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Parteitag der ungarischen Sozialisten

9. April 2003

- Erneuerung lässt auf sich warten

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Budapest, 7.4.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch

Enttäuscht reagierten viele politische Beobachter auf den MSZP (Ungarische Sozialistische Partei – MD)-Parteitag vor einer Woche. Premier Péter Medgyessy und Parteichef László Kovács setzten sich zwar in ihren Reden für eine Regierung der Mitte und die Umwandlung der Sozialisten in eine sozialdemokratische Volkspartei ein. Konkrete Schritte wurden aber nicht angekündigt. Auch personell wurden keine Reformen durchgesetzt, lediglich einigen jungen Politikern der Gruppe der Erneuerer gelang der Vorstoß in den Vorstand.

Der Politologe László Lengyel zog vor dem Kongress eine kritische Bilanz der neunmonatigen Regierungszeit der Partei. Er warf der Regierung Entscheidungsunfähigkeit vor, die mit dem Verfall der Wirtschaft und der Vernachlässigung der Verwaltung einhergehe. Nicht nur Lengyel, auch andere Politologen sahen die Schwäche der MSZP darin, abzuwarten und sich treiben zu lassen.

Kritik kam auch aus den eigenen Reihen. Gyula Horn, früherer Partei- und Regierungschef, hielt eine scharfe Rede, in der er die Leistung der Regierung als befriedigend bezeichnete und seiner Verärgerung über eine kleine Gruppe von Wirtschaftsbossen und Finanzfachleuten Ausdruck verlieh, "die sich immer mehr in die Politik einmischen". Die Arbeitsteilung zwischen der Partei und der Regierung funktioniere schlecht, der Parteisitz am Köztársaság tér sei "so leer wie ein Trauerhaus", stellte Horn fest.

Die scharfe parteiinterne Kritik steht dabei im Gegensatz zu den weiter günstigen Umfrageergebnissen, welche die MSZP im Rennen mit ihren Konkurrenten klar vorne sehen. Einige Beobachter kamen zum Schluss, dass sich drei Machtzentren innerhalb der Sozialisten ausmachen lassen, die miteinander leicht konkurrieren und die Partei lähmen würden. Zwei von ihnen, angeführt von Staatssekretär Imre Szekeres und dem neuen Kanzleramtsminister Péter Kiss, gruppieren sich um den Ministerpräsidenten, einer um den Parteivorsitzenden László Kovács. Ihr Verhältnis zueinander ist durch ein vorsichtiges Gleichgewicht geprägt. Lengyel zufolge würden Medgyessy und Kovács nur deshalb eine so starke Stellung haben, weil es zu ihnen keine Alternative gäbe, keine neuen Politiker mit markanten Zügen. Beiden Politikern fehle jedoch die Kraft zur Neukonstruktion des Landes, was der baldige EU-Beitritt erfordere. (fp)