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Presseschau von Dienstag, 28. Januar 2003

Gerhard M Friese27. Januar 2003

Der Bericht der UN-Waffeninspekteure / Staatsvertrag mit dem Zentraltrat der Juden

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Der Bericht der UN-Waffeninspekteure an den Weltsicherheitsrat und der Staatsvertrag zwischen der Bundesregierung und dem Zentralrat der Juden in Deutschland sind an diesem Dienstag die herausragenden Themen auf den Kommentarseiten deutscher Tageszeitungen.

Zum Bericht der Blix-Kommission schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Eine Fristverlängerung für die UN-Inspekteure eröffnet möglicherweise eine Chance: nicht unbedingt dem irakischen Regime, bei dem vermutlich auch der letzte Appell, seine taktischen Spielchen zu beenden, folgenlos bleiben wird, sondern Amerika und seinen Partnern im Sicherheitsrat und vor dessen Tür. Bush und Blair hätten überzeugend darzulegen, warum die vom Irak ausgehende Gefahr so groß ist, dass ein Krieg gerechtfertigt wäre. Die Gegner eines Krieges müssten plausibel machen, wie der Irak effizient und vollständig abgerüstet werden kann - ohne militärische Drohkulisse und ohne letzte Mittel."

Auch der KÖLNER STADT-ANZEIGER fordert mehr Zeit für die Inspektoren:

"So lange die Inspektoren im Irak sind, so viel Professionalität darf man den UN-Spezialisten schon zutrauen, wird Saddams Aufrüstungsmaschine gebremst. Schon darum ist es gut und wichtig, dass die Kontrolleure möglichst lang im Lande bleiben und dass man ihre Zahl noch weiter aufstockt. Jede Rakete, die entschärft wird, jeder Plan, der durchkreuzt wird, kann zur Entschärfung der Situation beitragen. Es geht darum, eine potenzielle Gefahr zu beseitigen, nicht darum, einen vermeintlichen Übeltäter in vorbeugender Notwehr zu eliminieren."


Für die FRANKFURTER RUNDSCHAU gelten inzwischen andere Prioritäten:

"Hinter den Kulissen des UN-Sicherheitsrats geht es längst nicht mehr um Beweislasten oder Beweisführung, sondern um nationale Interessen und diplomatische Positionierung. Hier stehen diejenigen, die einen Zusammenbruch des Bedrohungsszenarios befürchten, gegen diejenigen, die Angst vor dessen zunehmender Eigendynamik haben. Bisher war es einfach, für größeren Druck auf Saddam Hussein zu plädieren, weil sich die Androhung militärischer Gewalt mit der Durchsetzung eines straffen Waffenkontrollregimes in Irak begründen ließ. Doch wenn die Invasionstruppen Ende Februar aufmarschiert sind, stellt sich die Frage, welche Logik denn gilt: der Zeitplan der US- Militärs oder die Anforderungen der UN-Inspektoren."


Themenwechsel: Mit dem Staatsvertrag zwischen Bundesregierung und dem Zentralrat der Juden, der der jüdischen Dachorganisation unter anderm Mittel in Höhe von drei Millionen Euro zusagt, beschäftigt sich der MANNHEIMER MORGEN:

"Ein kleiner Posten im Bundeshaushalt, aber einer mit großem Symbolgehalt. Die Bundesregierung bekennt sich nämlich in einem Augenblick zu den deutschen Juden, in dem deren Zentralrat eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen hat. Der unproportional starke Zuwachs stellt die Gemeinden vor schwer lösbare Probleme. Wer das alles auffangen will, braucht verlässliche Finanzhilfe. Er darf die Unterstützung der jüdischen Kultur von einem demokratischen Staat erwarten, dessen diktatorischem Vorläufer einst kein Verbrechen zu grausam war, um eben dieses Leben auszulöschen. Dies gilt umso mehr, als Deutschlands Juden etwas tun, was in Israel nicht immer auf Verständnis stößt: sich zu ihrer dauerhaften Existenz im 'Land der Täter' zu bekennen."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München meint:

"Die Integration der Zuwanderer, die ein anderes Identitätsgefühl und eine andere Geschichte haben, die wenig gemeinsam haben mit den arrivierten jüdischen Mitbürgern deutscher Provenienz, steht noch bevor; sie zu 'deutschen Juden' zu machen, auf dass sie nicht 'Juden in Deutschland' und Juden zweiter KLasse bleiben, dazu könnte der Staatsvertrag beitragen."

Und in den DRESDNER NEUSTE NACHRICHTEN lesen wir:

"Die jetzt nachgeholte Rechtsverbindlichkeit für Menschen jüdischen Glaubens ist ein überfälliger Schritt. Er hilft dem Zentralrat, mehr Integrationshilfen für die zugereisten osteuropäischen Juden zu leisten. Er ist aber auch ein Symbol, dass jüdisches Leben in Deutschland ein festes Fundament hat. Dass die Unterzeichnung des Abkommens mit dem Holocaust-Gedenktag zusammen fällt, ruft dabei das frühere Versagen vieler Deutscher schmerzlich in Erinnerung."