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Rettungspaket Portugal

4. Mai 2011

Portugal erhält als dritter Staat der Euro-Zone ein milliardenschweres Rettungspaket. Nach Angaben der portugiesischen Regierung im Umfang von 78 Milliarden Euro. Johannes Beck hält diesen Schritt für den falschen Weg.

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Symbolbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Viel Geld fließt nun als Finanzhilfe nach Portugal – 78 Milliarden Euro. Viel Geld, das Europas westlichstes Land vor dem Staatsbankrott retten soll.

Doch meiner Meinung nach ist dieses Rettungspaket das falsche Mittel, um Portugal aus dem Schlamassel zu ziehen. Genauso, wie es auch schon die Finanzhilfen für Griechenland und Irland waren. Anstatt mit milliardenschweren Transfers kurzfristig gerettet zu werden, müssten diese Länder dauerhaft entschuldet werden. Dafür gibt es vor allem zwei Argumente, meine ich.

Zum einen werden diese Länder trotz der Finanzhilfen weiterhin unter einer extrem hohen Last an Zinsen und Schuldenrückzahlungen leiden. Die gesamte Schuldenlast Portugals wird bald auf fast 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen. Ähnlich sieht es in Irland aus. Griechenland liegt mit mehr als 142 Prozent noch weit darüber.

Falsches Signal an die Finanzmärkte

Dabei stagniert Portugals Volkswirtschaft seit über zehn Jahren. Die Sparmaßnahmen, die trotz Rettungspaket weiter nötig sind, um die Schulden zu bedienen, werden in den nächsten Jahren das Wachstum abwürgen. Das wird Armut und Arbeitslosigkeit in Portugal weiter verstärken. Luft zum Atmen könnte dagegen eine Entschuldung bringen.

Porträt von Johannes Beck, Leiter der portugiesischen Redaktion der DW (Foto: DW)
Johannes Beck, Leiter der portugiesischen Redaktion der DWBild: DW/P. Henriksen

Zum anderen setzt die Finanzhilfe die falschen Anreize. Es werden nun die Steuerzahler der EU-Mitgliedsländer, sprich alle Bürger, zur Kasse gebeten. Die Anleger dagegen werden geschont. Die Profite aus den hohen Zinsen der Staatsanleihen gehen damit weiter an einige wenige, Kosten des Rettungspakets werden dagegen der Gemeinschaft aufgebürdet. Riskante Geschäfte lohnen sich, denn der Staat wird im Ernstfall schon einspringen: Das ist das falsche Signal an die Märkte.

Dabei gibt es ein Beispiel für eine geordnete Entschuldung: die lateinamerikanische Schuldenkrise Ende der 80er Jahre, die vom damaligen US-Finanzministers Nicholas Brady gelöst wurde. Er stellte die Gläubiger vor die Wahl: entweder mussten sie die Zinsen reduzieren oder auf einen Teil ihrer Schulden verzichten. Dafür bekamen sie neue Schuldtitel – die legendären Brady-Bonds – die im Gegenzug mit Garantien der USA verbrieft wurden.

Das gab den meisten lateinamerikanischen Volkswirtschaften wie Mexiko oder Brasilien Gelegenheit, die Staatshaushalte zu sanieren und bald wieder zu wachsen. Lange Zeiten wirtschaftlicher Depression wurden vermieden. Und die Anleger trugen ihren Teil zur Sanierung bei. Die Länder waren sogar – trotz aller Unkenrufe – bald wieder in der Lage, auf dem Kapitalmarkt neue Schulden aufzunehmen.

Tabuthema Entschuldung

In Europa, so mein Eindruck, ist es geradezu tabu über eine Entschuldung zu sprechen. Die europäischen Regierungen haben Angst, dass viele Banken mit einer Entschuldung noch einmal in die Krise taumeln könnten. So haben spanische Banken viele portugiesische Anleihen gekauft, deutsche Banken sind in Griechenland stark engagiert. Doch ich meine dieses Problem müsste individuell für die Banken gelöst werden, die tatsächlich Zahlungsschwierigkeiten bekommen.

Auch die Europäische Zentralbank könnte im Zuge einer Entschuldung heftige Verluste machen. Denn sie hat große Mengen Staatsanleihen aus diesen Ländern aufgekauft und zudem Banken aus den betroffenen Ländern hohe Kreditlinien gewährt. Vor allem der Kauf von Staatsanleihen war von Anfang an ein geldpolitischer Sündenfall, der sich nun rächt.

Um Diskussionen über eine Entschuldung erst gar nicht aufkommen zu lassen, warnen viele europäische Politiker, der Euro komme dann in Gefahr. Aber der Euro wäre durch eine Umschuldung von Ländern wie Portugal oder Griechenland nicht gefährdet.

Denn was wir derzeit erleben ist eine Krise der Staatsfinanzen, nicht der Währungen. Anders wäre es auch kaum möglich, dass der Euro so viel Wert gegenüber dem Dollar gewonnen hat.

Währungen sind nicht in Gefahr, nur weil einzelne Staaten einer Währungsunion pleite gehen. Solange die Anleger und Händler weiter auf die Stabilität des Euro vertrauen und ihn als Reservewährung oder als Tauschwährung im internationalen Handel verwenden, wird auch eine Umschuldung Griechenlands, Irlands oder Portugals den Euro nicht ins Wanken bringen.

Autor: Johannes Beck
Redaktion: Lina Hoffmann