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Presseschau von Montag, 23. Dezember

Martin Muno22. Dezember 2002

Hubschrauber-Absturz //Kanzleramts-Papier

https://p.dw.com/p/31F0

Im Blickpunkt der Kommentatoren deutscher Tageszeitungen steht an iesem Montag neben dem Strategiepapier aus dem Kanzleramt mit Vorschlägen zu einer Reform der Sozialsysteme vor allem der Absturz eines Bundeswehrhubschraubers in Afghanistan.

Dazu schreibt die in Potsdam herausgegebene MÄRKISCHE ALLGEMEINE:

"Der Tod der sieben deutschen Soldaten unweit von Kabul macht auf dramatische Weise deutlich, dass es sich bei dem erst am vergangenen Freitag verlängerten Isaf-Mandat nicht um eine Routine-Übung handelt: Der Einsatz in Afghanistan ist ein Ernstfall mit maximaler Beanspruchung für Menschen und Material."

Der Bonner GENERALANZEIGER fragt, ob der Unglücks-Hubschrauber sicher genug war:

"Untersucht werden muss, ob die seit 1973 von der Bundeswehr genutzten Maschinen noch in vollem Umfang einsatzbereit sind. Sie gelten zwar als verlässliche Lastesel der Luft, sind aber sehr betagte Geräte, was ja auch für viele andere Ausrüstungen der Bundeswehr gilt. (...) Höchst vorsichtig muss man allerdings mit vorschnellen, an Schuld erinnernde Zuweisungen in Richtung irgendwelcher politischen oder militärischen Verantwortlichen sein."

Das sieht der Kommentator der WELT ganz anders:

"Die deutschen Soldaten müssen bei ihren Auslandseinsätzen bestmöglich ausgerüstet werden (...). Das aber setzt voraus, ihnen die modernsten Waffen und Geräte zur Verfügung zu stellen, die es gegenwärtig gibt. Gerade darin besteht eine der Hauptschwächen der Bundeswehr. Schon lange ist sie nicht mehr in der Lage, die Soldaten
so auszustatten, wie es notwendig wäre. Die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung. Seit Jahren entzieht sie der Truppe zu Lande, zu Wasser und in der Luft die nötigen Mittel und zwingt ihr einen Sparkurs auf, der Deutschlands Stellung im Bündnis schwächt, von dem Risiko für die Soldaten ganz zu schweigen."

Eine solche Kritik wird von der THÜRINGER ALLGEMEINEN an den Pranger gestellt:

"Die Wrackteile der abgestürzten Maschine qualmten noch, da meldeten sich die ersten Experten mit Ferndiagnosen zu Wort. Aufgescheucht vom adventlichen Kaffeetrinken im Kreise der Lieben, haben sie nicht nur einen klaren Fall der unzulänglichen Ausstattung der Bundeswehr erkannt, sondern auch die Chance, sich ins Gespräch zu bringen. Obwohl der Hubschraubertyp genauso bei den keineswegs an Geldknappheit leidenden Amerikanern fliegt. Und obwohl einiges für einen Unfall spricht. Dass hat wenig mit Sachkenntnis, aber viel mit Lobbyismus zu tun."

Themenwechsel: Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG befaßt sich mit den Diskussionen um das Strategiepapier aus dem Kanzleramt, in dem drastische Reformen der Sozialsysteme angedacht werden.

Wir lesen: "Das Strategiepapier des Kanzleramts mit seinen Passagen zur Gesundheitsreform zeigt, dass Gerhard Schröder die neue Mitte wieder entdeckt hat: im Einzugesbereich der Union und der FDP. Das
Regierungsprogramm ist damit Makulatur. Der CDU-Sozialexperte Horst Seehofer kann sich zu Recht die Hände reiben. Das Strategiepapier liest sich wie ein Koalitionsangebot, über das die Union nicht einmal zu verhandeln braucht, weil es alle ihre Reformrezepte
enthält."

Für die FRANKFURTER RUNDSCHAU wirft das Konzept viele Fragen auf:

"Was bezweckt das Kanzleramt mit dem Papier? Soll mit starken Worten einfach Handlungswille demonstriert werden, wie CDU-Chefin Angela Merkel vermutet? Oder soll nur die öffentliche Reaktion auf harte Reformschritte getestet werden (...)? Welche Rolle spielt Ministerin Ulla Schmidt? Welche die Rürup-Kommission? Darauf hätte man gerne eine Antwort."

Die Ludwigshafener RHEINPFALZ meint:

"Die Diskussion innerhalb der Union über das Strategiepapier der Bundesregierung ist bezeichnend: Zeigt sie doch, wie unbeweglich die großen deutschen Volksparteien geworden sind, wenn es darum geht, den Sozialstaat von Grund auf zu sanieren. Mutige Vorschläge von Seiten der Reformer werden sofort wieder platt gemacht, weil man ängstlich auf den Wähler schielt, der Eingriffe in seinen Besitzstand angeblich mit Stimmentzug bestraft. Dieser Logik folgen derzeit SPD und Union. Deshalb das unsägliche Hin und Her bei den
Sozialreformen. Dabei ist noch gar nicht ausgemacht, ob das Volk so unbeweglich ist, wie ihm die Parteistrategen unterstellen."