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Polnische Bauern sind Nutznießer des EU-Beitritts

Justyna Bronska16. August 2006

Die polnischen Bauern profitieren vom EU-Beitritt. Zumindest wenn sie über genügend Land verfügen, fließt das Geld aus Brüssel. Kleinbetriebe müssen dagegen aufgeben.

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Ein Bauer in dem nordpolnischen Dorf BrynskBild: AP

Marek Myjak ist stolz auf seinen großen Bauernhof. 50 Hektar hat der Landwirt aus dem südpolnischen Dorf Czermin, fünfmal mehr als heute ein polnischer Landwirt im Durchschnitt besitzt. Sein Betrieb ist mit modernsten Maschinen ausgestattet. In der Mitte des Hofes stehen zwei neue Traktoren. Der Bauer Myjak hat sie mit Hilfe von EU-Geldern gekauft. "Insgesamt habe ich von der EU umgerechnet 80.000 Euro bekommen. Dafür habe ich unter anderem eine Anlage für Getreide- und Maistrocknung, ein Silo und Spritzgeräte gekauft", erzählt Myjak. "Ich könnte noch mehr Geld von der EU bekommen, aber dann hätte ich noch Kredite aufnehmen müssen und das wollte ich nicht."

Mehr Land, mehr Geld

EU-Gelder decken 50 Prozent der Investitionskosten, die andere Hälfte muss der Landwirt selbst oder mit Hilfe eines Kredites aufbringen. Ohne die Mittel aus Brüssel hätte der 45-jährige Landwirt dies alles nicht kaufen können. Zwar musste er seit dem EU-Beitritt einige Verluste hinnehmen, weil die Preise für Dünger deutlich stiegen und die Getreidepreise um die Hälfte sanken, doch im Großen und Ganzen hat er Profit gemacht. Die Verluste konnte er schnell mit Hilfe von EU-Direktzahlungen kompensieren sagt Marek Myjak lächelnd. "Für jeden Hektar bekommen wir 120 Euro als EU-Direktzahlung. Ich habe 6000 Euro bekommen." Landwirte, die wie er über viel Land verfügten, bekämen automatisch mehr Geld.

Die Direktzahlungen sind an die Landfläche gekoppelt. Dass die großen Nutznießer der EU-Finanzmittel die Großbetriebe sind, weiß auch Stanisalw Kloda, ein Landwirt aus dem südpolnischen Landkreis Mielec. Er besitzt nur drei Hektar Land - und ist entsprechend sauer. "Es gibt für die Kleinbetriebe nur ein Förderprogramm. Das ist zu wenig", sagt er. "In unserer Region gibt es viele Kleinbetriebe und solche sind nicht überlebensfähig." Deshalb suchten viele Bauern nach Alternativen, um über die Runden zu kommen. "Die meisten gehen in die Fabrik oder junge Leute bilden sich weiter."

Produzieren für den Eigenbedarf

Vor dem EU-Beitritt waren die meisten polnischen Bauernhöfe noch kleiner. Mit nur ein bis drei Hektar produzierten sie ausschließlich für den Eigenbedarf. Daneben gingen die Bauern einer anderen Arbeit nach oder bezogen eine Rente. Seit dem EU-Beitritt scheint sich dies zu ändern. Für die Kleinbetriebe lohnt sich Bewirtschaftung nicht mehr. Immer mehr geben ihren Betrieb auf und verpachten das Land. Marek Myjak, der Großlandwirt aus Czerwin, hat dagegen zusätzlich 15 Hektar gepachtet. "Ein Mann von dem ich das Land pachte hat einen Job als LKW-Fahrer gefunden. Von seinem Hof, der keine Maschinen hat, kann er nicht leben. Und der Maschinenkauf ist ihm zu teuer", erzählt Myjak. "Dann pachte ich noch das Land von einem anderen Landwirt. Er lebt mit seiner Frau von der Rente. Sie verpachten das Land, weil sie keine moderne Ausrüstung haben."

Seit dem EU-Beitritt entstehen immer mehr Großbetriebe und die Landwirte produzieren fast ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten, sagt Antoni Bryk, Leiter des Regionalen Büros für Modernisierung und Restrukturierung der Landwirtschaft in Mielec. Der Landkreis Mielec hat 12.000 Bauernhöfe. Die Hälfte der Einwohner ist in der Landwirtschaft tätig. Eine Million Euro haben im vergangenen Jahr die Bauern aus der EU-Kasse bekommen.

Ungleichbehandlung in der EU

Damit möglichst alle ihre EU-Finanzmittel ausschöpfen, hat Antoni Bryk eine breite Informationskampagne organisiert. "Wir haben alle möglichen Wege benutzt, um die Landwirte zu informieren, wie sie die Subventionen bekommen können. Über Poster, Radio, Presse", sagt er. "Sogar Priester erklären während der Gottesdienste, was für Möglichkeiten es gibt, um EU-Gelder zu beziehen." Sein Büro organisiere zudem Schulungen und unterhalte Beratungsstellen.

Marek Myjak freut sich in der EU zu sein, schließlich habe er für den EU-Beitritt gestimmt. Verstimmt ist er allerdings über die noch existierende Ungleichbehandlung der Bauern in Europa. Denn seine Kollegen in Westeuropa bekommen derzeit viermal mehr Unterstützung für ihre Betriebe. Erst in sieben Jahren werden polnische Bauern gleich behandelt. Für Marek Myjak ist diese Zeit zu lang.