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"Polnische Priester in Russland wollen das russische Volk bekehren"

26. August 2002

- Russische Zeitschrift erhebt schwere Vorwürfe gegen polnische Geistliche und erwartet einen Glaubenskonflikt – Katholische Kirche Russlands weist Vorwürfe als absurd zurück

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Warschau, 22.8.2002, PAP, poln.

Die Zeitschrift "Nesawissimaja Gaseta" hat der katholischen Kirche in Russland vorgeworfen, dass sie von polnischen Priestern dominiert würde. Nach Meinung der Moskauer Zeitschrift führe dies automatisch zu einem Konflikt mit der orthodoxen Mehrheit.

Der Konflikt zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und den russischen Katholiken dauert seit Anfang der neunziger Jahre an. Die Orthodoxen werfen den Katholiken vor, dass sie Russland bekehren wollen. Die katholischen Bischöfe behaupten jedoch, dass sie lediglich unter den Gläubigen und den Personen agieren, die sich von der Religion distanzieren.

Der Verfasser des Artikels – Nikolaj Platonow - wirft ferner dem Vatikan einen gravierenden Fehler vor, der darin bestehe, dass gerade polnische Priester mit der Seelsorge in Russland beauftragt wurden. Damit habe der Vatikan sein absolutes Unverständnis für die historischen Voraussetzungen der Tätigkeit der polnischen katholischen Priester in Russland bewiesen: "Dies ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass der polnische Katholizismus entweder mit dem polnischen Überfall auf Russland im 17. Jahrhundert und mit dem Aufzwingen eines fremden Glaubens oder mit den russischen Aufständen im 19. Jahrhundert assoziiert wird, die von den polnischen Geistlichen unterstützt wurden", schrieb Nikolaj Platonow.

Seiner Meinung nach verfügen die polnischen katholischen Priester in Russland über keinerlei Kenntnisse "der russischen Sprache und Kultur". Außerdem seien sie sowohl gegenüber dem orthodoxen Glauben als auch gegenüber Russland negativ eingestellt. "Nichts desto trotz machen polnische Priester, Bischöfe und Mönche 80 Prozent der Geistlichen in russischen katholischen Diözesen aus", schreibt der Autor und fügt hinzu, dass die Amtssprache des Klerus in Russland die polnische Sprache sei.

Der Artikel endet mit einem Gedanken, der den Inhalt des Artikels etwas relativiert: "Leider schürt die ‘polnische Frage‘ oft Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Staaten (nämlich dem Vatikan und Russland). Man darf jedoch die römisch-katholische Kirche nicht mit dem ‘polnischen Glauben‘ verwechseln."

Die von Nikolaj Platonow in diesem Artikel aufgestellten Behauptungen wurden vom Pressesprecher des katholischen Episkopats Russlands, Priester Igor Kowalewski bestritten. Er bezeichnete diese Behauptungen als ‚absurd‘: "Die katholische Kirche in Russland betreibe auf gar keinen Fall eine Polonisierung. Die polnische Minderheit in Russland wurde in großem Maße russifiziert und wir beabsichtigen nicht dagegen zu kämpfen. Dies gehört auch nicht zu unserer Mission. Die meisten heiligen Messen werden ausschließlich in russischer Sprache zelebriert", bemerkte Priester Igor Kowalewski.

Seiner Meinung nach sind auch die Angaben über 80 Prozent der polnischen Geistlichen weit übertrieben. Auch die These über die angeblich polnische Amtssprache der Kirche lässt sich nicht halten: "Die offizielle Sprache der katholischen Kirche in Russland ist nämlich die russische Sprache. Die Priester, die aus dem Ausland kommen, sind entweder dieser Sprache noch vor ihrer Ankunft hier mächtig oder müssen sie vor Ort lernen. Ich muss klar sagen, dass gerade die polnischen Priester die russische Sprache am besten können", sagte Igor Kowalewski und fügte hinzu, dass er in der Kirche keine Konflikte zwischen den Gläubigen polnischer und russischer Abstammung beobachte sowie keine Abneigung der polnischen Priester gegenüber der russischen Kultur feststellen könne. (Sta)