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Präsident Bouteflikas Partei siegt in Algerien

11. Mai 2012

Bei den Parlamentswahlen in Algerien hat die Regierungspartei von Präsident Bouteflika die Islamisten hinter sich gelassen. Somit bleiben die Machtverhältnisse zwar unverändert - dennoch war die Wahl richtungsweisend.

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Algeriens Präsident Abdelaziz wirft seinen Stimmzettel in die Wahlurne (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Es ist ein klarer Sieg für die Nationale Befreiungsfront (FLN) von Präsident Abdelaziz Bouteflika. Das offizielle Ergebnis des Innenministeriums sieht die FLN mit 220 der 462 Sitze im algerischen Parlament weit vorne. Die mitregierende Partei Nationale Demokratische Versammlung (RND) ging mit 68 Sitzen als Zweite in Ziel. Das aus drei Parteien bestehende islamische Allianz "Grünes Algerien" errang als drittstärkste Kraft 48 Sitze.

Die islamische Allianz sprach schon vor der Veröffentlichung des Ergebnisses von Betrug und kündigte "angemessene Maßnahmen" an. Das Ergebnis weiche dramatisch von eigenen Beobachtungen ab, sagte Allianz-Sprecher Abderreazak Mukri. Insgesamt traten 44 Parteien an, darunter 21 neue Gruppierungen.

Politisch kaum Bewegung, dennoch bedeutsam

Algerien hat damit erstmals seit langem ein neues Parlament in freier Wahl bestimmt. Es war auch eine Art Test für die Politik der vorsichtigen Öffnung von Präsident Bouteflika. An der weitgehend störungsfreien demokratischen Abstimmung, die von internationalen Wahlbeobachtern überwacht wurde, beteiligten sich rund 43 Prozent der 21,6 Millionen Wahlberechtigten. "Mit dieser außergewöhnlichen Beteiligung hat das algerische Volk eine große Herausforderung gemeistert", sagte Innenminister Dahou Ould Kablia. Angesichts eines allgemeinen Desinteresses am Wahlkampf war die Beteiligung deutlich höher als erwartet und gilt damit als Erfolg.

Ein Umbruch wie in anderen Ländern der arabischen Welt blieb in Algerien bislang aus, dennoch kam es immer wieder zu Gewaltausbrüchen und Protestaktionen. Die Menschen sind unzufrieden und frustriert angesichts von Unzulänglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung und der Willkür der politischen Führung. Vor allem die Jugend gilt in hohem Maße als desillusioniert.

In Algerien wirkt das Trauma eines jahrelangen, äußerst blutigen Bürgerkrieges in den 1990er-Jahren gegen radikalislamische Untergrundkämpfer weiter nach. Daher sehnt sich ein Großteil der Bevölkerung eher nach Stabilität als nach Umbruch, meinen Experten. Der seit 1999 amtierende Staatschef Bouteflika hat es zudem verstanden, einen nationalen Aufstand durch Reform-Versprechen, Lohnerhöhungen oder Wohnungsbauprojekte zu verhindern. Er verfolgt eine Politik der Öffnung. Zunächst hob er den Ausnahmezustand auf, der dem Staat knapp zwei Jahrzehnte lang weitgehende Eingriffe in politische Rechte erlaubt hatte. Dies war auch eine der Hauptforderungen der Regierungsgegner.

Wahl ohne Wirkung?

An den Machtverhältnissen wird die Abstimmung angesichts der sehr begrenzten Einflussnahme des Parlaments kaum etwas ändern. Es galt bisher als eine Art komplizenhafter Durchlauferhitzer für die von Bouteflikas Regierung beschlossenen Gesetze. Eine echte Gewaltenteilung gibt es nicht. Algerien hat ähnlich wie die frühere Kolonialmacht Frankreich weitreichende Kompetenzen in der Hand des Staatschefs gebündelt. Bouteflikas Machtfülle bleibt auch nach der Parlamentswahl unangetastet.

Der Präsident überraschte jedoch mit einigen Äußerungen vor der Wahl: Mehrfach hatte er über die Übergabe der Macht an eine jüngere Generation gesprochen. Die Ära der alten Männer an der Macht gehe nun ihrem Ende zu, meinte der 75-Jährige. Die Wahl des neuen Präsidenten dürfte die große Nagelprobe Algerien werden.

nis/wl (dpa, afp, rtr, dapd)