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Heuschreckenangst

19. September 2007

Nicht nur in der Wirtschaft gibt es die Heuschrecken, die genüsslich Unternehmen zerpflücken und dann wieder gewinnmaximal verkaufen. Auch im Fussball treiben sie ihr Unwesen, klagt jetzt UEFA-Boss Platini.

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UEFA-Chef Michel Platini (Archiv, Foto: AP)
Fürchtet die Heuschrecken im Fußball: PlatiniBild: AP

UEFA-Boss Michel Platini hat einen Brief an die Regierungs-Chefs der 27 EU-Mitgliedsstaaten, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, geschrieben, in dem er die Politiker auffordert, Europas Fußball vor einer "Schieflage" zu bewahren. Frankreichs Fußball-Ikone Platini bezeichnete in seinem Schreiben nach Informationen der Nachrichten-Agentur Reuters Fremdinvestoren als "ernsthafte Bedrohung" des europäischen Fußballs: "Die Entwicklung des europäischen Fußballs wird ernsthaft durch das Geschwulst des immer präsenten Einfluss des Geldes bedroht."

Ausschnitt aus der Titelseite der Gewerkschaftszeitung "Metall" der IG Metall vom Mai 2005 (Quelle: IG Metall)
Die Invasion - auch im Fußball?Bild: IG Metall

Konkret wendet sich der Präsident der Europäischen Fußball-Union (UEFA) gegen die Investoren beim englischen Rekordchampion FC Liverpool und bei Meister Manchester United, denen er unterstellt, seine Reform der Champions League - vier Plätze sollen für Pokalsieger reserviert werden - aktiv zu hintertreiben und die lautstärksten Gegner der Reform beim Treffen der G14 - dem Zusammenschluss von 18 Top-Vereinen in Europa – in der vergangenen Woche in Brüssel gewesen zu sein. Aus der Bundesliga gehören dem Verbund Bayern München, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen an; Werder Bremen fordert eine Aufnahme.

Profit - das Maß aller Dinge?

UEFA-Kommunikationsdirektor William Gaillard unterstrich, dass Platini den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch und den ehemaligen italienischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi, Geldgeber beim FC Chelsea beziehungsweise bei Champions-League-Sieger AC Mailand, ausdrücklich von diesen Vorwürfen ausnimmt. Gaillard: "Platini glaubt, dass diese beiden Männer den Fußball lieben und ihr Geld nicht investiert haben, um Rendite zu erwirtschaften."

Chelsea-Spieler nach einem Sieg gegen München (Archiv, Foto: AP)
FC Chelsea: Finanzieller Rückhalt durch den Russen AbramowitschBild: AP

Platini schrieb in seinem Brief: "Im Sport hat Geld immer eine Rolle gespielt, aber der Zweck war es immer, Trophäen zu gewinnen und nicht, Geld zu verdienen. Es besteht das Risiko, dass zum ersten Mal in der Geschichte des Sports der Profit zum Maß aller Dinge wird."

Real ist die teuerste Marke

Aktuell dazu hat die Unternehmensberatung BBDO eine Studie herausgegeben, der zufolge der Tabellenführer der spanischen Primera Division und Klub von Trainer Bernd Schuster, Real Madrid, der wertvollste Fußball-Klub Europas ist. Zur Erstellung der Rangliste zog das Unternehmen sowohl verhaltenswissenschaftliche Werte wie die Markenbekanntheit, das Image und die Sympathie, als auch finanzwirtschaftliche Daten heran. Der Markenwert der Königlichen beträgt laut der Untersuchung 1,063 Milliarden Euro, gefolgt vom Erzrivalen FC Barcelona mit geschätzten 948 Millionen. Bundesliga-Krösus Bayern München ist als Sechster der einzige deutsche Verein in den Top 10.

Liverpools Generaldirektor Rick Parry hat Platinis Vorwürfe als "absurd" zurückgewiesen: "Ich habe das Thema mit unseren Investoren bis zur letzten Woche nicht einmal besprochen. Für uns ist die Grenzlinie da, wo durch die Zulassung von Pokalsiegern der Wert der Premier League sinkt. Und ich habe Platini mitgeteilt, dass dies die Sichtweise der Mehrheit der Vereine der Premier League ist." ManU war für eine Stellungnahme noch nicht zu erreichen.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat zu den Reformplänen Platinis öffentlich noch keine offizielle Meinung abgegeben. Dem Einstieg von russischen Investoren, die einen Sitz in der Geschäftsführung erhalten sollen, beim deutschen Zweitligisten FC Carl Zeiss Jena steht die DFL allerdings sehr skeptisch gegenüber.(ina)