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Politik

Pastoren rufen zu Besonnenheit auf

13. August 2017

Betrugsvorwürfe und tödliche Ausschreitungen: In Kenia eskalierte die Gewalt nach der Präsidentenwahl zunehmend. Nun scheint sich die Lage wieder zu beruhigen. Ein Grund: Pastoren mahnen zur Ruhe.

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Kenia Proteste Wahlen Kirche Christen
Bild: Getty Images/M.Longari

In den vergangenen Tagen wurden Erinnerungen an die Wahl vor zehn Jahren wach: Damals waren in Kenia mehr als 1100 Menschen bei Unruhen ums Leben gekommen. Auch nach der Parlaments- und Präsidentenwahl am vergangenen Dienstag und der Verkündung des Wahlergebnisses am Freitag kam es zu tödlichen Ausschreitungen. Doch es gibt Hoffnung, dass sich die blutigen Ereignisse von 2007 nicht wiederholen: Die Lage in dem ostafrikanischen Land hat sich offenbar in der Nacht zum Sonntag etwas beruhigt.

Aus den Protesthochburgen in der Hauptstadt Nairobi sowie im Westen des Landes werden bislang keine größeren Zwischenfälle gemeldet. In den Hochburgen des unterlegenen Oppositionskandidaten Raila Odinga, wie im Slum Kibera, kehrte das öffentliche Leben langsam zur Normalität zurück - nach zwei Tagen gewalttätiger Zusammenstöße mit der Polizei.

Pastoraler Aufruf zur Ruhe

An diesem Sonntag versammelten sich viele Menschen zu Gottesdiensten. Die Pastoren riefen in ihren Predigten zu Ruhe auf. Die Gläubigen sollten beim Wiederaufbau helfen und alles Andere Gott überlassen, selbst wenn sie Opfer von Ungerechtigkeit wurden.

Gottestdienst in Kibera
Gottestdienst in Kibera: "Beim Wiederaufbau helfen"Bild: Getty Images/A.Renneisen

Der amtierende Präsident Uhuru Kenyatta war am Freitagabend offiziell zum Wahlsieger erklärt worden. Daraufhin hatte die Gewalt zunächst zugenommen. Über die Zahl der Opfer gibt es widersprüchliche Angaben.

Kenias Nationale Menschenrechtskommission teilte mit, Sicherheitskräfte hätten bei ihrem Vorgehen gegen Demonstranten mindestens 24 Menschen erschossen. "Wir sind besorgt über den maßlosen Einsatz von Gewalt", sagte die Kommissionsvorsitzende Kagwiria Mbogori. Sie forderte die zuständigen staatlichen Instanzen auf, Täter und Hintergründe zu ermitteln.

Opposition will Wahlergebnis kippen

Die Oppositionskoalition NASA, für die der unterlegene Präsidentschaftskandidat Raila Odinga angetreten war, beschuldigte die Sicherheitskräfte, mindestens 100 Demonstranten getötet zu haben. Beweise für diese Behauptung legte NASA nicht vor. Das Bündnis beschuldigte die Regierung des "Staatsterrorismus" und kündigte an, das "beschämende" Wahlergebnis zu kippen.

Dafür will die Opposition allerdings nicht die Gerichte anrufen, wie es die Verfassung vorsieht. Zur Begründung erklärte das Bündnis, die wahren Geschworenen seien die Kenianer, auf deren Macht die NASA setze. Aussagen, wie diese, gelten als ein Auslöser für die Gewalt der vergangenen Tage.

Polizei-Einsatz am 12.08.2017 im Slum Kibera in Nairobi
Polizei-Einsatz in Nairobi am Samstag: Tage gewalttätiger ZusammenstößeBild: picture-alliance/dpa/T.Maruko

Trotz der nationalen und internationale Appelle zur Zurückhaltung rief Odinga seine Anhänger zu weiteren Protesten auf. In einer Rede vor 4000 Menschen forderte er, die Arbeit am Montag niederzulegen. "Morgen gibt es nichts zu arbeiten", sagte Odinga. Außerdem wiederholte er seine Anschuldigung, Präsident Kenyatta habe nur durch Wahlmanipulation gewonnen.

Einigkeit bei Religionsführern

Der amtierende Innenminister Fred Matiang wies derweil die Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte zurück. Die Polizei benutze weder scharfe Munition noch "exzessive Gewalt", um gegen Ausschreitungen vorzugehen. Bei den Toten habe es sich möglicherweise um Kriminelle gehandelt, die versucht hätten, vom Chaos während der Proteste zu profitieren.

Die muslimischen und christlichen Oberhäupter in Kenia sprachen ihrerseits von 18 Toten. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Samstag drückten sie ihre Trauer über die Opfer aus. "Wir sind entsetzt über das Ausmaß der Gewalt, die in einigen Landesteilen in den vergangenen beiden Tagen ausgebrochen ist", sagte Sheikh Ibrahim Lithome vom Obersten Rat der kenianischen Muslime.

Der Erzbischof der anglikanischen Kirche in Kenia, Jackson Ole Sapit, sagte, der Rat der religiösen Führer wolle der Regierung nicht widersprechen. "Aber wir haben unser eigenes Netzwerk von Menschen vor Ort. Unsere Bischöfe haben 18 Tote gezählt." Neun davon seien in Nairobi gestorben, die übrigen in Oppositionshochburgen im Westen des Landes.

Kenia galt lange Zeit als stabiler Staat. Auch der Wahlkampf war über Wochen hinweg weitgehend friedlich geblieben. Der jetzt wiedergewählte Präsident Kenyatta und sein Herausforderer Odinga sind seit langem verfeindet. Der Oppositionsführer, der zum vierten Mal für das Präsidentenamt kandidierte, hatte schon bei vorherigen Wahlen vergeblich den Sieg für sich beansprucht.

AR/ww (AFP, AP, EPD)