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Perus Umweltsünden

Victoria Dannemann/ Ofelia Harms30. November 2014

Peru steht im Fokus der Welt. Der Gastgeber des UN-Klimagipfels leidet unter den Folgen der Erderwärmung: Gletscher schmelzen, El Niño löst Orkane, aber auch Dürren aus. Doch die Umweltkatastrophen sind hausgemacht.

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Bild: Fotolia/3532studio

Die Weltwetterorganisation (WMO) hat vor El Niño gewarnt. Ende des Jahres könne sich das Wetterphänomen in Südamerika zeigen mit starkem Regen, der zu Überschwemmungen führt, aber auch durch Trockenheit, die Ernteeinbußen und Waldbrände nach sich zieht. El Niño heizt die tropischen Gewässer vor der Westküste Südamerikas - insbesondere vor Peru und Ecuador - ungewöhnlich stark auf.

Wetterkapriolen und ihre Folgen werden bei der zweiwöchigen Konferenz in Perus Hauptstadt Lima (01.12. bis 12.12.2014) als Argumente angeführt, wenn es darum geht, die entscheidenden Grundlagen für ein globales Klimaabkommen zu verfassen. Der Plan sieht vor, dass die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention das Ergebnis als Vertrag im Dezember 2015 in Paris verabschieden.

Das Gastgeberland will dabei eine aktive und konstruktive Rolle spielen. Aber um die Klimaschutzpolitik Perus sei es gar nicht so gut bestellt, warnen lokale und internationale Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Zwar habe die Vertragsstaatenkonferenz (COP) Peru mit seiner biologischen Vielfalt als "Paradies" bezeichnet, aber die Regierung tue zu wenig, um dieses zu schützen. So habe sie in letzter Zeit Gesetze verabschiedet, die ausländische Investitionen fördern und dazu bestehende Umweltstandards gesenkt.

Der Einfluss der Weltwirtschaftskrise

Die Regierung hat "Überprüfungssysteme zur Umweltbelastung entsprechend angepasst", sagt Heinz Schulze, Vorstandsmitglied der Informationsstelle Peru e.V. Das bestätigt auch Isabel Calle, Programmdirektorin der peruanischen Gesellschaft für Umweltrecht (SPDA): "Peru versucht, wie auch andere lateinamerikanische Länder, nach der Weltwirtschaftskrise wettbewerbsfähiger zu werden". Dazu habe die peruanische Regierung in den letzten Monaten "Umweltstandards, -evaluationen und -fristen gelockert", erklärt die Anwältin Calle.

Zu Beginn der Amtszeit von Präsident Ollanta Humala im Sommer 2011 räumten die Gesetzgeber den indigenen Völkern ein Mitsprachrecht für den Anbau auf ihren Landflächen ein. Zudem hat die Regierung Regelungen zum Umweltschutz verbessert und ein Überwachungssystem eingeführt.

"Viele dachten, es handele sich um einen umweltfreundlichen Trend in Peru. Dieser ist jedoch mittlerweile zum Stillstand gekommen", sagt Calle. "Jetzt sind alle der Meinung, dass es kein Wirtschaftswachstum geben kann, ohne die Umwelt zu belasten: Ein Irrglaube, den die entwickelten Länder längst überwunden haben".

Die Abholzung verursacht in Peru 40 Prozent der Treibhausgas-Emissionen
Die Abholzung verursacht in Peru 40 Prozent der Kohlendioxid-EmissionenBild: picture alliance/Wildlife

Wetterextreme als Gefahr

Der Weltrisikobericht führt Peru bezüglich seiner Gefährdung durch den Klimawandel an 77. Stelle. Das südamerikanische Land weist vier von fünf Risikomerkmalen auf, die das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) festlegt: Es gibt Küsten- und Überschwemmungsgebiete, halbtrockene und trockene Regionen, die Gefahr von Dürren und Desertifikation, sowie empfindliche Ökosysteme im Gebirge.

Obwohl Perus Treibhausgasemissionen weltweit nur 0,4 Prozent ausmachen, sind sie nach Angaben des peruanischen Landwirtschaftsministeriums in den letzten 15 Jahren um etwa 40 Prozent gestiegen.

Eines der größten Probleme sei die Zerstörung des Regenwaldes im Amazonas-Gebiet und das "rasante Abschmelzen der Andengletscher", sagt Heinz Schulze von der Informationsstelle Peru: "Wenn der Meeresspiegel ansteigt, werden die Küstenstädte darunter leiden. Auch das Wetterphänomen El Niño wird weiterhin Klimaextreme verursachen", sagt er.

Wasser könne dadurch zu einer knappen Ressource mit möglichen wirtschaftlichen Folgen werden. Peru erzeugt nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums 70 Prozent seiner Energie durch Wasserkraft. Weitere erneuerbare Energien machen derzeit nur 3,5 Prozent der Energieerzeugung aus. Bis 2021 will die Regierung den Anteil auf fünf Prozent erhöhen.

Verschwindende Regenwälder

"40 Prozent von Perus Treibhausgas-Emissionen werden durch die Abholzung der Wälder verursacht", erklärt die Anwältin der SPDA, Isabel Calle. Immer noch werde in geschützten Gebieten in riesigen Mengen illegal Holz gerodet. Außerdem erlaube die Agrarpolitik eine Erschließung neuer Anbauflächen im Amazonas-Gebiet, sobald die bestehenden unbrauchbar werden.

"Die Zerstörung des Regenwaldes muss aufhören", fordert der Peru-Kenner Schulze. Das Amazonas-Gebiet spiele nicht nur in Südamerika, sondern weltweit für den Klimawandel eine sehr wichtige Rolle. Um das Gebiet zu schützen, sucht Peru nun nach internationalen Partnern. Ein norwegisch-deutsches Abkommen mit dem Land sieht beispielsweise die Gründung eines 300 Millionen US-Dollar schweren Fonds zum Schutz des Regenwaldes vor.

Die indigenen Völker werden oft für den Ausbau neuer Projekte von ihren Landflächen vertrieben
Indigene Bewohner protestieren gegen den Bau eines Bergwerkes in ihrem SiedlungsgebietBild: picture-alliance/dpa/K. Lozano

Gefährdete Umweltaktivisten

Laut einem aktuellen Bericht der NGO Global Witness ist Peru zudem weltweit das viertgefährlichste Land für Umweltschützer. Dem Bericht zufolge kamen 57 Aktivisten in den letzten zwölf Jahren ums Leben. Im September wurden vier Angehörige des indigenen Ashaninka-Volkes, darunter auch der bekannte Aktivist Edwin Chota, im Regenwald tot aufgefunden. "Wir haben mit diesen Gemeinden zusammengearbeitet", sagt Schulze. "Ich bekomme Schüttelfrost, wenn ich daran denke, dass die Menschen von illegalen Holzfällern getötet wurden".

In Peru kurbeln solche Vorfälle die Umweltdebatten an. Auch die Regierung hat neuerdings reagiert: Mit neun Gesetzentwürfen zum Kampf gegen den Klimawandel. "Wir hoffen, dass neue Gesetze dann auch die Rechte der indigenen Völker schützen und die Bedeutung, die eine gesunde Umwelt für sie hat, wahrgenommen wird", sagt Heinz Schulze. Er hofft, dass die deutschen Vertreter und die des Europaparlaments diese Themen in die Debatte einbringen.