1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Presseschau: "Geschichte lehrt Pessimismus"

14. Juli 2006

Die internationale Presse beschäftigt sich ausführlich mit der Lage im Libanon und der israelischen Politik. Eine Auswahl aus Großbritannien, Schweiz, Schweden, den Niederlanden und Ungarn.

https://p.dw.com/p/8nDe

Zur militärischen Eskalation im Nahen Osten schreibt die Neue Zürcher Zeitung am Freitag:

"Auf die Reaktivierung der altbekannten 'Ablehnungsfront' kann wohl militärisch geantwortet werden, wie es die Israeli zurzeit im Gazastreifen und im Libanon versuchen. Das Störpotenzial solcher Allianzen haben aber zahlreiche Militärschläge Israels, ja auch der Einmarsch der USA im Irak auf Dauer nicht eindämmen können. Dazu könnte wohl nur ein politischer Prozess beitragen, der bei der Suche nach einer Lösung des Nahost-Konflikts alle interessierten Parteien einschließt."

"Zündfunke hat genügt"

Zur Bombardierung des Libanon durch Israel schreibt der Tages-Anzeiger aus Zürich unter anderem:

"Bomben auf Beirut - dieses Schreckensszenario gehöre der Vergangenheit an, waren die meisten Libanesen und ihre arabischen Nachbarn überzeugt. Am Donnerstag wurden sie eines Besseren belehrt. (...) Ein Zündfunke hat in der seit Monaten aufgeheizten Stimmung genügt, um eine Eskalation mit nicht absehbaren Folgen zu bewirken. Anzeichen für eine solche Entwicklung waren unübersehbar. Die Befürworter einer Isolations- und Aushungerungspolitik gegen die Hamas-Regierung müssen sich die Frage stellen, ob sie das wirklich gewollt haben. (...) Auf der internationalen Bühne ist kein Akteur auszumachen, der den politischen Willen und die Macht hätte, eine gerechte und umfassende Lösung durchzusetzen. So bleibt das Feld den Falken überlassen."

"Israel ist zu weit gegangen"

Die liberale schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter (Stockholm) meint zur Eskalation im Nahost-Konflikt:

"Israel trägt die Hauptverantwortung für die Entwicklung der letzten Wochen. Es war einerseits falsch, als palästinensische Terroristen einen israelischen Soldaten entführten. Aber andererseits war viel schlimmer, dass Israel darauf eine umfassende Militäroperation in Gaza eingeleitet hat. Als libanesische Hisbollah-Guerillas zwei israelische Soldaten gefangen nahmen, war das eine Untat. Aber Israels Einmarsch im Libanon war auf der anderen Seite eine wesentlich ernstere Maßnahme. Israel ist ganz einfach zu weit gegangen. (...) Aber die berechtigte Kritik an Israel muss auch eine breitere Sicht auf Sicherheit und Stabilität in der Region beinhalten. (...) Der eigentliche Adressat der Aktionen gegen Hamas und Hisbollah ist der Iran. Das Regime dort leugnet weiter die Existenzberechtigung Israels."

"Preis eines totalen Krieges"

Die links-liberale ungarische Tageszeitung Nepszabadsag fragt sich in einem Kommentar, ob Israel im Konflikt mit der libanesischen Hisbollah demnächst auch gegen Syrien vorgehen wird:

"Nun fehlt gerade noch, dass sie (die Israelis) auch gegen Syrien vorgehen, zumal der tatsächliche Führer der Hamas, Chaled Maschaal, in Damaskus sitzt, und zumal die Hisbollah den syrischen Einfluss im Libanon sichert, seit Syrien dort zum Truppenrückzug gezwungen wurde. (...) Dort braut sich eine Frage zusammen: Die Israelis hatten 1982 die Palästinenser aus dem Libanon hinausgeprügelt, doch hatte dies, wenn man den jetzigen Stand der Dinge betrachtet, nur einen geringen historischen Nutzen. Was würde nun aber dabei herauskommen, wenn sie auch die Hisbollah ausmerzen und deren syrische Wurzeln abschneiden würden - zum Preis eines totalen Krieges? Leider lehrt die Geschichte Pessimismus."

"Ursache der Instabilität"

Die UN müssten ihre Resolution zu Libanon voll durchsetzen, schreibt die konservative britische Zeitung The Daily Telegraph am Freitag zu den israelischen Angriffen:

"Die Welt hat beide Seiten zur Zurückhaltung aufgerufen. Doch sie sollte über Worte hinausgehen und entscheiden, was getan werden muss, um die Resolution (Nr. 1559 des UN-Sicherheitsrates) von 2004 vollständig zu verwirklichen. Ein wichtige Ursache der Instabilität im Nahen Osten ist die Tatsache, dass der Libanon seine Souveränität noch nicht vollkommen erreicht hat. Dies wird dadurch symbolisiert, dass die Amtszeit seines pro-syrischen Präsidenten bis zum nächsten Jahr ausgedehnt wurde. Die Missachtung der Resolution 1559 durch die Hisbollah sollte im Zentrum der Aufmerksamkeit des UN-Sicherheitsrates und des Teams stehen, das UN-Generalsekretär Kofi Annan in die Region entsenden will."

"Israel droht zu verlieren"

Zu der Eskalation der Gewalt im Nahen Osten schreibt die niederländische Zeitung Trouw am Freitag:

"Israel droht sich in einen Konflikt hineinziehen zu lassen, aus dem es nur schwierig wieder herauskommen kann. Die Aktionen in Gaza dauern schon zwei Wochen, und auch das Ende der Operation im Libanon ist offen. Die Erfahrung lehrt außerdem, dass es nicht die terroristischen Bewegungen sind, die durch Israels Aktionen Unterstützung verlieren, sondern dass nur der Hass auf Israel zunimmt. Auf lange Sicht droht Israel viel zu verlieren. Das Land weiß sich durch Feinde umzingelt - nichts zu tun ist daher auch keine Möglichkeit. Aber Israel muss sich beschränken auf sehr gezielte Aktionen, die die Täter treffen und die Zivilbevölkerung unversehrt lassen. Sonst spielt es den Terroristen in die Hände. (sams)