mit den Amerikanern bombt.'

Kritik übt auch die in Berlin herausgegebene Zeitung DIE WELT:

'Kaum hat der neue spanische Ministerpräsident Zapatero den Abzug seiner Truppen aus dem Irak verkündet, schon gibt dort der Schiiten-Verhetzer Muktada Al Sadr den großzügigen Sieger ... Einmal mehr zeigt sich, wie sehr ein Einknicken vor Terroristen und Gewaltpredigern diese aufwertet.'

Gegensätzlich argumentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

'Zapateros Rückzugsorder ist ... kein naiver Aktionismus eines Regierungsneulings, sondern klare Botschaft: Engagement in Irak ja, aber eines, das friedenstauglich ist. Die US-Besatzung, so viel Sinn für Realpolitik muss man Spaniens neuem Premier bescheinigen, ist das ausweislich der Lage der Dinge nicht.'

In der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND heißt es:

'... die Iraker werden den Schritt angesichts der Lage als Sieg deuten - unabhängig von der Intention des Ministerpräsidenten. ... Zudem setzt der Vorstoß die Alliierten unter Druck. In Polen
und Japan etwa gibt es ohnehin Kritik an der eigenen Präsenz in Irak. Sie könnten sich gezwungen sehen, dem Beispiel der Spanier zu folgen.'

Themenwechsel. Zum Streit in der SPD um eine Abgabe für Unternehmen, die zu wenig ausbilden, schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Im Grunde reduziert sich die Debatte auf einen simplen Punkt: Soll die Politik einen schweren gesellschaftlichen Missstand bekämpfen und dabei die Gefahr in Kauf nehmen, dass der Aufwand größer ist als der Ertrag? Man kann das verneinen ... Allerdings ist dann nach den bisherigen Erfahrungen auch offensichtlich: Die Lehrstellenlücke bleibt, und wenn man den Prognosen der deutschen Industrie glauben darf, wird sie in diesem Jahr sogar noch weiter wachsen.'

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder bemerkt zur Position des SPD-Vorsitzenden:

'Ob Müntefering sich zum Verfechter der Abgabe aufgeschwungen hat, weil er von deren Nutzen überzeugt ist, oder er nur glaubt, entsprechend taktieren zu müssen, sei dahingestellt. Es spielt auch keine Rolle. In jedem Falle hat er die SPD, auch durch die Rigidität seines Vorgehens, einer Belastungsprobe ausgesetzt, deren erfolgreiche Lösung höchst ungewiss ist.'

Auch der in Bonn erscheinende GENERAL-ANZEIGER beschäftigt sich mit den Problemen Münteferings:

'Als Provokation muss er das Verhalten des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück empfinden, der offen mit der Ablehnung des Vorhabens im Bundesrat kokettiert. ... Kein Zweifel: Bei der ersten innerparteilichen Bewährungsprobe zeigen einige an der SPD-Spitze ... dem Parteichef seine Grenzen auf.'

Ärgerlich über die Debatte zeigen sich die LÜBECKER NACHRICHTEN:

'Ach, man möchte ja herzhaft kalauern über den rot-grünen Komödienstadel, dem kein Dosenpfand zu hoch ist, um es nicht noch mit einer Ausbildungsplatzabgabe toppen zu können. Was ginge es uns gut, wenn wir uns derlei bürokratische Dauerdebatten tatsächlich leisten könnten. Ist aber nicht so. Und deshalb muss man diesen politischen Regentanz endlich einstellen, auch wenn ein solcher Beschluss gerade nicht ins interne Betriebsklima der Sozialdemokratie passt.'