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Pressestimmen von Dienstag, 19. März 2002

18. März 2002

Streit um Zuwanderungsgesetz/ Machtwechsel in Portugal/ Beginn der UN-Entwicklungs-Konferenz

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Die Diskussion um das Zuwanderungsgesetz, der bevorstehende Machtwechsel in Portugal und die Entwicklungs-Konferenz der Vereinten Nationen sind Themen in den deutschen Zeitungskommentaren.

Zum Streit um des Zuwanderungsgesetz schreibt die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz:

"Die Diskussion um das Zuwanderungsgesetz krankt daran, dass die Parteien beim Wähler Punkte sammeln und sich für die Bundestagswahl in Stellung bringen wollen. Ohnehin werden - ähnlich wie bei der Steuerreform - wichtige Entscheidungen bereits vorher ausgekungelt.
Föderalismus aber sollte dazu dienen, die Macht zu verteilen und auszugleichen und nicht wie auf dem Basar politische Mehrheiten oft gegen die Interessen des einen oder anderen Bundeslandes festzuklopfen. Wer fragt dabei nach den gewaltigen Kosten der Integration, die schließlich Länder und Kommunen schultern müssen?
So vernünftig es wäre, einen Kompromiss im Vermittlungsausschuss zu suchen, so verwirrend sind die Signale, die die CDU aussendet."

Dagegen hält die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG nichts von einem Vermittlungsverfahren. Das Blatt schreibt:

"Wer es schafft, dass uns allen ein Vermittlungsverfahren zum strittigen Zuwanderungsgesetz erspart bleibt, dem sollte ein Ehrenpreis verliehen werden. Es gibt nichts, was nicht schon gefordert, ergänzt oder gestrichen worden wäre. Der Gesetzentwurf der Koalition ist der beste augenblicklich erreichbare Kompromiss.
Es könnte schon längst ein Gesetz geben, hieße der Unions-
Kanzlerkandidat nicht Stoiber, bräuchte die Opposition nicht einen taktischen Vorteil, wären nicht in sechs Monaten Wahlen. In dieser Phase gibt es zwischen den großen Blöcken nichts mehr zu vermitteln, weil es erkennbar am Vermittlungswillen fehlt."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU befasst sich mit dem Ausgang der vorgezogenen Parlamentswahl und dem bevorstehenden Machtwechsel in Portugal:

"Auch diese lange Zeit als uneinnehmbar geltende Bastion der Linken am Südwestrand Europas ist gefallen wie schon Österreich, Dänemark, Italien. Wer ist der Nächste? Wie Dominosteine scheinen die linken Regierungen zu kippen. Offenbar setzen die Menschen zwischen Nordkap und Sizilien in wirtschaftlich schwieriger Zeit lieber auf die ihnen von rechts gereichte Rosskur als auf von links verordnete Reformen in sozialverträglichen, homöopathischen Dosen. In anderer Hinsicht freilich greift das Erklärungsmuster vom Scheitern linker Politik zu kurz. Portugals Sozialisten hatten zuletzt nicht nur keine ausgeprägt linke Politik mehr betrieben. Sie scheiterten, weil sie nichts mehr versuchten."

Anders sieht es DIE WELT:

"Mit dem Wahlsieg der konservativ-bürgerlichen Sozialdemokraten in Portugal endet hoffentlich eine Ära der Misswirtschaft und versäumter Reformen. Portugal ist neben Deutschland das einzige Land, das die EU- Kommission mit einem blauen Brief abmahnen wollte. Der Staatshaushalt ist maßlos überzogen und der ehemalige Musterknabe, der einst das Maastricht-Examen mit Bravour Bestand, droht wieder zum Hinterbänkler zu werden. Mit vollen Händen haben die Sozialisten unter António Guterres das Geld verteilt. Nun muss Wahlsieger Durão Barroso aufräumen und den Menschen bittere Einschnitte abverlangen."

Noch einmal Themenwechsel: Zum Beginn der Entwicklungs-Konferenz der Vereinten Nationen in Mexiko meint die KÖLNISCHE RUNDSCHAU:

"Wir haben verstanden, hieß es nach dem 11. September in den Industrieländern. Armut in der Dritten Welt sei der Nährboden, auf dem Terror gedeiht. Im Angesicht der der Trümmer kündigten westliche Regierungschefs verstärkte Anstrengungen gegen die Armut an. Gut ein halbes Jahr später, weiß man: Sie haben zu wenig verstanden. Die
Zusagen von USA und EU im Vorfeld der UN-Konferenz zur künftigen Finanzierung der Entwicklungshilfe sind zwar wichtig, sie reichen aber nicht aus. ... Das Versprechen der Weltgemeinschaft, bis 2015 die Zahl der Armen zu halbieren wird sich als ein leeres herausstellen."

Schließlich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Die reichen Staaten meinen es nicht ernst mit ihrem Engagement für die Dritte Welt. Sonst würden sie nicht so kläglich jenen Zielen hinterherhinken, auf die sie sich selbst mit großen Getöse verpflichtt hatten. Die Armut wollen sie bis zum Jahr 2015 halbieren, die Kindersterblichkeit um zwei Drittel senken. Zudem sollen alle Jungen und Mädchen zumindest eine Grundschule besuchen können. Doch wenn die Entwicklungshilfe so weiter läuft wie bisher, dann bleibt dies eine Utopie, die nicht mehr leistet, als das schlechte Gewissen einer statten Konsumgesellschaft zu beruhigen."

Soweit die Presseschau, zusammengestellt von Herbert Peckmann.