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Pressestimmen von Dienstag, 14. Mai 2002

von Reinhard Kleber14. Mai 2002

Atomabrüstung zwischen USA und Russland / Rau-Rede zu Globalisierung / Lothar Späth in Stoibers Kompetenzteam

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen widmen sich der Vereinbarung der USA und Russlands über den Atomwaffenabbau und der Berliner Rede von Bundespräsident Johannes Rau zur Globalisierung.

Ein weiteres Thema ist die Berufung von Jenoptik-Chef Lothar Späth für ein Superministerium im Falle eines Wahlsieges der Union.

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU lesen wir zur atomaren Abrüstung:

"Der Abbau der Atom-Arsenale, auf den sich die USA und Russland jetzt geeinigt haben, kann die Hinterlassenschaft des Kalten Krieges liquidieren. So hat es der Präsident der USA formuliert. Den Vertrag will er gemeinsam mit seinem russischen Kollegen in zehn Tagen in Moskau unterschreiben. Dann geht es an die Ratifizierung durch die Parlamente, und das wird ein mühsameres Geschäft als die Unterzeichnung mit den Namen George W. Bush und Wladimir Putin.
(...) Es bleibt die Möglichkeit, die in strategischen Planungspapieren enthalten ist: Entwicklung miniaturisierter Atomsprengköpfe für den tatsächlichen Einsatz. Einen Verzicht auf Welt-Hegemonialpolitik leisten die USA nicht."

Der TRIERISCHE VOLKSFREUND führt zu diesem Thema aus:

"Angesichts der geopolitischen Entspannung erscheinen die verbleibenden Rest-Bestände immer noch wesentlich mehr, als für eine wirksame Abschreckung notwendig wäre. Auch enttäuscht, dass ein Teil der Atomwaffen nur eingemottet, aber nicht vernichtet werden soll.
Und völlig unklar ist noch, ob und welche Zugeständnisse Moskau an Bush in Sachen des umstrittenen Raketen-Abwehrschirms machte.
Deshalb verliert der vollmundig verkündete Vertrags-Erfolg von seinem Glanz."

Zur Globalisierungsrede des Bundespräsidenten schreibt die BERLINER ZEITUNG:

"Während der Prozess der Globalisierung die Nationalstaaten dazu zwingt, ihre sozialen Sicherungssysteme Stück für Stück abzubauen, spricht sich Rau umgekehrt dafür aus, das Modell des Sozialstaates ebenso stückweise in der Weltwirtschaft zu realisieren. Mit dieser sozialdemokratischen Vision einer globalen Ökonomie, in der Freiheit und soziale Gerechtigkeit nebeneinander existieren, steht Rau aber
nun keinesfalls unangemessen parteiisch da. Vielmehr sind Außenpolitik und weltweite Wirtschaftspolitik, sofern sie nicht der unmittelbaren Krisenintervention dienen, derart aus dem Blick der Politik gerückt, dass der Bundespräsident mit dieser 'Berliner Rede' einen fast überparteiischen Standpunkt bezieht."

Noch mehr Beifall spendet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Bei den Reden des amtierenden Bundespräsidenten ergeht es dem Publikum nicht selten so, wie einst den Goldwäschern im Wilden Westen: Die mussten viel Sand in die Schüssel schaufeln, bis am Boden ein paar Nuggets liegenblieben. Bei der gestrigen Berliner Rede von Johannes Rau über die Globalisierung war das anders: Es war eine gehaltvolle Rede, eine Rede wider den fatalistischen und gefährlichen Satz: 'Globalisierung - da kann man nichts machen'. Mit diesem Satz werden auch die gröbsten Ungerechtigkeiten als naturgegeben ausgegeben, soziale Sicherungssysteme plattgewalzt und Radikalismen befördert. Rau hat also der deutschen und der internationalen Politik zu erklären versucht, was man machen kann und machen muss, damit aus Angst vor der Globalisierung nicht Gegenerschaft zu Demokratie und Rechtsstaat wird."

Themenwechsel: Zur Nominierung Lothar Späths durch Kanzlerkandidat Edmund Stoiber meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Späth wurde als erster berufen - weil er als erster berufen werden musste. Da er (außer wenn Stoiber die absolute Mehrheit erreicht) nicht wirklich die Chance hat, Superwirtschaftsminister zu werden, kam es darauf an, wenigstens seine Nominierung zum Ereignis zu machen. Als Teammitglied neben anderen hätte der ehemalige Ministerpräsident und Noch-Manager sich ohnehin nicht in die Pflicht nehmen lassen, (...)."

Abschließend zitieren wir die FREIE PRESSE aus Chemnitz zu Lothar Späth:

"Der Schwabe würde im Falle eines Wahlsieges mit dem Job im Stoiber-Kabinett unter gehörigem Erfolgsdruck stehen. Denn die Ostdeutschen verbinden mit Späth die Erwartung, dass sich wieder Wachstum einstellt und die mehr als doppelt so hohe Zahl der Arbeitslosen endlich zurückgeht. Zwar ist Jena nicht Ostdeutschland, aber es wäre zum ersten Mal in der Geschichte der Wiedervereinigung, dass ein Wirtschaftsminister im Bundeskabinett das Sagen hat, der die neuen Länder nicht nur von Stippvisiten kennt. Allein das lässt hoffen und kann mehr bewirken, als den Aufbau Ost zur Chefsache zu erklären."