1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Perfektes Jahr für Hamilton und Mercedes

Andreas Sten-Ziemons (mit sid, dpa)26. Dezember 2015

Lewis Hamilton und seine Erfolge überstrahlen die Formel-1-Saison. Auch Ferrari-Neuling Sebastian Vettel weiß zu begeistern. Und ein junger Niederländer darf sich als Gewinner fühlen. Oder ist er Belgier?

https://p.dw.com/p/1HDe5
Jubel Lewis Hamilton neben Nico Rosberg (Foto: picture-alliance/dpa/O. Hoslet)
Bild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Exakt 259 Tage nach dem Auftaktrennen in Australien ist die Formel-1-Saison mit dem Sieg von Mercedes-Pilot Nico Rosberg in Abu Dhabi zu Ende gegangen. Trotz dieses tollen Erfolgs für Rosberg ist die die Hierarchie in der Königsklasse des Motorsports zementiert.

Lewis Hamilton ist zum dritten Mal Weltmeister, sein Mercedes-Teamkollege Rosberg wieder Zweiter. Und Sebastian Vettel beendet seine Debütsaison im Ferrari als starker Dritter. Zumindest was den WM-Titel anging, konnte es in diesem Jahr keinen anderen Sieger geben. Hamilton hat mit dem Mercedes nicht nur das beste Auto, er hat sich auch zum besten Fahrer entwickelt. Neben seinem fahrerischen Können und der Fähigkeit, die entscheiden Zehntel-Stundenkilometer mehr aus seinem Auto herauszuholen als die Konkurrenz, besitzt er zudem immer noch - und schon wie seit Anfang seiner Karriere - die nötigen Ellenbogen und eine Art Skrupellosigkeit, wenn es darum geht, sich im Rennen den entscheidenden Vorteil zu verschaffen. Eigenschaften, die auch Vettel und Michael Schumacher zu mehrfachen Champions machten.

Silberne Dominanz

Die Bilanz der Saison liest sich aus Mercedes-Sicht im Allgemeinen und aus Sicht Hamiltons im Speziellen fast optimal: Bei 16 von 19 Rennen fuhr einer der Silberpfeile als Erster durchs Ziel. Drei Tagessiege gingen an Vettel. Zehnmal stand Hamilton ganz oben auf dem Treppchen, Rosberg sechsmal. Nachdem Hamilton zu Beginn der Saison stark vorlegte und drei der ersten vier Grand Prix gewann, holte Rosberg im Mai und Juni durch seine Siege in Spanien, Monaco und Österreich auf. Besonders pikant war Rosbergs Erfolg in Monte Carlo, weil er durch einen unnötigen Boxenstopp Hamiltons zum falschen Zeitpunkt zustande kam. Während Mercedes-Teamchef Toto Wolff sich bei seinem Fahrer nur entschuldigen konnte, sagte Hamilton: "Das war nicht das leichteste Rennen. Ich kann nicht ausdrücken, wie ich mich gerade fühle, also versuche ich es auch gar nicht."

Grand Prix in Japan, Lewis Hamilton neben Nico Rosberg (Foto: EPA/DIEGO AZUBEL)
Reifen an Reifen, Nase an Nase - meistens gab es an der Spitze des Feldes den Zweikampf der SilberpfeileBild: picture-alliance/dpa/D. Azubel

Im zweiten Teil der Saison spielte der 30-jährige Brite dann aber seine Klasse aus und gewann zwischen Ende August in Belgien und Ende Oktober in den USA fünf von sechs Rennen. Rosbergs Hoch zum Saisonende, mit drei Siegen in Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi kam zu spät. Beim Grand Prix der USA in Austin überholte Hamilton Rosberg, der sich einen Fahrfehler leistete, kurz vor Rennende und brachte damit seinen dritten WM-Titel unter Dach und Fach. "Es ist der größte Moment in meinem Leben", meldete damals ein hörbar bewegter Hamilton über Funk in die Box. "Danke für alles, Leute. Ich bin so dankbar."

Angespanntes Verhältnis

Auch Rosberg gratulierte brav, als die beiden in der Ruhezone auf die Siegerehrung warteten. Als Hamilton ihm dann aber die für das Siegerfoto vorgesehene Schirmmütze zuwarf, schleuderte sie Rosberg genervt zurück. Immer noch ist das Verhältnis der beiden Mercedes-Piloten angespannt.

Während Hamilton als strahlender Sieger immer mal wieder Spitzen über Twitter oder andere Medien gegen Rosberg losließ, schien Rosberg manchmal wie ein schlechter Verlierer. So beschwerte er sich nach dem China-Grand-Prix im April, Hamilton sei als Führender absichtlich langsam gefahren, um ihn, Rosberg, aufzuhalten und dem herannahenden Vettel noch die Möglichkeit zum Überholen zu geben.

Nico Rosberg und Lewis Hamilton bei Pressekonferenz (Foto: Ker Robertson/Getty Images)
Konkurrenten, keine Freunde - Rosberg (l.) und HamiltonBild: Getty Images/K. Robertson

Der vierfache Weltmeister darf sich im Ferrari als einer der Gewinner der Saison betrachten. Sein Debüt bei den "Roten" verlief besser als erträumt. Gleich im zweiten Rennen gewann der mittlerweile 28-Jährige. Das hatte noch nicht einmal Vettels großes Vorbild Michael Schumacher geschafft. Zwei weitere Siege folgten. "Diese Saison hat unsere Erwartungen übertroffen, wir hatten ein fantastisches Jahr, einfach phänomenal", schwärmte Vettel im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" dementsprechend euphorisch.

17-jähriges Juwel mit ungeklärter Herkunft

Euphorisch dürfen auch die Motorsport Fans aus Belgien und den Niederlanden sein. Mit Max Verstappen, der als Sohn der ehemaligen belgischen Kart-Fahrerin Sophie Kumpen und des niederländischen Ex-Formel-1-Piloten Jos Verstappen beide Staatsbürgerschaften besitzt, sorgte in seinem ersten Jahr in der Formel 1 für Aufsehen. Als er im März in Australien erstmals an den Start ging, war er erst 17 Jahre alt und hatte noch nicht einmal einen Führerschein.

Am Steuer seines Toro Rosso bewies der jüngste Pilot der Formel-1-Geschichte aber auch ohne Fahrlizenz für den normalen Straßenverkehr zu begeistern. Der mittlerweile 18-Jährige bewies auch in kitzeligen Situationen Übersicht und Kaltschnäuzigkeit - nicht wenige prophezeien ihm eine erfolgreiche Zukunft in der Formel 1.

Formel 1 Fahrer Max Verstappen (Foto: NLD, Scuderia Toro Rosso)
Was für ein Talent: Mit erst 17 Jahren debütierte Max Verstappen in der Formel 1 und schlägt voll einBild: picture alliance/HOCH ZWEI

Zu klären ist nur noch, welches Land die Erfolge dann für sich beanspruchen darf. Verstappens Vater Jos, der mittlerweile von seiner Frau geschieden ist und ein eher angespanntes Verhältnis mit ihr pflegt hat seine eigene Sicht: "Max hat beide Nationalitäten, da Sophie und ich bei seiner Geburt verheiratet waren. Da er aber mit einer niederländischen Lizenz fährt, ist er mehr Niederländer als Belgier."

Wenig Spaß bei McLaren und Red Bull

Überhaupt keine gute Figur machten in der abgelaufenen Saison die McLaren. Obwohl mit Fernando Alonso und Jenson Button zwei Ex-Weltmeister am Steuer saßen, erlebte der Traditionsrennstall aus England eine Saison des Grauens: Während Alonso insgesamt nur elf Pünktchen sammelte, holte Button immerhin fünf mehr. Siebenmal erreichte der Spanier das Ziel nicht. Button fiel fünfmal aus und musste einmal wegen eines technischen Defekts am Wagen auf den Start verzichten. Am Ende blieb nur Galgenhumor: In Brasilien schlich das Duo vor der eigentlichen Siegerehrung aufs Podium und machte ein "Siegerfoto".

Fernando Alonso sitzt im Campingstuhl neben der Strecke (Foto: picture-alliance/DPPI Media)
Alonso war wenig begeistert von seinem Auto - das Training in Brasilien verfolgte er nach seinem Ausfall als ZuschauerBild: picture-alliance/DPPI Media

Ebenfalls etwas weniger Spaß als in den vergangenen Jahren hatte der Red-Bull-Rennstall im Jahr eins nach Sebastian Vettel. Zwar fuhren Daniel Ricciardo und Daniil Kwjat regelmäßig in die Punkteränge, doch ging es sportlich im zweiten Jahr in Folge rückwärts. Rennstall-Besitzer und Getränke-Milliardär Dietrich Mateschitz drohte deshalb sogar mit dem Ausstieg seiner Teams Red Bull und Toro Rosso. Im Streit wurde der Vertrag mit Motorenlieferant Renault vorzeitig gekündigt. Ein neuer Partner aber fand sich nicht. Nach langem Hin und Her blieben Red Bull und Renault aber doch zusammen und die beiden Brause-Teams der Formel 1 erhalten.

Bianchi erliegt Verletzungen

Ende Juli wurde Formel-1-Pilot Jules Bianchi unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Nizza beigesetzt. Zu der Beerdigung kamen neben der Familie, Freunden und Fans auch zahlreiche Kollegen des 25-Jährigen. Bianchi verstarb am 17. Juli 2015 in einem Krankenhaus der südfranzösischen Küstenstadt, ganz in der Nähe seines Elternhauses. Nach langem Koma erlag er den Verletzungen, die er bei seinem schweren Unfall beim Großen Preis von Japan am 5. Oktober vergangenen Jahres erlitten hatte.

Negativer Höhepunkt der Formel-1-Saison aus deutscher Sicht war die Absage des deutschen Rennens. Der als Gastgeber vorgesehene Nürburgring konnte die Antrittsgage für den PS-Zirkus nicht aufbringen, der Hockenheimring wollte nicht ins finanzielle Risiko. "Es scheint so, als wären die Leute beim Motorsport in anderen Ländern heute mit mehr Leidenschaft dabei", meinte Sebastian Vettel. So drehte die Formel 1 in diesem Jahr erstmals seit 1960 keine Runden in Deutschland.