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Presseschau von Dienstag, 7. Januar

Bernhard Kuemmerling6. Januar 2003

Tarifkonflikt im Öffentlichen Dienst / Lage der FDP / Chaos-Flieger

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Die gescheiterte Schlichtung im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst ist beherrschendes Kommentar-Thema der Tageszeitungen. Beachtung findet auch der Zustand der FDP sowie der Chaosflug über Frankfurt.

Zunächst zum drohenden Streik im Öffentlichen Dienst. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München meint:

"Länder und Kommunen, also die wichtigsten Arbeitgeber im Öffentlichen Dienst, können einfach nicht mehr Geld für Personal ausgeben. Alles, was jetzt erstreikt wird, beschleunigt den Abbau von Personal und öffentlichen Dienstleistungen. Auch betriebsbedingte Kündigungen bei kommunalen Betrieben schließen manche Kämmerer nicht mehr aus. Schon das Angebot der Arbeitgeber war vor diesem Hintergrund eigentlich viel zu großzügig. ...Ökonomisch gesehen droht ver.di mit einem Streik für schlechtere öffentliche Dienstleistungen und weniger Stellen. Die Strategie richtet sich gegen die Beschäftigten selbst. Im Interesse der Volkswirtschaft müssen die Arbeitgeber daher hart bleiben - selbst wenn es scheinbar nur um 1,5 Milliarden geht."


In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt es:

"Ziel der Schlichter war und ist es, einen Streik zu vermeiden. Das wird allerdings wohl nicht gelingen: Die Arbeitgeber haben ihre Empfehlung scharf zurückgewiesen, und ver.di wird kaum einen Abschluss akzeptieren, der aus ihrer Sicht schlechter als der Vermittlungsvorschlag ist. Ob die harte Haltung der Arbeitgeber zu dem von ihnen gewünschten Ziel führt, darf bezweifelt werden. Auch beim großen Streik im öffentlichen Dienst von 1992 lehnten die Arbeitgeber den Schlichterspruch zunächst ab - und mussten ihn nach dem Arbeitskampf dann doch akzeptieren."


Auch die STUTTGARTER NACHRICHTEN halten Streiks für immer wahrscheinlicher:

"Die Retter in letzter Not sind gescheitert. Die Schlichter Koschnick und Lehmann-Grube haben alles versucht, um die unvereinbaren Forderungen unter einen Hut zu bringen. Doch offenbar ist das ohne Erzwingungsstreik nicht möglich. Dabei werden alle nur verlieren - Gewerkschafter, Arbeitgeber und Bürger."


Und nun zur FDP und ihrem Vorsitzenden Guido Westerwelle:

Die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera stellt fest:

"Ratlos steht die FDP vor einem politischen Phänomen. In vielen Politikbereichen setzt sich liberales Gedankengut zur Lösungschwieriger gesellschaftlicher Probleme durch, ohne das die Freien Demokraten damit inhaltlich in Verbindung gebracht werden und davon profitieren können. Während sich der Liberalismus in der Gesellschaft auf dem Vormarsch befindet, verliert die FDP den Anschluss an ihr eigenes Programm; sie stolpert hinterher. Mit seiner Rolle rückwärts in die Programmatik hat Westerwelle die Lehren aus der Wahlpleite gezogen. Sein neuer Kredit dürfte aber nur bis zu den nächsten Landtagswahlen am 2. Februar reichen."


Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG meint zu Westerwelles Rang in der FDP:

"(...)Nach Westerwelles Rede scharte sich die Parteiführung demonstrativ um den Parteivorsitzenden. Westerwelle steht nicht allein, sollte das wohl heißen, bedeutet zugleich aber auch: Er kann allein nicht mehr stehen. Die Zukunft Westerwelles hängt jedoch nicht an einer Rede, sondern an Wahlergebnissen. Seit er die FDP führt, hat sie bislang bei jeder Abstimmung zugelegt. Solange das so weitergeht, kann er bleiben, was er ist. Geredet wurde in Stuttgart, entschieden - zunächst - wird in Hessen und in Niedersachsen."


Zum Schluß noch ein Auszug aus dem Kommentar der PFORZHEIMER ZEITUNG zum Chaosflug über Frankfurt am Main:

"Es ist sicher unzulässig, das Ereignis herunterzuspielen. Die Gefährdung der Bevölkerung war real. Durch die Schließung des Frankfurter Flughafens ist immenser Schaden entstanden. Aber in gewisser Weise kann der Fall als Übung gewertet werden: Evakuierung von Gebäuden und Plätzen sowie behördenübergreifende Kooperation haben funktioniert. Frankfurt hat seine Hausaufgaben nach dem 11. September erledigt. Dennoch bleibt ein starkes Unbehagen. Vor Illusionen sei auch bei der jetzt aufkommenden Debatte gewarnt: Es wird keine hundertprozentige Sicherheit geben. Ein Restrisiko bleibt immer. Daran wird sich auch nach dem Schreck von Frankfurt nichts ändern."