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Pressestimmen von Dienstag, 10. Februar 2004

zusammengestellt von Walter Lausch. 9. Februar 2004

Reformdiskussion in der SPD/ Situation der Union/ Demokratischer Wahlkampf in den USA

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Trotz des Rückzugs des Kanzlers vom Amt des Parteivorsitzenden geht die Diskussion über die Reformpolitik innerhalb der SPD weiter. Auch bei der Union sorgt der Schachzug des Kanzlers für Diskussions- bedarf. Die Folgen der Entscheidung von Gerhard Schröder und die Kandidatenkür der Demokraten in den USA sind die Themen dieses Blickes auf die Kommentarseiten der deutschen Tageszeitungen.

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER schreibt zum Zustand der SPD:

"Trotz großer Zustimmung kann sich nicht einmal Franz Müntefering als designierter Parteichef einer gewissen internen Solidarität seiner Genossen sicher sein. Es gehört offensichtlich zum sozialdemokratischen Selbstverständnis, dass Politiker der dritten Reihe ihre Chance nutzen, das zu wiederholen, was sie schon immer gesagt haben. Aber wenn der Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Harald Schartau, schon am dritten Tag der neuen SPD-Zeit fordert, die mühsam beschlossene Gesundheitsreform wieder aufzudröseln, so spricht das für wenig Einsicht in die Notwendigkeit des eben erst beginnenden Reformprozesses."

Die Münchener "TZ" sieht die SPD in einem Dilemma:

"Die SPD ist derzeit in einer verwirrenden Situation. Egal in welche Richtung sie dreht - die Kritiker stehen überall. So wie er die Reformen anging, führte das zum Ende des Parteivorsitzenden Schröder. Statt des ruppigen Gerd jetzt also der nette Franz. Müntefering hält wenigstens ein paar Zuckerl für die Parteiseele bereit. Findet Franz der Gute einen Kuschelweg durchs dornige Gestrüpp der Reformen? Das Dumme ist nur, dass es kein kastriertes Reförmchen sein darf, was Deutschland voranbringt. Wenn die SPD jetzt hier nachlässt, steht ihr noch größerer Ärger ins Haus. Die Sozialdemokraten haben sich zu einem Gordischen Knoten verschlungen."

Der TRIERISCHE VOLKSFREUND konstatiert für die Union eine leichtere Ausgangslage:

"Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sollte Bundeskanzler Gerhard Schröder einen großen Blumenstrauß schicken. Als Dankeschön dafür, wie der Kanzler mit seinem angekündigten Rückzug vom SPD-Vorsitz ihr, der CDU-Chefin, das Leben für die nächsten Wochen erleichtert hat. Niemand spricht noch groß vom unionsinternen Reformzoff, selbst der Aufreger-Vorschlag von Fraktionsvize Friedrich Merz, die Mehrwertsteuer zur Finanzierung einer Gesundheitsprämie zu erhöhen, ist weitestgehend sang- und klanglos im Nachrichtennichts verschwunden. So lässt sich als Oppositionsführerin wahrlich gut opponieren."

Ganz anders sieht dies die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder:

"Das Revirement an der SPD-Spitze trifft die Union ziemlich unvorbereitet. Da ist zum einen die ungelöste Führungsfrage. Wer ist Kanzlerkandidat? Das gilt auch für die inhaltlichen Positionen, wo in zentralen Fragen wie Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Reform der Kranken- und Pflegeversicherung oder der Steuerpolitik die Differenzendemonstrativ hervorgehoben werden."

Den Wahlkampf der Demokraten in den USA greift der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg als Thema auf:

"Wie alarmiert Bushs Stab von den Umfragewerten ist, die erstmals seit langem die Demokraten knapp in Führung sehen, zeigt die jüngste Charme-Offensive des Weißen Hauses. Doch wenn schon beim Aufwärmtraining derart nervöse Anspannung herrscht, dann gehört nicht viel Fantasie dazu, um ein ruppiges Duell vorherzusagen. Das Ringen um die Prognose-Prozente dürfte zu einer gigantischen medialen Materialschlacht ausarten. Mit Vorteil für den Titelverteidiger: Bush verfügt schon jetzt über den größten Wahlkampfetat aller Zeiten. Ob das sein riesiges Defizit in den öffentlichen Kassen vergessen machen kann, müssen die Wähler entscheiden. Beim Endspiel am 2. November."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER analysiert die Chancen von John Kerry gegen Bush:

"Von Kerry wissen die wenigsten, was er programmatisch will. Aber Kerry sieht aus wie ein Präsident, ist ein hochdekorierter Kriegsheld und erfahrener Senator. Doch verschenken die Demokraten mit Kerry wahrscheinlich die Chance, eine scharf konturierte Alternative zu Bush anzubieten. Die Hoffnung, die sich mit einem Kandidaten wie Kerry verbindet, besteht darin, Wechselwähler der Mitte zu gewinnen. Doch die Gefahr in seiner Kandidatur, wenn er sie erlangt, liegt darin, dass er womöglich die eigene Basis nicht so mobilisieren kann wie ein linker Kandidat, der sich die weit verbreitete Anti-Bush- Stimmung in der Partei besser zu Nutze machen könnte."