1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Dienstag, 13. Mai 2003

Reinhard Kleber. 12. Mai 2003

Finanzminister Eichel und die Haushaltskrise / Vereinbarung zu Ganztagsschulen / Attentat in Tschetschenien

https://p.dw.com/p/3cyw

Das Verhalten von Bundesfinanzminister Hans Eichel in der Haushaltskrise des Bundes und die Folgen stehen im Mittelpunkt vieler Kommentar der deutschen Tageszeitungen. Weitere Themen sind die Vereinbarung zu den Ganztagsschulen und der Bombenanschlag in Tschetschenien.

Zum Fall Eichel schreibt der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth:

"Ein Hans im Glück ist Finanzminister Eichel schon lange nicht mehr. Der Mann, der einst Gerhard Schröders Star im Kabinett war und mit der Seriosität einer Schweizer Bank verkündete, 2006 einen Haushalt ohne neue Schulden vorlegen zu wollen, ist auf ganzer Linie gescheitert. Tragisch für Hans Eichel ist, dass er seinen Absturz vom Top- zum Flop-Minister längst nicht alleine zu verantworten hat. Dass all die Zauderer und Zögerer, die sich um Reformen herumdrückten, all die Lobbyisten, die blockierten, in hohem Maße mit schuldig sind an Eichels chronischer Finanzknappheit."

In der AACHENER ZEITUNG lesen wir:

"Der Abbau der Staatsverschuldung und das möglichst rasche Ende der Neuverschuldung sind und bleiben oberste Maßgaben deutscher Politik - und zwar vor Steuererleichterungen. Es kann und darf nicht länger sein, dass man Konsolidierungspolitik als etwas eher Nebensächliches betrachtet, das man, wenn die Situation schwierig wird, immer wieder und mit immer höheren Hypotheken in die Zukunft verschieben kann. (...) Was glaubt diese Republik eigentlich, ihren Kindern und Enkeln zumuten zu dürfen! Rien ne va plus! Und wenn es noch so wehtut!"

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG macht sich Gedanken über den Zustand der Regierung:

"Gewiss, in unserem politischen System ist eine Regierung nicht leicht abzulösen. Auch wenn sie nur noch wenig Vertrauen genießt, reicht das für ein konstruktives Misstrauensvotum im Bundestag nicht aus. Hinzu kommt, dass die Union offenbar auch nicht in der Lage wäre, die Dinge wirklich umzukrempeln. Ein Seitenblick auf ihr Spitzenpersonal zeigt, dass es Angela Merkel noch an Statur, Edmund Stoiber an politischer Zukunft und Roland Koch an Reife fehlt. Besser wäre es mit denen nicht, nur irgendwie anders. Auch mit einer ernsthaften SPD-Revolte, einem Putsch gegen Schröder, ist nicht realistisch zu rechnen."

Zum Thema Ganztagsbetreuung lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN:

"Ganztagsschulen und Betreuungseinrichtungen allein werden die Leistungen deutscher Schüler nicht bessern. Sie sind nicht der erste Schritt auf dem Weg zu einer großen Bildungsreform, wie Bundesbildungsministerin Bulmahn meint, sondern ein sozialpolitisches Instrument für Eltern und Alleinerziehende, die auf eine Betreuung in der Schule angewiesen sind. Schule wird nicht dadurch besser, dass sie in die Länge gezogen wird. Absurd ist auch die Vorstellung Bulmahns, Ganztagsschulen könnten die Koppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg durchbrechen."

Das Berliner Blatt DIE WELT wägt Vorteile und Nachteile der Vereinbarung ab und lenkt den Blick auf eine besondere Zielgruppe:

"Wie die Nachricht von ausländischen Familien aufgenommen wird, ist schwer zu sagen. Sie gelten als die Gruppe, die am meisten von einem Angebot profitieren könnte, das nicht nur Betreuung, sondern Unterricht, vor allem Deutschunterricht, umfasst. Über die Akzeptanz eines erweiterten staatlichen Betreuungsangebots darf man sich aber keinen Illusionen hingeben. Vor allem die traditionsbewusste moslemische Großfamilie sieht den Bedarf eines institutionalisierten Nachmittags nicht. Dafür gibt es Mütter, Großeltern, Geschwister, Tanten. Diese Gruppe zu erreichen, ohne hoheitlichen Zwang anzuwenden, dürfte die größte Herausforderung des Projekts sein."

Zum Schluss zitieren wir die FRANKFURTER RUNDSCHAU zu dem Bombenattentat in Tschetschenien:

"Einen Kamas-Lastwagen mit rund tausend Kilogramm Sprengstoff mitten in das örtliche Verwaltungszentrum und vor die Tür des Geheimdienst-Hauptquartiers zu fahren und dort ein paar Dutzend Beamte und Zivilisten umzubringen, das dementiert die amtliche Version nachhaltig, der Terrorismus sei im Prinzip besiegt. (...)Die Täter haben das Ziel erreicht, durch eine Mordtat die Moskauer Lesart der Entwicklung zu widerlegen. Doch kriminelle Handlungen dieser Art ersticken die Argumente der wirklich Friedenswilligen und verlängern den Krieg, weil sie die Gegenseite zu größerer Härte und neuen «Säuberungen» aufstacheln."