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Politgefechte nach Blutbad in Donezk

22. Januar 2015

Ein blutiger Tag im ostukrainischen Konfliktgebiet: Mehrere Menschen wurden getötet, als eine Mörsergranate an einer Bushaltestelle einschlug. Doch niemand übernimmt die Verantwortung dafür.

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Zerstörter Bus nach dem Einschlag einer Granate an einer Bushaltestelle in Donezk (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Reuters TV

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezichtigte die ukrainische Regierung: Sie sei schuld am Tod zahlreicher Zivilisten beim Granateneinschlag an einer Bushaltestelle in Donezk. Beim Einschlag des Geschosses mitten im Berufsverkehr waren nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters mindestens acht Busfahrgäste und Passanten getötet worden. Andere Agenturen melden mehr als zwölf Todesopfer.

Das "ungeheuerliche Verbrechen" sei eine "grobe Provokation", die gegen die internationalen Friedensbemühungen gerichtet sei, sagte Lawrow. Es werde "immer offensichtlicher, dass die Partei des Krieges in Kiew und ihre Unterstützer im Ausland vor zivilen Opfern nicht zurückschrecken", so der russische Chefdiplomat.

"Russische Terroristen"

Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk warf hingegen den Separatisten vor, die Bushaltestelle mit einem Mörser unter Feuer genommen zu haben. Moskau müsse seine Unterstützung für die Aufständischen unverzüglich stoppen. "Die russischen Terroristen", so Jazenjuk weiter, hätten "erneut einen schrecklichen Akt gegen die Menschlichkeit begangen". Die Verantwortung hierfür trage Russland, erklärte der prowestliche Politiker in Kiew. Präsident Petro Poroschenko beriet mit dem Generalstab über Strategien, um der "Aggression" Russlands ein Ende zu setzen, wie sein Büro mitteilte.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den blutigen Granatüberfall scharf. Der Angriff müsse "objektiv untersucht" werden, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, heißt es in einer Erklärung des höchsten UN-Gremiums.

Vorstoß gen Westen

Auch die Kämpfe um den völlig zerstörten Flughafen von Donezk hielten an. Die ukrainische Armee teilte mit, die Regierungssoldaten hätten sich vom neuen Terminal zurückgezogen, kontrollierten aber noch Teile des Airports. Nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP wurden in den vergangenen 24 Stunden im Osten des Landes insgesamt 42 Soldaten und Zivilisten getötet, darunter auch ein neunjähriges Mädchen, das durch einen Bombenangriff in der Ortschaft Marjinka ums Leben kam.

Der NATO-Oberkommandierende, US-General Philip Breedlove, sagte in Brüssel, die von Russland unterstützen Kräfte seien an mehreren Stellen nach Westen vorgestoßen. Es gebe Hinweise auf Luftverteidigungssysteme und elektronische Waffen, wie sie in der Vergangenheit bei russischen Truppenbewegungen registriert worden seien. Der General erklärte aber auch, er könne die Aussage des ukrainischen Präsidenten Poroschenko nicht bestätigen, wonach 9000 russische Soldaten in dessen Land stünden.

Panzer der Separatisten in der Ostukraine (Foto: Reuters)
"Kampflinie verschiebt sich": Panzer der SeparatistenBild: Reuters/A. Ermochenko

Die Intensität der Kämpfe in der Ostukraine hat nach NATO-Angaben wieder das Niveau vor dem Abkommen von Minsk erreicht. Im September war in der weißrussischen Hauptstadt unter anderem eine Feuerpause vereinbart worden, die jedoch vielfach gebrochen wurde.

Diplomatische Trippelschritte

Die dramatische Eskalation überschattet die hartnäckigen Bemühungen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier um eine Lösung des Konflikts. Mit seinen Kollegen aus der Ukraine, Frankreich und Russland hatte Steinmeier nach eigenen Angaben am späten Mittwochabend in Berlin kleine Fortschritte erzielt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hält angesichts der Lage an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland fest. Diese könnten erst aufgehoben werden, wenn ihr Anlass entfalle, sagte sie am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.

jj/sti (dpa, afp, rtr)