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Godesberg und die SPD

15. November 2009

Es war die Geburtsstunde der modernen Sozialdemokratie: Vor 50 Jahren, am 15. November 1959, beschloss die SPD das Godesberger Programm. Aus der sozialistischen Arbeiterpartei wurde eine Volkspartei.

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Auf dem SPD-Parteitag in Bad Godesberg (Foto: DPA)
Auf dem SPD-Parteitag in Bad GodesbergBild: picture-alliance/ dpa

Niederlagen über Niederlagen - die SPD in den 1950er-Jahren war alles andere als eine Erfolgsgeschichte. Gegen Konrad Adenauers CDU hatten die Sozialdemokraten bei den Bundestagswahlen 1953 und 1957 keine Chance. Die SPD war nicht mehrheitsfähig. Das lag auch an Klassenkampf-Rhetorik und Marxismus im damaligen Parteiprogramm:

"Das Ziel der Arbeiterklasse kann nur erreicht werden durch die Verwandlung des kapitalistischen Privateigentums an den Produktionsmitteln in gesellschaftliches Eigentum."

Sätze wie diese schreckten zu Zeiten des Wirtschaftswunders viele Wähler ab.

Macht statt Marxismus

SPD-Plakat zum Godesberger Parteitag (Foto: DHM)
Bild: DHM

Den Strategen in der Partei war klar, dass sich die SPD inhaltlich und programmatisch reformieren muss, wenn sie an die Macht kommen will. Treibende Kräfte der Reform waren Fritz Erler, Willy Brandt, Herbert Wehner aber auch der damalige Parteichef Erich Ollenhauer.

Nach jahrelanger Vorbereitung und heftigen Diskussionen in Ortsverbänden und Parteigremien wurde das neue Programm schließlich am 15. November 1959 mit überwältigender Mehrheit auf dem Parteitag in Bad Godesberg verabschiedet. Die SPD trennte darin sich von der Idee der naturnotwendigen Entwicklung zum Sozialismus.

Akzeptanz des Privateigentums

Die SPD wurde zur Volkspartei, die sich zur sozialen Marktwirtschaft bekennt und das Recht auf Privateigentum im Godesberger Programm ausdrücklich anerkennt: "Das private Eigentum, auch an Produktionsmitteln, hat Anspruch auf Schutz und Förderung, soweit es keine Machtkonzentration darstellt. Es darf daher nicht enteignet werden."

Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität wurden die neuen Grundwerte der Partei. Außerdem bekannte sich die SPD zur Westintegration Deutschlands und zur Mitgliedschaft in der NATO. Dank des Godesberger Programms, so Brandt, damals noch regierender Bürgermeister von Berlin, sei die SPD auf der Höhe der Zeit angekommen: "Es ist eine im ganzen und im wesentlichen zeitgemäße Aussage, die es unseren Gegner schwerer machen wird, sich mit einem Zerrbild anstatt mit der Wirklichkeit der deutschen Sozialdemokratie auseinanderzusetzen."

Von der Oppositions- zur Regierungspartei

Auch der damalige SPD-Chef Ollenhauer würdigte in seinem Schlusswort auf dem Godesberger Parteitag die Wandlung der Sozialdemokraten. Er sprach von einer "politischen und geistigen Grundlage", die die Partei auf dem Weg voranführe, "Einfluss auf die Gestaltung unserer Zukunft zu gewinnen". Es sei ein "Programm der Offensive für Freiheit und Menschlichkeit für alle Menschen in diesem Lande".

Willy Brandt nach dem Sieg seiner Partei bei der Bundestagswahl 1969 (Foto: DPA)
Willy Brandt nach dem Sieg seiner Partei bei der Bundestagswahl 1969Bild: picture alliance / dpa

Die Rechnung der SPD-Strategen ging auf. Durch ihre Öffnung zur politischen Mitte gewann die Partei neue Anhänger bis weit ins bürgerliche Lager. 1969, zehn Jahre nach der Verabschiedung des Godesberger Programms, war die Partei am Ziel. Nach der Bundestagswahl bildeten SPD und FDP eine Koalition und Willy Brandt wurde der erste sozialdemokratische Bundeskanzler.

Autor: Nils Naumann

Redaktion: Kay-Alexander Scholz