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Politik direkt Forum vom 20. 08. 2009

27. August 2009

"Darf der Staat Minderjährige als Lockvögel benutzen?"

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Harte Alkoholika - beliebt bei JugendlichenBild: AP

Informationen zum Thema:

Alkoholtestkäufe - helfen sie?

Jugendliche Lockvögel gegen Alkoholmissbrauch? In der Schweiz jedenfalls hat dieses Modell funktioniert. Minderjährige Testkäufer werden dort seit Jahren eingesetzt. Die Folge: Der Verkauf von alkoholischen Getränken an Minderjährige ging eklatant zurück. Auch das Bundesland Niedersachsen setzt auf minderjährige Testkäufer und schickt junge Polizisten an Kioske und Tankstellen. Doch die Methode ist politisch umstritten. Die Innenminister in Deutschland haben sich noch nicht auf gemeinsames Vorgehen einigen können.

Unsere Frage lautet:

"Darf der Staat Minderjährige als Lockvögel benutzen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Frederick H. Herbert, Irland:

"Wenn man die Verkäufer von Alkohol anzeigt und bestraft, verhindert das nicht, dass Minderjährige Alkohol trinken. Die Behörden haben schlicht kein Interesse daran, das Problem an der Wurzel zu packen."

Werner Rosswog, Kanada:

"Spitzel gab’s bei Hitler und der DDR (...). Es fehlen nur noch Subventionen für Hinterlist und Verschlagenheit. Prost Mahlzeit, mein Vaterland!"

Adalbert Goertz, USA:

"Ja sicher, die Jugendlichen werden bei dieser Mitwirkung sicher nicht leiden."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Solange es auf den Zweck 'Verkauf von Alkohol an Minderjährige' beschränkt bleibt, finde ich, sollte der Staat es tun. Das Beispiel Schweiz zeigt, dass es helfen kann. Sie provozieren ja nicht wirklich - das wäre, wenn sie versuchen würden, sich als älter auszugeben, aber das wird nicht gemacht. Auch bei Hochbetrieb im Supermarkt, ist Zeit für die kurze Frage nach Alter und Ausweis."

Mohanad Mahli, Syrien:

"Ja, aber der Staat muss für die Sicherheit (der jugendlichen Lockvögel, d.Red.) garantieren (...)."

Dieter Krug, Deutschland:

"Es sieht so aus, als ob noch zu viele Menschen von dem Virus der Ex-DDR-Machthaber infiziert sind, die ja bekanntlich die Bespitzelung zur Blüte gebracht haben. Schon solch junge Menschen dazu zu bringen, halte ich für ein Verbrechen."

Hermann T. Meyer, Schweiz:

"Das oberste Gericht der Schweiz hat Alkohol-Testkäufe als illegal bezeichnet. Das hat zur Folge, das in manchen Kantonen die Verkäufer nicht mehr bestraft werden können. Dort haben die Behörden zwar andere Kontrollmöglichkeiten, aber die sind mit einer Erfolgsquote von 20 Prozent nicht sehr effektiv. Wo noch Testkäufe gemacht werden, liegt die Quote über 50 Prozent. Die Ladenbesitzer ändern ihr Verhalten nur, wenn hohe Strafen drohen."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Es gibt kein Gesetz oder eine Verordnung, die so etwas verbietet; jedoch sollte sehr vorsichtig mit Minderjährigen als Lockvögel umgegangen werden und zumindest die Betroffenen (Kassierer, Kioskbesitzer etc.) darauf aufmerksam gemacht werden, dass von amtlicher Stelle mögliche Lockvögel unterwegs sind." Hannelore Krause, Deutschland:

"Die Polizei sieht sich oftmals nicht mehr in der Lage, für Recht und Ordnung zu sorgen. Aber Minderjährige als Denunzianten zum verlängerten Arm zu machen, ist nicht der richtige Weg, wenn vielleicht auch Erfolg versprechend."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Sucht besiegen,

kein Vergnügen.

Braucht mehr für's wie

an Phantasie

statt Schnüffelei

und Polizei."

Charles Smyth, Großbritannien:

"Die Lockvogel-Methode wird auch in Großbritannien und Nordirland angewendet. Das reduziert erwiesenermaßen Alkoholverkäufe an Minderjährige. Es würde allerdings nicht untersucht, ob dadurch auch der Alkoholmissbrauch von Jugendlichen zurückgegangen ist, denn man kann ja jemanden zum Alkoholkaufen schicken, der alt genug ist. Die Polizei hat qua Gesetz kaum eine Handhabe gegen betrunkene Minderjährige."

René Junghans, Brasilien:

"Ich finde die Idee sehr gut, denn dadurch werden jene skrupellosen Ladenbesitzer identifiziert, die uneingeschränkt alkoholische Getränke an Minderjährige verkaufen, was ja letztendlich Alkoholsucht und Komasaufen der Kinder erleichtert. Der Staat sollte zudem radikaler durchgreifen und beim ersten Vergehen die Ladenbesitzer zu schweren Geldstrafen verurteilen, beim zweiten Mal den Laden mindestens 30 Tage dicht machen und das auch sichtbar vor dem Laden erkennbar machen und beim dritten Mal dann den Laden definitiv schließen. Wenn es um die Gesundheit unserer Kinder geht, dann sollte dem Staat jedes gesetzliche Mittel recht sein, um alle jene Ladenbesitzer zu strafen, die sich aus reiner Habgier einen Dreck darum scheren, wie viele Kinder sich durch Alkohol vergiften und süchtig werden. Also, je mehr jugendliche Lockvögel, um so größer die Aussicht auf Erfolg!"

Margot Barke, USA:

"In einer idealen Welt wäre es natürlich falsch. In der heutigen Zeit, in der viele Einflüsse, gute und schlechte, auf die Heranwachsenden zukommen, sehe ich nur begrenzte Probleme, Minderjährige für Polizeiarbeit einzusetzen, zumal diese Jugendlichen in der polizeilichen Ausbildung sind. Besser wäre es natürlich, wenn Eltern, Großeltern und Lehrer mehr Einfluss auf das Leben der Jugendlichen hätten. Das ist aber wohl Wunschdenken geworden, auch in Europa."

Werner Horbaty, Nicaragua:

"Meiner Ansicht nach ist doch alles ein Geldfrage! Wer genug auf seinem Konto hat, kann sich doch ein Haus, Mädchen und auch Alkohol leisten. Jedes Land hat seine eigenen Gesetze und wenn es um große 'Sachen' geht, wie Verkauf von ganzen Inseln, wie hier in der Gegend San Andres (Kolumbien), haben wir doch den internationalen Gerichtshof von Den Haag. (...)"

Heinz Klatetzki, Peru:

"Ich finde es nicht richtig, Jugendliche als Testkäufer einzusetzen. Ich finde das pervers! Jeder Deutsche ein Polizist?"

Rolf Bockmühl, Philippinen:

"Prinzipiell finde ich diese Methode gut. Besonders, wenn sie von Polizeischülern ausgeführt wird. Dieser Personenkreis ist sicherlich nicht zu beeinflussen oder gar sensationslüstern. Es ist schade, dass in unserer Demokratie Gewinnmaximierung über allem steht. Wenn Verkäuferinnen und Verkäufer so rücksichtslos sind und diese guten Einschränkungen (kein Alkohol an unter 18-Jährige) so oft aushebeln, dann muss der Staat schnell antworten. Wie sollen wir unsere Jugendlichen denn sonst weiter schützen? Profitgier dient diesem Personenkreis von 'Verkaufsjunkies' als Mittel zum Zweck. Wir haben genug von saufenden Kids. Also Staat: Ran und bestraft diese rücksichtslosen Alkoholverkäufer hart. Nur dann ist gesichert, dass diese Alkoholquelle langsam trocken wird."

Die Redaktion ‚Politik direkt‘ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.