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Ungeladene Gäste

4. Dezember 2009

Skandal in der amerikanischen Hauptstadt. Der Präsident ist verärgert, der Secret Service steht da wie ein begossener Pudel. Beim ersten Staatsbankett des neuen Präsidenten gelang einem Ehepaar das Unmögliche.

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Bild: DW

Sie ist vor allem blond. Er ist Kapitän der US-amerikanischen Polo-Mannschaft. Bis vor einer Woche waren Michaele und Tareq Salahi nur in der Washingtoner Schickeria bekannt. Beide veranstalteten Benefiz-Veranstaltungen, von denen nicht ganz sicher ist, ob die Erlöse wirklich Hilfsbedürftigen zugute kamen. Seit Jahren streiten sie mit der Familie über den rechtmäßigen Besitz eines Weingutes. Zu finden sind sie vor allem auf Partys. Und sie machten sich Hoffnungen, bei der Reality-TV-Show "Real Housewives of DC" mitmachen zu können. Nun kam der landesweite Ruhm schneller als geplant.

Denn seitdem bekannt wurde, dass sich die beiden Möchtegern-Stars beim Staatsbankett für den indischen Premierminister Manmohan Singh unter die Gäste mischten, beherrschen sie die landesweiten Schlagzeilen. Denn das Weiße Haus erklärt: Die beiden hatten keine Einladung, sie standen auf keiner Gästeliste. Wie sie trotzdem an den Sicherheitsleuten vorbei bis zum mächtigsten Mann der Welt gelangen konnten, ist mittlerweile Gegenstand von Untersuchungen und Anhörungen. Der Secret Service hat die Schuld bereits auf sich genommen, einige Agenten sollen suspendiert sein und verlieren möglicherweise ihren Job.

Frech kommt weiter

Christina Bergmann (Foto: DW)
DW-Korrespondentin in Washtington

Was aber genau an jenem Abend am eisernen Tor passierte, das den Wohnsitz des Präsidenten umgibt, darüber wird seit einer guten Woche heftig spekuliert. Die beiden Partylöwen behaupten steif und fest, ihr Name habe auf der Gästeliste gestanden. Sie hätten eine Bekannte aus dem Pentagon gebeten, ihnen Karten zu verschaffen. Weil eine Zusage ausblieb, erklärten die Salahis, seien sie einfach auf Verdacht zum Tor des Weißen Hauses gegangen. Was auch immer die Blonde im roten Sari und der untersetzte Mann im Smoking den sonst so strengen Wachleuten erklärten: Sie wurden durchgelassen.

Zahlreiche Bilder, zum Teil auf den Facebook-Seiten der Salahis zu sehen, beweisen ihren Erfolg: Auf einem schmiegt sich Michaele vertraulich an den strahlenden Vizepräsidenten Joe Biden, auf einem anderen posiert sie mit drei schmucken Marines. Auch Rahm Emanuel, der Stabschef des Präsidenten, ließ sich mit ihnen fotografieren. Dass sie seinen Vornamen auf ihrer Facebook-Seite zuerst mit "Ron" angegeben hatte, ist sicherlich das kleinste Problem an der Geschichte.

Alles für einen Händedruck

Doch es gibt nicht nur die Schnappschüsse der Salahis. Das meist veröffentlichte Foto stammt aus der Kamera des Fotografen des Weißen Hauses. Es zeigt Michaele Salahi, wie sie - mit beiden Händen, schließlich hat man das ja nicht alle Tage - die rechte Hand des Präsidenten umfasst. Sie schaut ihm dabei strahlend tief in die Augen, der Präsident strahlt zurück. Tareq Salahi steht lächelnd daneben. Es sieht nicht so aus, als müsste Barack Obama gerade um sein Leben fürchten. Der Sicherheitsdienst hatte auch gleich nach Bekanntwerden des Vorfalls betont, dass natürlich alle Gäste durch Metalldetektoren mussten und der Präsident niemals in Gefahr gewesen sei.

Doch der Direktor des Secret Service, Mark Sullivan, brachte es am Donnerstag (03.12.2009) auf den Punkt: Wenn es um die Sicherheit des mächtigsten Mannes der Welt geht, ist auch ein Fehler schon zu viel. Der Vorfall, erklärte er, sei "nicht akzeptabel und unentschuldbar". Und aus dem Weißen Haus wurde bereits mitgeteilt, dass die Einlasskontrollen zum Beispiel bei den jetzt angelaufenen Weihnachtsfeiern geändert wurden. Neben dem Sicherheitsdienst wird jetzt auch wieder – wie es bis vor kurzem üblich war – ein Mitarbeiter aus dem Weißen Haus an den Kontrollen stehen. Denn man kann sich ja gut vorstellen, dass da einfach ein Beamter Mitleid hatte mit einer strahlenden Blondine, die im Regen vor dem Weißen Haus steht und steif und fest behauptet, sie sei eingeladen. Da kann ein zusätzlicher Wachhund nicht schaden.

Hundertprozentigen Schutz gibt es nicht

Doch trotz aller Identitätsüberprüfungen, Listen und Metalldetektoren: Wenn man ihn nicht einsperrt, ist der amerikanische Präsident hundertprozentig wohl nicht zu schützen, das haben nicht nur die Attentate auf John F. Kennedy und Ronald Reagan gezeigt. So landete Robert Preston 1974 mit einem gestohlenen Armeehubschrauber auf dem Rasen vor dem Weißen Haus. Präsident Richard Nixon war nicht zu Hause. 1976 versuchte ein Washingtoner Taxifahrer mit einem Stück Rohr in der Hand in das Weiße Haus zu stürmen, er wurde erschossen. Im Dezember 2008 musste sich Obamas Vorgänger George W. Bush bei einer Pressekonferenz vor einem fliegenden Schuh ducken. Da hatte Barack Obama eindeutig die besseren Karten: Er musste lediglich einer ungeladenen Blondine die Hand schütteln.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Frank Wörner