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Politischer Job für den Panchen Lama

1. März 2010

China befördert den zweithöchsten tibetischen Geistlichen in eines seiner höchsten Gremien. Doch viele Tibeter erkennen Gyaltsen Norbu nicht als Panchen Lama an. Für sie bleibt der echte Panchen Lama verschwunden.

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Der Panchen Lama wurde von Chinas Kommunisten ernanntBild: AP

Der neue Posten, den Gyaltsen Norbu nun bekleidet, mag ein wenig sperrig klingen, doch im politischen System Pekings ist es ein wichtiger Rang. Norbu, der elfte Panchen Lama, wurde in das Führungsgremium der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes berufen. Die Konsultativkonferenz tagt parallel zu Chinas Nationalem Volkskongress, in ihr sind Würdenträger aus verschiedenen Gesellschaftsgruppen versammelt. Anders als in den meisten Gremien der Volksrepublik sind die Delegierten hier nicht unbedingt auch Parteimitglieder, Loyalität zur Kommunistischen Führung wird dennoch vorausgesetzt. Der Panchen Lama hat diese Loyalität mehrmals unter Beweis gestellt. „Das heutige China genießt soziale Harmonie, Stabilität und religiöse Freiheit. China ist eine Nation, die den Weltfrieden schützt und fördert“, erklärte er zum Beispiel vor Buddhisten aus verschiedenen Ländern in der Stadt Wuxi. Das chinesische Staatsfernsehen übertrug live.

Zweitwichtigste Figur des tibetischen Buddhismus

Reinkarnation Wiedergeburt China Tibet Panchen Lama
Gebet mit dem Panchen Lama 2004Bild: AP

Der Panchen Lama ist nach dem Dalai Lama der zweitwichtigste Geistliche im tibetischen Buddhismus und wird nach dem Glauben der Tibeter durch Wiedergeburt bestimmt. Doch viele Tibeter – unter ihnen der Dalai Lama - erkennen Gyaltsen Norbu nicht als Panchen Lama an. Denn nach dem Tod des letzten Panchen Lamas im Jahr 1989 stritten sich Peking und die Exil-Tibeter um die Ernennung eines neuen Panchen Lama. Der Dalai Lama bestimmte 1995 den sechsjährigen Gendun Choekyi Nyima zur Reinkarnation des zweitwichtigsten Lama im tibetischen Buddhismus. Peking nahm den Jungen unter Hausarrest und ernannte den gleichaltrigen Gyaltsen Norbu. Gendun Choekyi Nyima ist seitdem verschwunden, Exiltibeter demonstrieren seitdem regelmäßig an seinem Geburtstag vor chinesischen Botschaften, exiltibetische Popstars besingen den verschwundenen jungen Mann.

Dalai Lama bei Mao Tse Tung Flash-galerie
Der Dalai Lama und der Panchen Lama zu Besuch bei Mao Tse-Tung in den fünfziger JahrenBild: picture-alliance/ KPA

Die Kommunistische Partei Chinas, die offiziell noch immer dem marxistischen Credo des Atheismus folgt, versucht schon lange, Einfluss auf die Religion der Tibeter zu gewinnen, um sich so die Loyalität der tibetischen Bevölkerung zu sichern. Der Dalai Lama selbst bekleidete vor seiner Flucht ins Exil den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses. Der damals 19jährige lobte die chinesische Politik überschwänglich: „Beim Aufbau des Staates werden die Bedürfnisse jedes einzelnen Volkes berücksichtigt“, erklärte er vor den Delegierten des Volkskongresses.

Von der Partei erzogen

Fünf Jahre später allerdings hatte er seine Meinung gründlich geändert. 1959 rebellierten die Tibeter gegen die chinesische Herrschaft und der Dalai Lama floh ins Exil. Dort wurde er zu einem der schärfsten Kritiker der chinesischen Kommunisten. Seinen Platz im Präsidium des Nationalen Volkskongresses übernahm der Panchen Lama. Doch auch er fiel kurze Zeit später in Ungnade, weil er die chinesische Herrschaft über Tibet kritisiert hatte. Während der Kulturrevolution saß er im Gefängnis. Der elfte Panchen Lama erweist sich bisher als loyal. Kein Wunder – seine Erziehung hatte für die chinesische Führung oberste Priorität.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Nicola Reyk