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Pressestimmen von Dienstag, 11. Januar 2005

zusammengestellt von Bernhard Kuemmerling10. Januar 2005

Wahl des Palästinenser-Präsidenten / Parteien-Streit über Fluthilfe

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Die Wahl von PLO-Chef Mahmud Abbas zum neuen Palästinenser- Präsidenten ist das zentrale Thema der Kommentare in der deutschen Tagespresse. Beachtung findet auch der Streit über die deutsche Fluthilfe.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt:

"Für die USA und die Europäische Union warten im Nahen Osten echte Herausforderungen, denn nur in einem geschickten Zusammenspiel beider Akteure können Vermittlungsversuche zu Fortschritten führen. Aber auch hier gibt es wenig Grund für Optimismus, denn selbst wenn die Bush-Regierung den Nahen Osten nun wieder in den Blick nimmt, bleibt die Parteinahme einseitig? Zu Gunsten Israels. Die Europäer sind bislang in der Nebenrolle des Geldgebers gefangen und müssen sich in den nächsten Monaten anstrengen, um die angestrebte bedeutendere Rolle in der Region auch auszufüllen."

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München lesen wir:

"An der Ausgangslage des Nahost-Konflikts hat sich bisher nur ein einziger Punkt verändert: Der alte, unberechenbare Palästinenser-Führer Jassir Arafat sitzt nicht mehr mit am Tisch. Mit seinem Tod steht aber die Nagelprobe an für Israelis und Amerikaner. Sie hatten Arafat als personifiziertes Friedenshindernis für den Stillstand der Verhandlungen verantwortlich gemacht. Folglich stehen sie bei seinem Nachfolger in der Bringschuld."

Die WETZLARER ZEITUNG kommentiert:

"Die Palästinenser haben mit der Wahl von Abbas einen ersten Schritt auf dem langen Weg zum Frieden getan. Jetzt ist Scharon am Zug. Die Freilassung palästinensischer Gefangener, der Rückzug des israelischen Militärs - das wären erste Schritte, die Abbas Autorität als Präsident stärken und ihm eine politische Einbindung der Hamas erleichtern würden. Und seine eigene Position in der gerade neu gegründeten großen Koalition stärkt Scharon auf diese Weise auch noch."

Im Düsseldorfer HANDELSBLATT heißt es:

"Sein deutlicher Wahlsieg beschert Mahmoud Abbas ein klares Mandat als neuer Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde. Denn die Palästinenser wussten, welche Politik Abbas einschlagen will, hat er ihnen doch von Anfang an seine Absichten nicht verheimlicht. Er kritisierte die Militarisierung der Intifada, verurteilte den Terror, distanzierte sich vom Einsatz von Gewalt und setzte sich für Verhandlungen mit Israel ein. Die Intifada, für Abbas ein Fehler, habe alles zerstört, was die Palästinenser in den vergangenen Jahren aufgebaut hätten. Damit hat er die meisten seiner Landsleute davon überzeugt, dass Israel nicht mit Selbstmordattentaten besiegt werden kann. Deshalb haben die Palästinenser unmissverständlich für einen Wechsel votiert."

Themenwechsel. Zum Parteien-Streit über die Fluthilfe bemerkt der Kommentator der KIELER NACHRICHTEN:

"Die Bundesregierung findet den Niedersachsen Christian Wulff herzlos. Warum, das weiß Heide Simonis: Weil der Mann an der Stelle, wo andere Menschen ihr Herz tragen, eine Registrierkasse habe. Diesen Ausflug in die Anatomie des Menschen könnte man geschmacklos nennen, wenn die Regierung dieses Adjektiv nicht schon an den Bayern Edmund Stoiber vergeben hätte. Vom guten Vorsatz der Parteien, angesichts der verheerenden Flutkatastrophe im Landtagswahlkampf gedämpftere Töne anzuschlagen, ist wenig geblieben. Die Flutwelle ist im deutschen Wahlkampf angekommen. Alles andere wäre eine Überraschung gewesen."

Zum Schluß noch ein Blick in die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg:

"Wenn der alte Satz noch gilt: Wer schnell hilft, hilft doppelt, dann kann man den Kanzler und seinen Finanzminister ob ihres effizienten Mitteleinsatzes nur gratulieren. Da macht sich, ganz wertfrei gesagt, Flut-Erfahrung bemerkbar. Ein Edmund Stoiber, als Bayer eher spezialisiert auf politischen Steinschlag, wandelt, ganz ähnlich wie an Oder und Elbe 2002, erneut in der breiten Stiefelspur Schröders. Mehr noch: Diesmal hält er sogar den zweiten Lehrsatz der politischen Nächstenliebe an die eigene Schläfe: Wer in der höchsten Not zuerst nach Taschenrechner und Deckungsvorschlägen ruft, der verpulvert politisch nicht nur die Hälfte seiner Barmherzigkeit. Er demonstriert, dass er ungern gibt und offenbart sich im falschen Moment ganz als Kind des Zeitgeistes: Aber in diesem Falle ist Geiz nicht geil, sondern nur dumm.