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Pressestimmen von Dienstag, 14. Dezember 2004

zusammengestellt von Reinhard Kleber13. Dezember 2004

Vorschläge zur Föderalismus-Reform / Debatte über EU-Beitritt der Türkei

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Die Vorschläge zur Neuordnung der Beziehungen von Bund und Ländern fesseln die Leitartikler der deutschen Zeitungen. Ein weiteres Thema ist die wiederaufgeflammte Debatte über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei.

Zur Arbeit der Föderalismus-Kommission lesen wir im Berliner TAGESSPIEGEL:

"Münteferings und Stoibers Vorschläge bringen Bewegung in die Politik. Die Blockade des politischen Verfahrens durch die zu starke Verschränkung von Bund und Ländern wird teils gelockert, teils sogar beseitigt. Der Bundestag wird künftig in vielen Bereichen leichter die eigene Meinung durchsetzen können, weil die Zustimmungsrechte des Bundesrats verringert werden. Die Ausrede, zu der alle Bundesregierungen gerne griffen, um missliebige Vorstöße aus den eigenen Fraktionen abzulehnen - da macht der Bundesrat nicht mit -, greift nicht mehr."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf gibt zu bedenken:

"Die Öffentlichkeit wundert sich, weil Stoiber und Müntefering die strittigsten Fragen noch immer nicht gelöst haben, die Ministerpräsidenten sind sauer, weil sie ihrer Ansicht nach zu wenig bekommen und zu viel abgeben, und die CDU verurteilt das Werk, das immerhin die Handschrift des Vorsitzenden ihrer Schwesterpartei trägt, als unbefriedigend. Die Messlatte, die Ende der Woche an die Reform angelegt wird, ist nicht ihre Radikalität. Es ist schlicht die Frage, ob uns Gezerre wie das um die Reformen der Agenda 2010 in Zukunft erspart bleiben: Verzögerungen, Blockaden und Verschlimmbesserungen, die den Willen des Parlaments und damit der Wähler entwerten."

Angesichts des Meinungsstreits mahnt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zur Geduld:

"Man kann sich die deutsche Staatsorganisation vorstellen als ein gewaltiges Puzzle. Franz Müntefering und Edmund Stoiber haben viele wichtige Teile neu gestanzt und neu gelegt. Ein paar der markantesten Stücke halten sie noch in der Hand. Politik und Öffentlichkeit starren auf die Noch-Leerstellen im künftigen Bild der deutschen Staatlichkeit und streiten darüber, ob die noch fehlenden Teile nun Landes- oder Bundesfarben tragen sollen. Es geht um Hochschulen, innere Sicherheit, Europa. Die Farbgebung dafür ist an sich schon ausgehandelt, aber die Kommissionschefs haben es für klug gehalten, vor dem Schlussakt die Diskussion darüber noch toben zu lassen."

Auch die WELT aus Berlin warnt vor allzu schnellen Urteilen:

"Wenige Tage bevor die Föderalismuskommission über die Vorschläge befinden will, wie sich das Beziehungsgeflecht zwischen Bund und Ländern entwirren läßt, macht sich Enttäuschung breit. Zu der besteht jedoch kein wirklicher Anlaß - denn Skepsis war von Anfang an geboten. Nachdem sich die Kommissionsmitglieder darauf verständigt hatten, die beiden wirklich heißen Eisen, die Neugliederung des Bundesgebiets und die Revision des Länderfinanzausgleichs, gar nicht erst anzufassen, war mit dem großen Wurf nicht mehr zu rechnen. Der nämlich hätte leistungsfähige Länder zur Voraussetzung gehabt, Gebilde also, die aus eigener Kraft bestehen können und wollen. Die wird es auch weiterhin nicht geben. Statt dessen nun die kleine Lösung."

Und nun zum Dauerbrenner Türkei: Mit Blick auf den anstehenden EU-Gipfel zu diesem Thema merkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU an:

"Die EU betritt neues Terrain. Lässt sich der Balkan noch unter der Rubrik Europäische Einigung fassen, so hat eine Aufnahme der Türkei eine ganz andere Qualität. Hier langt die EU weit über Europa hinaus. Es ist ein hegemonialer Griff, getrieben von dem Wunsch, direkt in die muslimische Welt eingreifen zu können. Das kann vernünftig sein. Doch dafür muss es besser begründet werden. Wenn es denn besser begründet werden kann. Den wachsenden Widerstand in vielen europäischen Ländern sollten die Regierungen ernst nehmen."

Die LÜBECKER NACHRICHTEN befassen sich dagegen kritisch mit der Haltung von CDU/CSU:

"Die vor allem von den Unionsparteien entfachte Debatte zum EU- Beitritt der Türkei hat wenig mit den politischen Realitäten, aber viel mit dem Schüren von irrationalen Ängsten und von Vorurteilen zu tun. Zur Klarstellung das Entscheidende: Mindestens zehn Jahre werden die Verhandlungen mit Ankara dauern, bis es zur Aufnahme in die Gemeinschaft kommt. Hier wird nichts übers Knie gebrochen, es bleibt viel Zeit, um Probleme und Missstände zu klären. CDU und CSU wollen offensichtlich auf die platte Tour innenpolitisch punkten."