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Gegen den Rest der Welt

Mitra Shodjaei / Farhad Payar17. Oktober 2012

Als Reaktion auf neue Sanktionen plant der Iran angeblich eine gezielte Ölpest in der Straße von Hormus. Das schreibt "Der Spiegel". Doch Experten zufolge würde sich das Land damit vor allem selbst schaden.

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Öltanker sind am 15.01.2012 in Tibat (Oman) am Ende der Straße von Hormus zu sehen. (Foto: ALI HAIDER/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" sollen mit einer derartigen - absichtlich herbeigeführten - Ölkatastrophe die Schiffswege für internationale Öltanker gesperrt und dem Iran feindlich gesinnte arabische Anrainerstaaten "bestraft" werden. Die Kontaminierung der Straße von Hormus würde nach dem Kalkül der iranischen Revolutionswächter den Westen zudem zwingen, sich an einer groß angelegten Säuberung der Gewässer zu beteiligen – "und dafür womöglich auch die Sanktionen gegen Iran auszusetzen", so das Magazin.

Abschreckungsszenario oder ernsthafte Gefahr?

Für Said Mahmoudi, Seerechtsexperte und Dozent an der Universität Stockholm, wäre das "fiktive Szenario der Revolutionswächter" eine Art Selbstzerstörung. Denn die Weltgemeinschaft würde nicht tatenlos zusehen, sondern jede erdenkliche Maßnahme ergreifen, um den Schiffsverkehr in der Straße von Hormus zu sichern. Außerdem könnte es als Verletzung der internationalen Konventionen und als Bedrohung des Weltfriedens angesehen und entsprechend beantwortet werden, sollte Teheran Absicht nachgewiesen werden können, so Mahmoudi.

"Falls eine Tanker-Katastrophe gezielt herbeigeführt wird, wird die ganze Region von einem neuen Konflikt erschüttert werden", glaubt Houshang Hassanyari, iranstämmiger Dozent an der Militärakademie im kanadischen Kingston. Die Amerikaner hätten aber schon im Vorfeld mit solchen Aktionen gerechnet und Präventivmaßnahmen getroffen: "Amerikanische Experten gehen davon aus, dass eine solche Aktion die Straße von Hormus für weniger als einen Monat sperren würde. Deshalb haben sich die arabischen Anrainerstaaten alternative Transportwege geschaffen, um ihr Erdöl unbehelligt weiter exportieren zu können." Für Hassanyari ist klar: Die absichtliche Kontaminierung der Straße von Hormus würde weder die strategisch wichtigste Wasserstraße der Welt langfristig gefährden noch zu ernsthaften finanziellen Problemen der Länder führen, die vom Öl aus der Region abhängig sind. Der Iran selbst würde den größten Schaden nehmen.

Ein iranisches Kriegsschiff und Speedboote vor der iranischen Küste
Seemanöver der Revolutionsgarden vor der iranischen KüsteBild: picture alliance / dpa

Wie eine Kriegserklärung

"Der Spiegel" schreibt, dass im Falle einer Tanker-Katastrophe in der Straße von Hormus der Westen "nach dem Kalkül der iranischen Revolutionswächter" gezwungen sein werde, die Sanktionen gegen den Iran auszusetzen, um eine Säuberung der Gewässer durchführen zu können. Militärexperte Hassanyari kann sich nicht vorstellen, dass die iranische Revolutionsgarde tatsächlich derartige Hoffnungen hegt: "Das käme einer Kriegserklärung gegen die ganze Welt gleich." Damit würde der Iran im Gegenteil riskieren, dass der Westen die Sanktionen verschärfen und sogar eine militärischen Aktion gegen den Iran in Erwägung ziehen werde.

Karte der Straße von Hormus
Die Straße von Hormus verbindet den Golf von Oman und den Persischen Golf

Auch der Iran-Kenner und Seerecht-Experte Mahmoudi bezweifelt die Wirksamkeit solcher Aktionen zur Aufhebung der Sanktionen, das wäre ein völlig unsinniges Szenario: "Unvorstellbar, dass jemand glaubt, mit einer solchen Katastrophe die Interessen des Iran durchsetzen zu können."

Das Wasser wird sich erholen

Nach Einschätzung des Umweltexperten und ehemaligen Leiter des Umweltbüros im iranischen Agrarministerium, Gholamreza Miraki, würde die Kontaminierung der Straße von Hormus nicht räumlich begrenzt bleiben, sondern sehr bald über die Gewässer des Persischen Golfes hinausgehen. "In die Straße von Hormus strömen Gewässer aus dem Persischen Golf, dem Golf von Oman und dem Indischen Ozean. Das funktioniert, weil sich das ganze Wasser in zwei Strömungen teilt: Eine Strömung verläuft an der Oberfläche, die andere bewegt sich am Boden. So würden andere Gewässer verunreinigt, wohingegen sich die Konzentration in der Straße von Hormus verringern und dann auflösen würde." Ähnliches habe man während des irakisch-iranischen Krieges (1980-1988) erlebt.

Teheran hat sich bisher zu dem "Spiegel"-Bericht nicht geäußert. Stattdessen bekräftige der politische und religiöse Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, erneut den Willen des Regimes, an seinem ambitionierten Atomprogramm festzuhalten. Der Westen könne das Land nicht "in die Knie zwingen", betonte er am Dienstag (16.10.2012). Er signalisierte zugleich Gesprächsbereitschaft: Der Iran habe nie die Atomverhandlungen unterbrochen und sei nach wie vor dazu bereit, versicherte Khamenei.

Ayatollah Ali Khamenei mit erhobener Hand
Ayatollah Ali Khamenei richtete deutliche Worte an die Adresse des WestensBild: picture-alliance/dpa

Voraussetzung für Verhandlungen seien aber Garantien, dass der Westen dem Iran auf 20 Prozent angereichertes Uran zugestehe, sagte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast nach Angaben des Fernsehsenders Press-TV. Das bräuchte das Land für medizinische Zwecke wie beispielsweise die Behandlung von Krebs. Der Westen beschuldigt den Iran, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung Nuklearwaffen herstellen zu wollen.