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Polizeiausbildung in Tadschikistan

2. Juli 2010

Tadschikistan will mit Hilfe der OSZE und pensionierter deutscher Polizisten eine Polizeireform in Angriff nehmen. Doch das Misstrauen der Bevölkerung ist groß, die Motivation der tadschikischen Beamten gering.

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Polizeiwagen in Duschanbe (Foto: DW)
Polizeiwagen in DuschanbeBild: DW/Bukharizade

Die Untersuchungsbeamtin Saodat Turaeva ist eine junge, energische Frau, die ihre Meinung offen kundtut. Mehr weiblichen Einfluss, ja, den bräuchte auch die Polizei in ihrem Heimatland Tadschikistan, sagt die junge Beamtin. "Bisher ist noch nie eine Frau General geworden. Ich wünschte, Frauen könnten auch diesen Rang einnehmen. Und sie sollten auch andere hohe Positionen in diesem Ministerium, innerhalb der Polizeihierarchie bekleiden."

Beamte stehen nicht über dem Gesetz

Tadschikischer Polizeibeamter an der Grenze zu Afghanistan (Foto: AP)
Tadschikischer Polizeibeamter an der Grenze zu AfghanistanBild: AP

Das klingt noch utopisch für ein Land wie Tadschikistan, in dem Frauen meist auf ihre traditionelle Rolle als Ehefrau und Mutter reduziert werden. Es könnte aber trotzdem in naher Zukunft Wirklichkeit werden. Denn Tadschikistan will seine Polizei reformieren – zum Wohle des Landes, der Demokratie und der Bevöllkerung. Polizeileutnant Farrukh Khayrulloev nimmt zusammen mit 20 weiteren Kollegen an einem Training der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teil, mit dem die Beamten auf die Reform vorbereitet werden sollen. "Unsere Art zu denken muss sich ändern", sagt er: "Unsere Haltung gegenüber der Bevölkerung muss sich ändern, unser Verhalten während des Dienstes." Zu oft würden Leute in Uniform glauben, dass ihre Befehle nicht hinterfragt werden dürften, selbst dann, wenn sie offensichtlich gegen das Gesetz verstießen.

Den eigenen Weg finden

Im Training der OSZE zur Vorbereitung der Polizeireform lernen Khayrulloev und seine Kollegen nun, wie man es besser machen kann. Zur Unterstützung reisten auch eigens zwei Polizeibeamte aus Deutschland an, die schon in Guatemala, Georgien oder im Kosovo Polizisten auf einen anderen Umgang mit ihren Bürgern vorbereitet haben. Friedrich Schwindt glaubt jedoch nicht, dass seine Erfahrungen aus diesen Ländern einfach auf Tadschikistan übertragbar sind. "Die Tadschiken müssen ihren eigenen Weg finden", sagt der ehemalige Polizeidirektor. "Wir können im Grunde nur Angebote machen und insbesondere darauf hinweisen, welche Dinge bei uns nicht so glücklich gelaufen sind, welche Fehler wir gemacht haben, was man vermeiden kann."

Misstrauische Bevölkerung

Drogenfund in Tadschikistan (Foto: Nigora Bukharizoda)
Der Kampf gegen den Drogenhandel ist eine der größten Herausforderungen für die tadschikische PolizeiBild: Nigora Bukharizoda

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei ist spätestens seit dem Bürgerkrieg von 1992 bis 1997 stark erschüttert. Viele Regionen waren in dieser Zeit ganz ohne polizeiliche Aufsicht, in anderen herrschten und herrschen bis heute Korruption und Willkür. Nach Schätzungen des Innenministeriums werden in Tadschikistan nur rund 30 Prozent der Verbrechen registriert. Das soll sich nun durch Community Policing, eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Polizei und Gemeinden, ändern. Die Polizei hat bereits telefonische Hotlines eingerichtet, zwischen lokalen Beamten und Dorfbewohnern werden regelmäßige Treffen organisiert. Hier soll offen über Probleme gesprochen werden: neben Diebstählen, Selbstmordversuchen, Prostitution auch über familiäre Gewalt und Drogenhandel – Delikte, die in Tadschikistan besonders häufig vorkommen. In diesem neuen Dialog mit der Bevölkerung können praktische Hinweise zu Strategie, Planung und Kontrolle der Reform durchaus hilfreich sein, sagt Friedrich Schwindt.

Schlecht bezahlt und schlecht ausgerüstet

Außerhalb des Klassenzimmers allerdings sieht der tadschikische Polizeialltag noch düster aus. Niedrige Löhne von zum Teil nicht einmal 200 Dollar im Monat, schlechte Ausrüstung, fehlende Transportmittel und eine mangelnde Ausbildung sind an der Tagesordnung. Das Land ist seit seiner Unabhängigkeit 1991 zu arm, um Beamte angemessen zu bezahlen. Die Armut ist in der ganzen Region groß, und das demokratische Selbstverständnis muss erst aufgebaut werden.

Tadschikistan grenzt außer an der Volksrepublik China auch an Afghanistan, Kirgisistan, Usbekistan. Alle drei Länder sind Unruheherde in der Region. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind viele hochqualifizierte Mitarbeiter der Polizei abgewandert. In den entlegenen Regionen des Landes ist die Situation besonders prekär. Ob ein Beamter vor Ort pflichtgemäß arbeitet, ist von der Zentrale aus schwer zu kontrollieren. Und wer kontrolliert die Zentrale? Menschenrechtsverletzungen, unangemessene Gewaltanwendung und willkürliche Festnahmen gehören noch immer zum Alltag bei der tadschikischen Polizei. Um all das zu ändern, bedarf es noch gewaltiger Anstrengungen. Denn derzeit enden Reformwille und Transparenz spätestens an den Gefängnismauern. Tadschikistan ist eins der wenigen Länder der Welt, in denen das Internationale Rote Kreuz Gefängnissen keine unangemeldeten Besuche abstatten darf.

Autorin: Monika Hoegen
Redaktion: Thomas Latschan