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Pressestimmen von Dienstag, 2. März 2004

Christina Pannhausen2. März 2004

Bundespräsidenten-Kandidat / LKW-Maut / Kinderschänderprozess in Belgien

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Die nach dem Wahlsieg in Hamburg verstärkte Diskussion um einen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten sowie die Einigung der Bundesregierung mit dem Konsortium Toll Collect auf die Umsetzung der LKW-Maut beschäftigen die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen. Beachtung findet auch der Auftakt zum Prozess gegen den belgischen Kinderschänder Marc Dutroux.

Zur Diskussion über die Nachfolge von Bundespräsident Johannes Rau schreibt der BONNER GENERAL-ANZEIGER:

"Zu lange wurde über zu viele Namen spekuliert. Nun werden sich Union und FDP wohl auf jenen Mann einigen, der von Beginn an alle anderen, noch so honorigen Genannten politisch überragte: Wolfgang Schäuble. Er war Kanzleramtsminister, Innenminister, Fraktionsvorsitzender und CDU-Chef, agiert heute in erster Linie als Außenpolitiker. Er war aber auch ein Mann der Kohl-Ära, was kein Vorwurf, aber auch kein Ausweis für einen frischen Wind an der Staatsspitze ist. Dennoch, von allen ins Spiel gebrachten Namen ist der von Schäuble der überzeugendste, weil er von allen der klügste politische Kopf ist."

Die WETZLARER NEUE ZEITUNG glaubt auch an eine Nominierung Schäubles und merkt kritisch an:

"Der Kandidat der bürgerlichen Mehrheit in der Bundesversammlung wird aus der Union kommen - und vieles deutet darauf hin, dass Wolfgang Schäuble dieser Kandidat sein wird. Ein Kandidat freilich, der vor allem aus taktischen Gründen Unterstützung erhalten wird:
Angela Merkel kann dadurch verhindern, selbst ins Amt des
Bundespräsidenten gelobt zu werden und alle Chancen auf den Posten des Bundeskanzlers zu verlieren. Auch Edmund Stoiber wird ähnliche Überlegungen anstellen. Im Klartext bedeutet dies, dass Schäuble nur als Werkzeug benutzt und herumgeschubst wird. Das aber ist eine Beschädigung des Bundespräsidentamtes - des höchsten Amtes in
unserem Staatswesen."

Die BERLINER ZEITUNG beleuchtet die heikle Situation der CDU-Parteichefin:

"Angela Merkel muss in den nächsten Tagen einen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten benennen, entweder Wolfgang Schäuble oder einen anderen. Sie wird daran gemessen werden, ob ihr Kandidat am 23. Mai gemeinsam mit der FDP ins Amt gewählt wird. Falls ja, ist sie innerparteilich gestärkt; falls nein, büßt sie Autorität ein. Das Machtgefüge an der Spitze der Union ist ohnehin labil: Wer weiß schon, was Stoiber mit Blick auf die nächste Wahl will? Was Roland Koch will, weiß jeder: Kanzler werden. Dazwischen und mittendrin steht Angela Merkel."

Zum neuen Vertrag der Bundesregierung mit dem Konsortium Toll Collect meint die FULDAER ZEITUNG:

"Man glaubt es kaum: Nachdem vor zwei Wochen der Geduldsfaden gerissen war, hat sich die Bundesregierung erneut mit dem Pleiten-Pech-und-Pannen-Konsortium Toll Collect eingelassen. Zwar sind die Betreiber in den umstrittenen Haftungsfragen überraschend
eingeknickt. Ansonsten haben sie jedoch außer vagen Versprechungen noch immer nichts zu bieten und spielen ihr Debakel, das den Technologiestandort Deutschland zur europaweiten Lachnummer degradiert hat, sogar frech herunter. Das Bedauerliche an der ganzen Sache ist, dass die Bundesregierung offenbar keinen anderen Ausweg
sieht, als Toll Collect noch eine Chance zu geben. Im
Verkehrsministerium hat man versäumt, rechtzeitig über mögliche Alternativen nachzudenken."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder konstatiert:

"Es liegt in der Hand von DaimlerChrysler und Telekom, nun
assistiert von Siemens, dass 'Made in Germany' Anfang des 21. Jahrhunderts einen neuen Klang bekommt, und nicht der Makel des schmählichen Scheiterns beim vermeintlichen Innovationsstandort Deutschland zurückbleibt."

Zum Kinderschänder-Prozess äußert sich abschließend das HANDELSBLATT aus Düsseldorf:

"Der Dutroux-Prozess steht für weitaus mehr als nur für die
strafrechtliche Aufarbeitung dessen, was passiert ist. An seinem Anfang stand eine Staatskrise, die das Land tief erschütterte. Zwei Minister mussten zurücktreten. Empört war die Bevölkerung vor allem auch wegen der nicht enden wollenden Pannenserie bei den Ermittlungen von Polizei und Justiz. Auf der Anklagebank sitzen deshalb nicht nur die vier Verdächtigen. Ganz Belgien wird den Ausgang des Verfahrens daraufhin abklopfen, ob Politik und Justiz aus den Vorfällen gelernt haben oder nicht."