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Pressestimmen von Dienstag, 15. Juli 2003

die Redaktion hatte Reinhard Kleber14. Juli 2003

Sondergewerkschaftstag der IG Metall / Debatte über Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform / USA-Reise von Außenminister Fischer

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Im Mittelpunkt der Kommentare der deutschen Tageszeitungen steht der Beschluss der IG Metall-Spitze, zur Beilegung des Führungsstreits nun doch schon im August ein Sondertreffen einzuberufen. Weitere Themen sind die Debatte über die Finanzierungspläne zu einer vorgezogenen Steuerreform und die USA-Reise von Außenminister Joschka Fischer.

Zum Führungsstreit der IG Metall merkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU an:

"Wer hätte das gedacht nach den Schlammschlachten der vergangenen Tage: Die IG-Metall-Spitze ist noch zu gemeinsamen Beschlüssen fähig. Doch gemach: Von Einigkeit kann keine Rede sein. Die internen Konflikte schwelen unter der Decke weiter. Auch wenn der Vorschlag, die Wahl des Gewerkschaftschefs und seines Vizes vorzuziehen, im geschäftsführenden Vorstand einstimmig getroffen urde, so zeugt dies nicht unbedingt von der Einsicht der Kontrahenten, dass es an der Zeit wäre, das Kriegsbeil zu begraben. Ausschlaggebend war vielmehr der sich in den vergangenen Tagen immer deutlicher artikulierende Zorn der Mitglieder über das unwürdige Schauspiel, das die oberen Funktionäre boten. Die Basis hat dem Überbau Beine gemacht."

Demgegenüber warnt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG davor, Vize-Chef Jürgen Peters zu unterschätzen:

"Jürgen Peters ist nicht ganz so holzköpfig wie er derzeit dargestellt wird; er ist halt, ob einem das passt oder nicht, der Typus des redegewaltigen Arbeiterführers. Daran ist im Übrigen die Regierung Helmut Kohl nicht unschuldig. Hätte diese im Frühjahr 1996 das Bündnis für Arbeit nicht platzen lassen, hätte erstens Peters nicht die an der Gewerkschaftsbasis populäre Rolle des Rächers der Enterbten einnehmen, zweitens Klaus Zwickel die von ihm damals eingeleitete Konsens-Politik fortsetzen und drittens die Erneuerung der Gewerkschaft schon damals beginnen können. Womöglich hätte die jüngste deutsche Geschichte einen anderen Verlauf genommen."

Themenwechsel: Es kommt selten vor, dass DIE WELT lobende Worte für den Bundeskanzler findet, doch in der Debatte über die Steuerreform ist genau das der Fall:

"Kanzler Schröder weiß zu überraschen. Erst verweigert er der Union ein detailliertes Finanzierungskonzept für vorgezogene Steuersenkungen, und plötzlich kann es ihm damit nicht schnell genug gehen. Noch in dieser Woche soll sein Kassenwart einen stimmigen Mix aus Schulden, Privatisierung und zusätzlichen Subventionskürzungen erarbeiten. Viel wird dabei nicht rumkommen. Immerhin hat Eichel die dicksten Subventionsbrocken bereits zur Konsolidierung seines Haushalts verfrühstückt. Doch es wird reichen, um erneut einen Keil in die Reihen der Union zu treiben."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder sieht in dieser Frage die Unionsparteien bereits in der Defensive:

"Die Union tut sich vor allem deshalb so schwer, weil, was immer sie auch tut, die Gewinn- und Verlustrechnung im internen Machtgerangel bei den beteiligten Merkel, Merz, Stoiber, Koch höchst unterschiedlich ausfällt und es der Vorsitzenden nicht gelingt, die Reihen hinter sich zu disziplinieren. Die Union hat ein Führungsproblem, das sich bei jeder halbwegs gewichtigen Frage immer wieder von neuem stellt."

Zum Schluss beleuchten wir die erste USA-Reise Fischers nach dem Irak-Krieg. Mit Blick auf die Probleme der US-Regierung bei der Rechtfertigung des Kriegs schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG:

"Nichts wäre falscher, als jetzt zu triumphieren. Und doch: wer könnte es Joschka Fischer verübeln, wenn er womöglich klammheimlich Freude empfindet, jetzt, da der deutsche Außenminister das erste Mal seit langem in Washington auf seine alten Kontrahenten trifft. Wer könnte sich nicht an den leidenschaftlichen Ausruf Fischers vor dem amerikanischen Verteidigungsminister Rumsfeld auf der Münchner Wehrkundetagung Ende Januar erinnern: 'I'm not convinced!' ('Ich bin nicht überzeugt!') Er hatte Recht."

Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth sieht den Schwerpunkt der Visite an anderer Stelle:

"Es mag gut sein, dass Washington der Regierung Schröder, wenn sie schon im Irak nicht ran will, auf diese Art eine Erweiterung des Afghanistan-Engagements abluchsen möchte....Vermutlich wird Außenminister Fischer diesem Ansinnen gegenüber positiv reagieren. Natürlich werden auch diese erweiterten Aktivitäten dem Wahlvolk nur häppchenweise verabreicht, hier noch ein Jährchen, da eine Ausweitung des Verantwortungsbereiches der IFOR-Truppen. So ist das eben in der Demokratie - bittere Pillen werden geviertelt, damit das Volk sie besser schlucken kann."