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Presseschau von Freitag, 5. September 2003

Daniela Tepper4. September 2003

Bundespräsident Rau tritt nicht mehr an / Neuer UN-Resolutionsentwurf für Irak / Treffen Schröder-Chirac

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Die deutsche Tagespresse beschäftigt sich in ihren Kommentaren an diesem Freitag vor allem mit dem Verzicht von Bundespräsident Rau auf eine zweite Amtszeit. Außerdem geht es um den US-Entwurf für eine neue Irak-Resolution. Und in Dresden haben sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Präsidenten Jacques Chirac getroffen.

Zur Ankündigung von Rau, nicht mehr zur Wahl des Bundespräsidenten antreten zu wollen, schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Trost wird Rau zum Ende seiner Amtszeit nicht brauchen; dass keine zweite auf ihn wartet, ist Pech für ihn, aber kein Unglück. Er hat das Amt des Bundespräsidenten auf kluge, gute und wohltuende Weise geführt. Rau hätte durchaus Lust gehabt auf die zweite Amtszeit. Aber die Zeit war nicht danach. Persönlich musste er sein Alter bedenken und politisch das Risiko, als amtierender Präsident wegen anderer Mehrheitsverhältnisse abgewählt zu werden. Man hätte es ihm wünschen können, dass die respektable Leistung als Präsident durch den Wunsch aller Parteien nach einer Verlängerung Anerkennung gefunden hätte.'

Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus zeigt sich kritischer:

'Wer den Bundespräsidenten beobachten konnte in den letzten Monaten, wird sich seine Gedanken gemacht haben darüber, ob denn weitere fünf Jahre im Amt überhaupt gut gewesen wären für diesen 72-jährigen. Dass er selbst dies nicht rechtzeitig erkannte und den Eindruck erweckte, auf andere politische Mehrheiten zu hoffen, wirft einen Schatten auf diese ansonsten überaus respektable Präsidentschaft. Mit dem Abschied von Rau ist jetzt das Rennen um die Nominierung eröffnet.'

Zum amerikanischen Vorschlag für eine neue Irak-Resolution meint DIE WELT aus Berlin:

'Auch die härtesten Kritiker der US-Politik müssen einräumen: Präsident George. W. Bush geht auf die UNO zu und ändert damit seinen bisherigen Kurs. Der Irak soll mindestens zu einem Teil unter das pauschale Mandat der Vereinten Nationen gestellt werden und die Perspektive rascher Selbstverwaltung bekommen. Seien die Motive dahinter eher taktisch oder doch grundsätzlich - wenn die USA ihre bisherige Linie derart überdenken, haben vor allem diejenigen Grund, dasselbe zu tun, die zuvor am lautesten dieses Umsteuern Washingtons gefordert haben.'

Die OFFENBACH-POST sieht in dem neuen Entwurf ebenfalls ein Entgegenkommen der USA:

'Nach dem vermeintlichen Sieg zeigten die Alliierten den UN selbstbewusst die kalte Schulter. Nun hat sich das Blatt gewendet: Nachdem täglich GIs sterben und die Kosten für das Irak-Abenteuer in astronomische Höhen steigen, sucht Washington die Unterstützung der Weltgemeinschaft - ein Offenbarungseid. Die Supermacht ist überfordert. Das peinliche Eingeständnis ist auch eine persönliche Niederlage für Präsident George W. Bush, der die Lage schlicht falsch eingeschätzt hat. In den jetzigen Wahlkampfzeiten gerät er damit zwangsläufig unter Druck.'

Bei dem Treffen zwischen Bundeskanzler Schröder und dem französischen Präsidenten Chirac ging es auch um Einsatzmöglichkeiten europäischer Soldaten im Irak.

Dazu kommentiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

'Frankreich schließt seine Mitwirkung, auch eine militärische, bei der Befriedung, bei der Stabilisierung und beim Wiederaufbau des Iraks keineswegs aus - es macht sie nur von weit reichenden Bedingungen abhängig. Die Bundesregierung dagegen hat jegliche militärische Hilfestellung im Irak bisher kategorisch abgelehnt. (...) Berlin bleibt also bei seiner Selbstbindung im diplomatischen Abseits, während Paris sich Bewegungsspielräume öffnet und Verhandlungsmasse auf den Tisch legt. Das ist kein Unterschied in der Substanz; aber die Differenzen in der Taktik weisen doch darauf hin, dass Deutsche und Franzosen im Irak nicht die gleichen Interessen und Ziele haben.'

Dagegen betont der KÖLNER STADTANZEIGER die Gemeinsamkeiten in dieser Frage:

'(...) es fällt auf, dass Gerhard Schröder und der französische Staatspräsident Jacques Chirac in ihrer Kritik vor allem einen klareren politischen Kurs fordern. Sie sprechen sich für eine 'Irakisierung' der Regierung in Bagdad aus, um den Besatzungseindruck zu löschen. Zu einer Beteiligung drängt es weder Deutsche noch Franzosen. Doch ob sie sich einer solchen auf Dauer entziehen können, ist zumindest fraglich. Ihr Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat lassen deshalb auch beide Regierungen noch offen.'