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Politik

Was unterscheidet Berlin von Washington?

14. Januar 2017

Für Donald Trump sind Journalisten die "niedrigste Form des Daseins". Entsprechend geht er mit ihnen um. Kritische Medien dürften es in den USA jetzt schwer haben. Wäre so etwas auch in Deutschland möglich?

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Bildergalerie Pressefreiheit Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa

Journalisten fragen, Politiker antworten. Nach diesem Prinzip funktionieren in demokratischen Ländern üblicherweise Pressekonferenzen. Basierend auf dem Grundsatz, dass freie und unabhängige Medien diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die an der Macht sind. In Anlehnung an die Gewaltenteilung in der Demokratie, die mit Exekutive, Legislative und Judikative auf einem System gegenseitiger Kontrolle basiert, werden die Medien gerne auch als "vierte Gewalt" bezeichnet, da sie das politische Geschehen kontrollieren.

In Deutschland ist die Pressefreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschrieben. Auch in den USA ist sie Teil der grundlegenden Menschenrechte, die durch die "Bill of Right's" geschützt werden und als Zusatzartikel in der amerikanischen Verfassung stehen. Dort heißt es, der Kongress solle "kein Gesetz erlassen, das die Meinungs- oder Pressefreiheit einschränkt". Presse-, Religions- und Versammlungsfreiheit sind daher unantastbar.

Seil. Baum. Journalist.

Auch ein US-Präsident Donald Trump wird also keine Macht haben, um die Pressefreiheit offiziell einschränken zu können. Aber das braucht er auch gar nicht. Denn tatsächlich torpediert und manipuliert Trump die Arbeit von Journalisten schon jetzt, indem er die Presse systematisch herabwürdigt. Medien, wo es nur geht, als korrupt und verlogen bezeichnet. Gerne auch per Kurznachricht auf Twitter. Journalisten sind für ihn die "niedrigste Form des Daseins". Nachdem Trump das im Wahlkampf gesagt hatte, trugen Anhänger von ihm T-Shirts mit den Worten: "Seil. Baum. Journalist."

In einer Pressekonferenz untersagte Trump dem CNN-Reporter Jim Acosta kürzlich, Fragen zu stellen. "Sie sind Fake News", griff er den Journalisten und dessen Nachrichtensender stattdessen wütend an. Seine "Organisation", gemeint war CNN, sei "entsetzlich". Acosta berichtete später, Trumps Sprecher Sean Spicer hätte ihm gar gesagt, sollte er weiter versuchen, Fragen zu stellen, werde er nicht mehr zu Pressekonferenzen zugelassen. Spicer bestritt das zwar, bezeichnete Acosta in einer Kurznachricht auf Twitter aber als "rüde", "unangemessen" und "nicht respektvoll".

Dunkle Zeiten für die Presse

Ob und in welcher Form die bislang üblichen täglichen Presse-Briefings im Weißen Haus weiter stattfinden werden, steht derzeit noch in Frage. Im Wahlkampf hat Trump zudem angekündigt, er wolle es leichter machen, Medien zu verklagen. Allerdings müssten die US-Bundesstaaten dafür die Verleumdungsgesetze ändern. "Für eine freie Presse und eine Kontrolle der Macht ist dies die dunkelste Zeit in der amerikanischen Geschichte seit dem Ersten Weltkrieg", analysiert Jay Rosen von der New York University.

New York City: Donald Trump hält seine erste Pressekonferenz als designierter Präsident an und zeigt mit dem Finger in den Saal. Foto: Getty Images/AFP/T. A. Clary
"Sie sind Fake News" - Donald Trump in seiner Pressekonferenz in New YorkBild: Getty Images/AFP/T. A. Clary

Auch in Deutschland wird die Entwicklung in den USA kritisch verfolgt. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall, wirft Trump vor, indem er die Rolle der Medien und der Journalisten missachte, vergifte er den gesellschaftlichen Diskurs. Trump sei indes kein Einzelfall. "Auch bei uns stellen Populisten immer wieder ihr gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit unter Beweis."

Die AfD und die Pressefreiheit

Gemeint ist damit neben der rechtsextremen NPD die Alternative für Deutschland, kurz AfD. Auf ihrem Landesparteitag in Baden-Württemberg im vergangenen November hatte die Partei sämtlichen Journalisten den Zutritt verweigert und das damit begründet, dass eine "voreingenommene Berichterstattung" verhindert werden solle. Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry tauchte trotz Zusage im vergangenen März nicht im ZDF-Morgenmagazin auf, weil sie die Moderatorin Dunja Hayali ablehnt, die offen gegen Rassismus eintritt.

Symbolbild Lügenpresse
Bild: picture-alliance/dpa/David Ebener

Wenn sich die Rechtspopulisten im EU-Parlament Ende kommender Woche in Koblenz treffen werden, sind neben den Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender auch einzelne, namentlich genannte Journalisten vom "Handelsblatt", dem "Spiegel" und der "FAZ" betroffen. Die AfD hat zudem auf dem Anmeldeformular vermerkt, der Veranstalter behalte sich vor, Teilnehmer vor und während der Veranstaltung ohne Angabe von Gründen von der Teilnahme auszuschließen.

In der Bundespressekonferenz läuft es anders

Der Umgang der AfD mit der Presse ist für die meisten politischen Journalisten in Deutschland etwas, das sie aus eigener Erfahrung so nicht kennen. In den Landeshauptstädten, aber auch in Berlin ist es selbstverständlich, dass über die Parteien und die Regierungen uneingeschränkt berichtet werden kann. Befördert wird diese Arbeit in Berlin durch die Bundespressekonferenz (BPK). In diesem Verein sind derzeit rund 900 hauptberufliche Parlamentskorrespondenten aus dem In- und Ausland zusammengeschlossen.

Angela Merkel 2016 in der Bundespressekonferenz
Auch die Bundeskanzlerin kommt in die BundespressekonferenzBild: Reuters/H. Hanschke

Das Besondere an der BPK ist, dass sie ihre Pressekonferenzen mit Politikern und maßgeblichen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur selbst organisiert. Als fixe Termine finden dreimal pro Woche die sogenannten Regierungs-Pressekonferenzen statt. Dann sind in der BPK der Regierungssprecher sowie die Sprecher der Bundesministerien zu Gast. Die Pressekonferenzen dauern exakt solange, bis keiner der anwesenden Journalisten mehr eine Frage hat. Manchmal fühlen sich die Sprecher derart in die Mangel genommen, dass sie die intensive Befragung halb scherzhaft auch als "grillen" bezeichnen.

Die Kanzlerin kommt im Sommer

Auch Regierungspolitiker kommen je nach Anlass mehr oder weniger häufig in die Bundespressekonferenz. Minister stellen politische Vorhaben oder neue Gesetze in der BPK vor, und die Bundeskanzlerin hat es sich zur Gewohnheit gemacht, vor oder nach den Sommerferien für rund eineinhalb Stunden ohne inhaltliche Vorgaben die Fragen der Journalisten zu beantworten. In dieser Form gibt es das nur in Deutschland.