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Presseschau von Montag, 13. Januar

Gerhard M Friese12. Januar 2003

Europa und der Krieg gegen den Irak / Die Festnahme mutmaßlicher El Kaida Mitglieder in Deutschland / Die Begnadigungen im US-Staat Illinois

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Die zunehmende Distanz europäischer Regierungen gegenüber einem möglichen Krieg gegen den Irak, die Begnadigung von 167 zum Tode verurteilter in Illinois und die Festnahme zweier mutmaßlicher El Kaida Mitglieder in Deutschland beschäftigen an diesem Montag die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen.


Eine Entwarnung für einen möglichen Krieg gegen den Irak vermag die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München nicht zu sehen:

"Manche Europäer hoffen, ja träumen davon, dass sich alle Beteiligten - Iraker, Amerikaner und die Weltgemeinschaft - doch noch gütlich auf ein neues Inspektionsregime im Irak einigen und dass auf diese Weise der Krieg vermieden werden kann. Doch für so wünschenswert man das halten mag, es wäre ein fataler Fehlschluss. Ist es wirklich realistisch anzunehmen, dass Washington einen Aufmarsch jetzt noch abbläst und irgendwann in den nächsten Monaten - sorry, nichts für ungut, wir haben uns leider geirrt - den Befehl zum Rückzug erteilt? Bush wird Krieg führen und sich davon nicht abbringen lassen."

Ähnlich der WESER-KURIER aus Bremen:

"Was aber, wenn Bush den Sicherheitsrat vor die gleiche Alternative stellt wie die UN-Vollversammlung im vergangenen September: mit den USA oder Abstieg in die Einflusslosigkeit? Die Europäer könnten wieder einmal Opfer ihres eigenen Wunschdenkens werden, weil sie standhaft ignorieren, dass Bush die Koordinaten US-Außenpolitik längst verschoben hat. In der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie wird eindeutig dargelegt, dass die Vereinten Nationen für die US-Regierung nur noch eine untergeordnete Rolle spielen."


Die FRANKFURTER RUNDSCHAU blickt auf die deutsche Position:

"In Frankreich wächst der Widerstand und selbst beim engsten Alliierten der USA, bei den Briten, mehren sich die kritischen Töne. Eine zweite Resolution vor einem eventuellen Militärschlag halten praktisch alle großen UN-Staaten für zwingend geboten. Und plötzlich scheint vorstellbar, dass sich, vielleicht nur für einen Moment, ein historisches Fenster öffnen und ein Krieg doch noch vermieden werden könnte. Nicht außenpolitisch isoliert stünde somit das rot-grün regierte Deutschland da, sondern in exakt jener europäischen Phalanx, die unabdingbar ist, um die USA von ihren Kriegsplänen abzuhalten."


Im Kampf um die Todesstrafe hat der scheidende Gouverneur des US-Staates Illinois klar Position bezogen. Dazu meint die Berliner Zeitung DIE WELT:

"Die Todesstrafe ist unamerikanisch, weil sie die Unfehlbarkeit einer staatlichen Institution postuliert. Sie ist unamerikanisch, weil sie in der Praxis entgegen der Verfassung Schwarze, Latinos und Arme aller Rassen diskriminiert. Amerikas Demokratie basiert auf dem Misstrauen gegenüber dem Staat, auf der Revidierbarkeit aller Entscheidungen... Es ist zu hoffen, dass der Stolz und der Gerechtigkeitssinn der US-Bürger das bewirken, was das Mitleid nicht vermag: die Ächtung der Todesstrafe."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt:

"Neben den primitiven Gründen(...) wird immer behauptet, die Aussicht auf die Todesstrafe wirke abschreckend auf potenzielle Täter... Mit solchen Thesen und Gegenthesen hat sich Gouverneur Ryan in Illinois vernünftigerweise nicht aufgehalten. Vielmehr begründete er seine Entscheidung mit dem überzeugendsten Sachargument gegen die Todesstrafe: Menschen sind fehlbar. Und deshalb ist auch das ordentlichste Gerichtsverfahren nicht vor Irrtümern gefeit. "


Mit der möglichen Auslieferung der beiden in Frankfurt am Main verhafteten mutmaßlichen El Kaida Mitglieder befasst sich die in Düsseldorf erscheinende WESTDEUTSCHE ZEITUNG:

"Die USA werden Gründe haben, sich dieser Männer zu bemächtigen, gewiss. Aber halten die einer Prüfung stand, die rechtsstaatliche Standards ernst nimmt? Nähmen wir unsere eigenen Maßstäbe ernst, verböte sich wohl eine Auslieferung. Terrorverdächtigen wird in den USA kein rechtsstaatliches Verfahren garantiert, schlimmstenfalls verschwinden sie für Jahre rechtlos auf Guantanamo. Die Bundesregierung wird sich gleichwohl dem US-Auslieferungsbegehren kaum widersetzen können... Der Rechtsstaat - so hören wir immer wieder - werde im 'Krieg gegen den Terror' verteidigt. Manchmal allerdings drängt sich der Eindruck auf, er war schon sein erstes Opfer."