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Politik direkt Forum vom 29. 01. 2009

5. Februar 2009

"Soll die Welt Amerika helfen?"

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US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba. (AP Photo/Brennan Linsley)Bild: AP

Informationen zum Thema:

Guantanamo - soll Deutschland Gefangene aufnehmen?

Es war eine seiner ersten Amtshandlungen. Der neue amerikanische Präsident will, dass innerhalb eines Jahres das umstrittene Gefangenenlager Guantanamo aufgelöst wird. Meist ohne Anklage haben dort jahrelang Terrorverdächtigte eingesessen. Über 200 Häftlinge sitzen immer noch hinter Gittern; zahlreiche von ihnen offenbar schuldlos. Doch oft können sie nicht in ihre Heimat zurück, sollte das Lager, wie angekündigt, aufgelöst werden. In ihren Heimatländern droht ihnen Folter oder der Tod. Der sozialdemokratische Außenminister Steinmeier hatte schon vor einiger Zeit signalisiert, dass Deutschland bereit wäre, zum Beispiel chinesisch-muslimische Uiguren aus Guantanamo aufzunehmen. Der christdemokratische Innenminister widersprach dem sofort. Er ist der Meinung, dass Amerika dieses Problem selbst lösen sollte. Der politische Streit ist entbrannt.

Unsere Frage lautet:

"Soll die Welt Amerika helfen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Charles Smyth, Großbritannien:

"Die USA haben bewusst und ohne Rücksicht auf internationale Proteste alle möglichen Leute in Guantanamo inhaftiert. Auch, wenn keinerlei belastbare Beweise gegen diese Menschen vorlagen bzw. nur Aussagen von zweifelhaften Kopfgeldjägern. Der deutsche Innenminister Schäuble hat da die richtige Frage gestellt: 'Wenn die Gefangenen zu gefährlich sind, um sie nach Amerika zu bringen, was macht dann die USA glauben, dass sie in Europa oder in Deutschland besser aufgehoben sind?' Darüber hinaus: Wer bezahlt eigentlich die Kosten für die sichere Unterbringung, die die Amerikaner verlangen? Kurzum: Die Guantanamo-Häftlinge sind jetzt Amerikaner!"

Hannelore Krause, Deutschland:

"Grundsätzlich ist es Sache der Amerikaner, auch die unschuldig einsitzenden Gefangenen, die jahrelang gefoltert und gequält wurden, nach Schließung von Guantánamo in den USA unterzubringen - als Geste der Versöhnung - und ihnen einen Neuanfang in Freiheit zu gewähren, weil sie aus bekannten Gründen nicht in ihre Heimatländer zurückkönnen. Wenn Europa und speziell Deutschland gefragt würden, obwohl der Krieg uns eigentlich gar nichts angeht, sollte es aus humanitärer Sicht die Aufnahme nicht unbedingt verweigern, aber eine nachhaltige Prüfung wäre eine condicio sine qua non. Die Amerikaner haben mit Barack Obama ein neues politisches Zeitalter eingeläutet in der Hoffnung, dass man sich u.a. nicht mehr überall in kriegerische Auseinandersetzungen einmischt und Freund wie Feind auf diesem Planeten in Frieden miteinander umgehen. Und dabei sollten wir ihnen helfen."

Mohamed Soudani, Algerien:

"Die Absicht von Frank Walter Steinmeier, die Guantanamo-Gefangenen aufzunehmen, zeigt der ganzen Welt, dass Europa und besonders Deutschland freundlich ist. In diesem Land lebt jeder frei und wie er will! Amerika müsste im Grunde alle Verantwortung tragen, weil es (an Guantanamo, d. Red.) Schuld ist. Deutschland ist das einzige Land, das die Idee hatte, diesen Menschen zu helfen. Deutschland, das Land der Ideen!"

Adalbert Goertz, USA:

"Die USA sollten allein für die unschuldigen Guantanamo-Gefangenen sorgen und nicht auf das Ausland hoffen."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Alptraum Guantanamo.

Bush 'denkt nach': Ich wollt's nicht so.

Bietet nach dem Folterort

seine Ranch jetzt an als Hort."

Maik Rosenkranz, Deutschland:

"Nur weil Bush weg ist, ist der Rest der US-Bürger nicht aus dem Schneider. Er wurde schließlich einmal mit Mehrheit wiedergewählt, primär sind also die USA verantwortlich. Allerdings sollten wir Obama helfen mit dem schwerem Erbe des Bush-Clans fertig zu werden. Die meisten aus der CDU/CSU, die sich dazu zu Wort melden, sind Rechtsanwälte. Sie sollten die Unschuldsvermutung ohne Beweis der Schuld also kennen!"

Mustafa Alani, Irak:

"Die Terroristen von Guantanamo sind zwar eine Bedrohung für die ganze Welt, aber George W. Bush hat bisher alle internationalen Appelle Guantanamo zu schließen abgelehnt mit dem Verweis darauf, dass sie militärische Gegner der USA sind. Jetzt versucht die neue US-Regierung die Verantwortung für diese gefährlichen Leute an andere Länder abzugeben."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Im Grunde ist dass ein rein amerikanisches Problem, von Bush und den seinen gemacht. Auch ist sehr viel Platz in Amerika (...). Aber man hat Obama Unterstützung zugesagt. Jedenfalls ist sehr genau zu prüfen, ob man nur die aufnimmt, die mit großer Wahrscheinlichkeit unschuldig sind (100 Prozent sicher kann man nie sein). Die meisten und die zweifelhaften müssen die Amerikaner schon selbst behalten."

Wolfgang Geckler, Deutschland:

"Ein so großes Land wie die USA - verantwortlich für die Gefangennahme und deren Behandlung in Guantanamo - soll sich selbst darum kümmern. Wozu haben unsere Politiker eigentlich einen Kopf? Sicher nicht zum richtigen Denken! Wenn Herr Steinmeier jetzt schon von der Aufnahme spricht ohne abzuwarten, ob die USA um Unterstützung nachfragt, dann ist doch das Ergebnis vorherbestimmt. Herr Steinmeier ist wohl nur bestrebt, sich in den USA einen "noch besseren" Namen zu machen mit solch wahnwitzigen Ideen. Ob da unsere Kanzlerin auch dahinter steht? Dann muss auch sie mal nachdenken und nicht nur das Du mit Obama im Kopf haben."

Klaus Uhle, Kanada:

"Ja, die Welt und Europa sollten den USA unter Obama helfen; sofern es auch ihren Zielen, Vorstellungen und Interessen entspricht. Und unter dem neuen Präsidenten wird das sicherlich öfter zutreffen. Was die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen entspricht, ist allein die USA, die die Gefangenen machte, die Einzelpersonen kennt, verantwortlich. Dieses riesige Land hat genug Platz, diese Leute freizusetzen, oder sie in ihre Herkunftsländer zu repatriieren. Dass Außenminister Steinmeier und andere überhaupt die Idee aufbrachten, dass wir diese immerhin als gefährliche Terroristen eingestuften Gefangenen aufnehmen sollten, zeigt doch, wie wirklichkeitsfremd er von den ureigensten Interessen seiner Wähler entfernt ist. Das bestätigen ja auch die Wahlergebnisse für ihn. Deutschland hat gerade das Kapitel Zweiter Weltkriegs-Entschädigungen abgeschlossen, nun sich weitere, fremde Verantwortlichkeiten aufzuhalsen, vor denen sich andere scheuen, ist geradezu unbegreiflich. Dies trifft übrigens auch auf die Unionsparteien zu, der zweiten Volkspartei, wie sie genannt wird. Auch hier: Keine Interessensvertretung der Stammwähler, die sich genauso wie bei der SPD in vielen Punkten nicht mehr vertreten fühlen."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Die Welt sollte soweit wie nur möglich Amerika positiv beistehen. Für den neugewählten US-Präsidenten Barack Obama ist es nun wichtig, dass er ehrlich gemeinten Rückhalt verspürt, um die schiefe, durcheinander gerüttelte Weltlage in vielen Bereichen des täglichen Lebens wieder so gut wie möglich ins Lot zubringen. Das gilt auch für 'alte' verprellte Freunde aus verschiedenen Regionen der Welt, die man sich zu Feinden gemacht hatte. Die ganze Welt könnte jetzt gerade Amerika beweisen, dass man bereit ist, die letzten verpfuschten acht Jahre schnellstmöglich zu vergessen und ein neues, erfolgreiches Buch zusammen mit Amerika zu lesen für eine gemeinsame Zukunft. Die Welt braucht Amerika - Amerika braucht die Welt."

René Junghans, Brasilien:

"Genau genommen handelt es sich um ein rein amerikanisches Problem. Die USA haben diese Menschen verschleppt, gefoltert und ihre Existenz ruiniert. Also hat die US-Regierung zumindest eine moralische Pflicht, diese Opfer ungezügelter Gewalt irgendwo unterzubringen und ihnen eine neue Existenz zu gewähren. Es ist für die USA doch so einfach, diesen Menschen eine neue Identität und finanzielle Mittel zu einer neuen Existenzgründung zu geben. Ähnlich wie im Zeugenschutzprogramm. Da weiß doch hinterher auch keiner, unter welchem Namen und wo diese Zeugen nun leben. Warum soll Deutschland für Bushs Schlammassel herhalten? Auf der anderen Seite ist es ein humanitäres Problem, diesen Opfern zu helfen. Bei 'nur' 200 Menschen dürfte es doch nicht so schwer sein, eine Lösung zu finden. Ob Deutschland diesen Opfern Asyl gewährt, muss die Politik entscheiden. Am besten im Bundestag darüber abstimmen. Es gibt in Deutschland inzwischen Millionen Zuwanderer aus aller Welt, denen man ein neues Zuhause gewährt hat. Ein paar mehr können da doch bestimmt noch Platz finden. In diesem Falle sollte man allerdings genau prüfen, ob es sich wirklich um Unschuldige handelt."

Die Redaktion von "Politik direkt" behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.