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52. Biennale

Sabine Oelze8. Juni 2007

Von der Kunstwelt gespannt erwartet, hat am 10. Juni die 52. Biennale in Venedig begonnen. Isa Genzken hat den deutschen Pavillon gestaltet. Eine besondere Künstlerin im Porträt.

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Astronauten-Skulpturen im Deutschen Pavillon
Astronauten-Skulpturen im Deutschen PavillonBild: Jan Bitter

Zwei kaputte, silber angesprühte Turnschuhe kleben auf Aschenbechern, zwischen den Schnürsenkeln stecken Spielzeugfiguren in Uniform. Eine Spiegelfolie, die mit roter Farbe bespritzt ist, schimmert stumpf im Hintergrund. "Empire Vampire" hat Isa Genzken diese Skulptur genannt. Sie ist Teil einer Werkgruppe, die nach dem 11. September 2001 entstanden ist. Den Anschlag erlebte Isa Genzken in New York. Ein Ereignis, das eine radikale Wende in ihrem Werk eingeleitet hat.

Mut zum Kitsch

Seitdem arbeitet die Künstlerin mit billigen Materialien. Ihr Werk ist so schrill und so bunt - aber auch so apokalyptisch geworden, dass Kenner ihrer Kunst wie der Kunsthistoriker Michael Krajewski, sich erstmal daran gewöhnen mussten: "Barbiepuppen, Glitzerfolie, kitschiges Material, das man in Heimwerker-Märkten kaufen konnte, das hat sie alles zusammengeklebt und bunt bemalt. Ich konnte mich erst nach und nach damit anfreunden und habe dann auch die große Qualität ihrer neuen Arbeiten erkannt."

Ehe mit Gerhard Richter

In der Kunstszene ist Isa Genzken schon lange ein Star. Sie wurde in Bad Oldesloe in der Nähe von Hamburg geboren. In den 1970er Jahren studierte sie an der Kunstakademie in Düsseldorf bei dem Maler Gerhard Richter, den sie 1982 heiratete. Vierzehn Jahre später trennen sie sich.

Ihren ersten großen öffentlichen Auftritt hat sie in der legendären Ausstellung "von hier aus" im Jahr 1984. Damals kampierte sie anderthalb Wochen vor der Tür des Kurators Kasper König, bis der sie schließlich einlud, an der Schau teilzunehmen. 1992 und 2002 präsentierte sie ihre Arbeit auf der documenta in Kassel. Doch ihr Name stand immer im Schatten anderer Künstler. Erst ihr Solo-Auftritt auf der Biennale verhilft ihr zum Durchbruch. Michael Krajewski: "Das hatte sicherlich damit zu tun, dass Mitte bis Ende der 80er Jahre ein Malereiboom herrschte und skulpturale Ausdrucksformen in den Hintergrund gerückt sind."

Isa Genzken
Isa GenzkenBild: Wolfgang Tillmans, 2007

"Skulpturales Nonplusultra"

Das Markenzeichen ihrer früheren Arbeiten von den 1980ern bis etwa 2000 ist die Auseinandersetzung mit der Architektur und den Utopien der Moderne. "Fuck the Bauhaus. New Buildings for New York" nannte Isa Genzken eine Serie von Stadtmodellen aus Muscheln, Spielzeug, Holz, Plastik und Spiegelfolie. Auf der documenta 11 stellte sie Skulpturen aus mit dem Titel "Neue Gebäude für Berlin". Schlanke Stelen aus farbigem Industrieglas stehen wie abstrakte Modelle von Hochhäusern auf Sockeln.

Für ihre Serie "Jeder Mensch braucht mindestens ein Fenster" goss sie Fenster aus Epoxydharz. Michael Krajewski kommt bei diesen Fenstern in Schwärmen: "Es sind große Fensterflügel, die man vielleicht in venezianischen Palazzi heute noch sehen kann, die vom Boden bis zur Decke reichen konnten, es waren keine Glasscheiben eingelassen, jeweils zwei solcher Flügel, die mit Scharnieren verknüpft waren, die den Anschein von Fenstern hatten, aber sehr skulptural als Kunstwerk wirkten."

"Oil"-Ausstellung im Nazi-Tempel

Auch für ihre Ausstellung im deutschen Pavillon in Venedig schafft Isa Genzken ein surreal anmutendes Szenario. Von außen verhüllt ein Baustellen-Netz das Gebäude aus der Nazi-Zeit. Im Inneren hängen von der Decke Schaufensterpuppen im Astronautenoutfit. Auf dem Boden stehen Skulpturen, auf denen Figuren und grell buntes Plastikspielzeug inszeniert ist. Der Titel lautet kurz: "Oil". Öl - ein umkämpfter Rohstoff, der für Krisen, Krieg und Klimakatastrophen verantwortlich ist. Isa Genzken holt ein Stück Realität in die verträumten Giardini der Biennale di Venezia.