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Philipp Rösler will die FDP führen

5. April 2011

Die inhaltlichen und personellen Diskussionen in der FDP nach dem Landtagswahl-Debakel und dem Rückzug von Guido Westerwelle gehen weiter - aber wenigstens dessen Nachfolge scheint geklärt: Philipp Rösler will antreten.

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Bundesgesundheitsminister und designierter FDP-Chef: Philipp Rösler (Foto: dapd)
Bild: dapd

Knapp sieben Jahre bleiben Philipp Rösler noch als Parteivorsitzender oder als Minister - und zwar nicht, weil es jetzt neuerdings generell ein Höchstalter oder ein frühes Verfallsdatum für FDP-Spitzenpolitiker geben würde. Sondern weil er es selbst so plant. Mit 45 Jahren wolle er aufhören in der Politik, das hat Rösler mehrfach angekündigt. Das sei dann früh genug, um noch etwas anderes zu machen. Jetzt ist Rösler 38 Jahre alt, soviel steht fest - aber an welchem Tag er geboren worden ist, das weiß er selbst nicht genau. Sein offizielles Geburtsdatum, der 24. Februar 1973, ist nämlich nachträglich von Amts wegen festgelegt worden. Phillip Rösler stammt aus Vietnam; seine leiblichen Eltern kamen vermutlich in Kriegswirren ums Leben, irgendjemand lieferte das Baby in einem katholischen Waisenhaus in Saigon ab. Von dort aus kam das Findelkind im Alter von neun Monaten nach Deutschland und wurde von einem deutschen Ehepaar adoptiert.

"Ganz normale, deutsche Kindheit"

"Wie viel Asien ist in Philipp Rösler?" fragte die Boulevardzeitung "Bild am Sonntag" den frisch gebackenen Bundesgesundheitsminister im November 2009. Seine Antwort: "Ein schmaleres Augenpaar, eine flachere Nase, schwarze Haare." Eine ganz normale, deutsche Kindheit habe er gehabt - und dazu gehörte auch, dass sich seine Adoptiveltern bald trennten; Rösler wächst beim Vater, einem Berufssoldaten, auf. Als Kind habe er im Offizierskasino gegessen, berichtet Rösler, und er selbst wird dann auch Offizier bei der Bundeswehr - Sanitätsoffizier nämlich. Nach dem Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover arbeitet Rösler noch bis 2003 hauptberuflich als Truppenarzt.

Seine politische Karriere hat er bis dahin zwar noch in ehrenamtlichen Parteiposten vorangebracht, dies aber auf der Überholspur: 1992 in die FDP eingetreten, wird er bereits acht Jahre später Generalsekretär der Partei in Niedersachsen: Ein begabter Redner und gewinnender Kommunikator - kein rücksichtsloser Ellbogen-Karrierepolitiker. Weil er mit Menschen zu tun haben wollte, habe es ihn einst zur Medizin gezogen, in der Berufspraxis sei aber dann mehr Zeit mit bürokratischem Aufwand vergangen, als für die Behandlung der Patienten: "Da habe ich mir gesagt: 'Jetzt kannst du gleich selber in die Politik gehen und solche unsinnigen Gesetze abschaffen'", so Phillipp Rösler in einem Interview.

Gesundheitsressort als Schleudersitz

Rösler und seine Frau Wiebke beim Bundespresseball in Berlin 2010 (Foto: dpa)
Rösler und seine Frau Wiebke beim BundespresseballBild: picture-alliance/dpa

Man darf vermuten, dass dem Familienmenschen Rösler eigentlich die politischen Gestaltungsmöglichkeiten als niedersächsischer Wirtschaftsminister völlig ausgereicht hätten - diese Amt übernahm er am 18. Februar 2009. Denn dann wäre sein Arbeitsplatz Hannover geblieben - wo er mit seiner Frau Wiebke, ebenfalls Ärztin, und seinen jetzt zweieinhalb Jahre alten Zwillingstöchtern wohnt. Doch dann kam der Erfolg der FDP bei der Bundestagswahl - und Rösler, seit 2005 auch Mitglied des Bundespräsidiums der Partei, bekam das Gesundheitsressort angetragen: Fachlich gewissermaßen passend für einen Mediziner, politisch aber doch seit jeher ein Posten mit "Schleudersitz"- Gefahr. Es geht um große Budgets, um die einflussreiche Lobbygruppen hart kämpfen.

Wie nicht anders zu erwarten – einige Federn lassen musste Rösler im Amt; mal kam die Kritik von seinen Ärztekollegen, mal von der Pharmabranche und mal aus der von Streichungen und Kostensteigerungen geplagten Bevölkerung. Als großen Wurf dürfte der Minister die mühsam gefundene, komplizierte Mischfinanzierung bei der gesetzlichen Krankenversicherung wohl selbst nicht empfinden. Es war ein Kompromiss zwischen den Regierungsparteien FDP und CDU. Aber wer sich "mit dem wohl schwierigsten Job, den die Republik zu vergeben hat" einigermaßen achtbar aus der Affäre zieht, der hat wohl auch das Zeug zum Parteivorsitzenden - so dachten sich jetzt wohl viele FDP-Politiker.

Familie hat Vorrang

Philipp Rösler selbst hat lange gezögert, die Nachfolge seines Förderers Guido Westerwelle anzutreten - wohl nicht nur aus vorgetäuschter Bescheidenheit: "Wenn ich den Eindruck gewönne, die Politik könnte meine Familie gefährden, würde ich sie sofort aufgeben", sagte er dazu. Jetzt legt Philipp Rösler erst einmal noch einen Gang zu. Knapp sieben Jahre noch, dann wird er 45.

Autor: Michael Gessat
Redaktion: Klaudia Prevezanos