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Presseschau von Samstag, 25. Januar 2003

zusammengestellt von Herbert Peckmann24. Januar 2003

Deutsche Haltung zur Irak-Frage / Hundert Tage Rot-Grün

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Die Irak-Frage und die jüngsten Irritationen im deutsch- amerikanischen Verhältnis beherrschen wieder die Kommentare in den deutschen Tageszeitungen. Innenpolitisches Hauptthema ist die 100-Tage-Zwischenbilanz der Neuauflage der rot-grünen Bundesregierung.

Zunächst zu den Äußerungen von US-Verteidigungsminister Rumsfeld, der Deutschland und Frankreich als Vertreter eines alten Europas bezeichnet und die beiden Staaten wegen ihrer Haltung im Irak-Konflikt ein Problem genannt hatte. Die SAARBRÜCKER ZEITUNG meint:

"Deutschland und Frankreich als altersschwach, also politisch senil, zu deckeln, das kann nur dem Hirn eines Falken entspringen, dessen Weltbild und Gesamtstrategie von der einen fixen Idee geprägt sind: Der politischen Allmacht der USA, der sich alles gefälligst zu fügen hat. Mit dem Geist der Aufklärung, von dem Amerika doch so gerne filibustert, wenn es meint, mal wieder irgendwo auf dieser Welt für Menschenwürde und Freiheitsrechte auftreten zu müssen, damit hat Rumsfelds Geballere nichts zu tun. Hüten wir uns aber, Dummheit und Hybris mit gleicher Münze heimzuzahlen. Die in Jahrzehnten gewachsene transatlantische Freundschaft, sie sollte nun nicht wie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG weist auf Fehler diesseits und jenseits des Atlantiks hin. Das Blatt schreibt:

"Es wäre gut, wenn die Bush-Truppe lernte, dass Führung sich ganz gut mit Respekt für die Verbündeten verträgt und dass nicht aus jedem europäischen Argument Schwäche und 'Beschwichtigung' triefen. Auch hier zu Lande müssen die Politiker begreifen, dass Partner nur sein kann, wer mehr zu bieten hat als Gemaule, Problemleugnung und Selbstgefälligkeit."

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock befürchtet Deutschlands indirekte Beteiligung an einem möglichen neuen Golfkrieg. Dort heißt es:

"Schröder verspricht Frieden. Per Bündnisräson aber würde die Bundesrepublik sich faktisch, wenn es denn soweit käme, an einem bislang kaum zu rechtfertigenden Krieg beteiligen. Und nicht nur ein bisschen. Dabei verbietet Artikel 26 des Grundgesetzes die Teilnahme an einem Angriffskrieg, nennt sie strafbar und verfassungswidrig. Für die Regierung wird es so oder so zu einer Zerreißprobe kommen. Wenn nicht mit den allermeisten Partnern in der Nato, dann mit den Pazifisten in der rot-grünen Koalition."

Damit weiter zur Innenpolitik: Die ersten hundert Tage der Neuauflage der Regierung von SPD und Grünen kommentiert der Kölner EXPRESS:

"Hundert Tage Rot-Grün - für CDU-Chefin Merkel und FDP ein willkommener Anlass, die Politik Schröders in die Tonne zu kloppen. In der Tat: die Bilanz des Kanzlers ist alles andere als rosig, der Zorn vieler Bürger verständlich. Kaum Wachstum, Massenarbeitslosigkeit, Pleiten, höhere Steuern und Schulden. Zu Beginn des Jahres steht der einstige Musterknabe Europas wie ein armer Schlucker da."

Die Zeitung DIE WELT sieht es ähnlich kritisch:

"Immer mehr Menschen zweifeln inzwischen daran, dass diese Regierung den Problemen noch gewachsen ist. Aber die Zweifel richten sich nicht nur gegen die politischen Instrumente, die Gesetze und Kommissionen, deren Tauglichkeit infrage steht. Die Zweifel gelten auch dem ernsthaften Willen, der Durchsetzungskraft und dem Stil dieser Regierung. ... Die Kriegsgefahr im Irak und die Angst der Menschen davor hat einmal einen politischen Stimmungsumschwung im Land bewirkt; ein zweites Mal wird er nicht kommen. Die dunklen Wolken, die sich außenpolitisch zusammenziehen, können die eigene, schlechte Bilanz nicht mehr verdecken helfen. Diese Arbeitslosigkeit ist die Quittung für eine falsche Politik."

Und schließlich die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt:

"Statt eines Aufbruchsignals droht rapider Anstieg der Arbeitslosigkeit - und es geht bereits um das Überschreiten der Viereinhalb-Millionen-Grenze. Dementsprechend sank die Stimmung vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen. Ohne dass die CDU glaubhaft bessere Rezepte dagegen setzen kann, schwebt sie derart auf der Woge rot-grüner Ablehnung, dass sie sich nicht nur Hoffnungen auf den Wahlsieg macht, sondern auf komfortable Alleinregierung mit absoluter Mehrheit. Mit einer solchen Verschiebung der Macht im Bundesrat ist auch die Zeit abgelaufen, da Kanzler Schröder nur ein paar Länder ködern braucht, um seine Vorhaben trotz des Widerstandes der gesamten Opposition durchzubringen."