Pläne für EU-Sparkommissar in Athen
28. Januar 2012Aus Kreisen der EU und der Bundesregierung in Berlin wurden Medienberichte bestätigt, wonach daran gedacht sei, einen Sparkommissar einzusetzen, der ein Vetorecht in der griechischen Haushaltspolitik bekommen solle. Die Zeitung "Financial Times" zitiert dazu aus einem deutschen Papier, das am Freitag Vertretern anderer Euro-Länder übergeben worden sei. Darin heiße es, weil Griechenland seine Reformzusagen bislang nicht zufriedenstellend eingehalten habe, müsse es akzeptieren, "für einen gewissen Zeitraum" die Souveränität über seinen Haushalt abzugeben.
Schleppende Umsetzung von Reformen
Hintergrund ist die Debatte über das vorgesehene zweite Hilfspaket für Griechenland und die offenbar kritische Einschätzung der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds über die bisherige Umsetzung der Reformen in Athen. Das Magazin "Der Spiegel" berichtet, nach Auffassung der Troika müsse das im Oktober beschlossene Hilfsprogramm im Volumen von 130 Milliarden Euro um 15 Milliarden Euro aufgestockt werden. Grund sei die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Griechenland. Führende Vertreter der Koalition in Berlin erteilten einer Erhöhung der Griechenlandhilfen umgehend eine Absage.
Griechenland lehnt die Überlegungen zur europäischen Kontrolle seiner Finanzpolitik entschieden ab. Die französische Agentur AFP zitierte Regierungskreise in Athen mit der Bemerkung: "Es ist ausgeschlossen, dass wir das akzeptieren, diese Kompetenzen fallen unter die nationale Souveränität."
Einigung über Schuldenschnitt verzögert sich
Eine Einigung bei den wochenlangen Verhandlungen in Athen über einen Forderungsverzicht der privaten Finanzwirtschaft wird nun frühestens in der kommenden Woche erwartet. Das erklärten übereinstimmend der Internationale Bankenverband und Griechenlands Finanzminister Evangelos Venuzelos. Ein Schuldenschnitt ist Voraussetzung für Zahlungen aus dem zweiten Hilfspaket. Ziel ist ein Schuldenerlass der internationalen Privatgläubiger von mindestens 50 Prozent der Forderungen, was rund 100 Milliarden Euro entspricht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich erneut für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone aus. Sie gehe davon aus, dass Griechenland in der Währungsunion bleibe und dass weitere EU-Staaten den Euro übernähmen, sagte Merkel der Zeitung "Bild am Sonntag". "Wir haben derzeit 17 Euro-Staaten, und ich rechne damit, dass es mehr werden."
Autor: Michael Wehling (dpa,afp,rtr,dapd)
Redaktion: Ulrike Quast