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Politischer Dreikampf

Romy Straßenburg (Euranet)20. November 2008

Am Donnerstag (20.11.) haben die Parteimitglieder der sozialistischen Partei Frankreichs die Qual der Wahl. Bei der Kür ihres neuen Parteivorsitzenden treten drei Kandidaten mit unterschiedlichen Zukunftsvisionen an.

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Ségolène Royal mit Partner Francois Hollande (24. Aug. 2006/AP)
Wird Ségolène Royal Nachfolgerin von Francois Hollande?Bild: AP

Der Führungswechsel bei Frankreichs sozialistischer Partei geht in die entscheidende Runde. In diesem politischen Schachspiel hat vor allem der Rückzug des Pariser Bürgermeisters Bertrand Delanoë zu Verwirrung geführt, denn seine Anhänger müssen sich nun für einen der übrigen drei Kandidaten entscheiden.

Politisches Schachspiel mit Turm

Auf dem sozialistischen Schachbrett steht Martine Aubry für den Turm: Als Tochter des ehemaligen Vorsitzenden der EU-Kommission Jaques Delors war sie ab 1991 fünf Jahre Arbeitsministerin und brachte die 35 Stunden Woche auf den Weg.

Die mütterlich wirkende Aubry, Bürgermeisterin von Lille, präsentiert sich als solide und pflichtbewusste Parteisoldatin. Sie plädiert dafür, die Partei nicht in eine Massenpartei umzuwandeln, sondern mit einem klaren sozialistischen Profil aufzutreten. Sie fordert zu alten Werten und Idealen der Partei, einer linken Partei der Genossen, zurückzukehren.

Schachspiel - Weiss ist am Zug
Die Kandidaten müssen ihre Züge genau planenBild: AP

Die Genossen hätten die Pflicht, die Arbeiterbewegung zu unterstützen, appellierte Aubry an ihre Mitstreiter. Man solle die Gewerkschaften und Vereine unterstützen, die kaputt gingen, weil man ihnen die Mittel entziehe, sowie die Kultur und die Wissenschaftler, die die Zukunft vorbereiteten. "Wir in der PS sind die einzigen, die dies tun können, bevor wir die Linke vereinen. Meine Genossen, das werde ich vor den Parteimitgliedern verteidigen, in eurem Namen", so die Bürgermeisterin von Lille.

Neue Spieler auf dem Parkett

Überraschend trat kurz vor dem Parteitag noch eine andere Figur auf den Plan, die sich politisch links von Aubry positioniert. Der 41-jährige Benoît Hamon war einst Sekretär unter Ministerin Aubry und ist heute Europaabgeordneter.

Unerwartet erhielt sein Leitantrag in Reims 19 Prozent der Stimmen und so konnte Hamon für den Parteivorsitz kandidieren. Rhetorisch setzte er in seiner Rede am Wochenende auf Angriff, gab aber gleichzeitig zu, dass es sich bei dieser Wahl um einen authentischen politischen Schlagaustausch handle und bat die Genossen, ihm den Weg an die Parteispitze zu ebnen.

Die Königin des Spiels

Bleibt am Ende noch die Königin, Ségolène Royal, auf dem Schachbrett, die sich ebenso kämpferisch gibt. Doch im Gegensatz zu ihren Gegnern schwebt ihr eine andere Vorstellung von der politischen Positionierung der Partei vor.

Martine Aubry (16.11.2008/AP)
Aubry präsentiert sich als solide und pflichtbewusste ParteisoldatinBild: AP

Als Gegnerin von Nicolas Sarkozy trat sie im letzten Jahr bei den Präsidentschaftswahlen an und unterlag. Auch wenn sie am Wochenende inhaltlich wenig Konkretes auf den Tisch gelegt hat, setzt sie sich bei ihren zahlreichen öffentlichen Auftritten massenwirksam in Szene.

Sie glaubt, die Zukunft der Partei ließe sich am besten als Volkspartei realisieren, offen für die breiten Massen und flexibel statt dogmatisch. Auch eine Allianz mit dem liberalen MODEM hält Royal für möglich und wird dafür von vielen Parteimitgliedern kritisiert. Die Zusammenführung der verschiedenen Flügel wird die schwierigste Aufgabe für den neuen Parteivorsitzenden.

Die Sozialisten kämpfen

Turm, Springer oder doch die Königin? Royal ist zumindest davon überzeugt, dass die Franzosen auf sie warten und sagte ihren Gegnern den Kampf an: "Millionen andere warten auf uns, die Sozialisten. Und dafür kämpft mein Team, das immer größer wird und alle Sozialisten auf sich vereinen soll."

Sollte es am Abend zu keinem eindeutigen Abstimmungsergebnis kommen, treten die zwei stärksten Kandidaten in einer Stichwahl gegeneinander an. Der neue Parteivorsitzende tritt nach dem katastrophalen Parteitag ein schweres Erbe an. Der bisherige Amtsinhaber François Hollande wird ihn um die anstehenden Aufgaben nicht beneiden.